Mountainbikerin und Wanderer in trauter Eintracht
Mit Verständnis füreinander klappt's auch miteinander. Foto: DAV/Chris Pfanzelt
Von Vorurteilen und Perspektivenwechseln

Miteinander am Berg

Wer mit dem Mountainbike unterwegs ist, findet sich häufig auch auf Pfaden außerhalb der eigenen Komfortzone wieder. Und trifft dort – vor der eigenen Haustür, auf dem bergigen Trail oder während der Hütteneinkehr – immer wieder auf Menschen mit anderen Interessen.

Einige davon, zum Beispiel Wander*innen, haben ähnliche Motive wie Bike-Fans auch: sportliche Betätigung, Abwechslung und Auszeit vom Alltag. Anders schaut es bei denen aus, die die Natur nicht zur Freizeitgestaltung, sondern zur Ausübung ihres Berufs oder sonstiger Verpflichtungen nutzen. Hier ist die Rede von Forstleuten, Jäger*innen, aber auch Grundstücksbesitzenden und Alm- und Alpbewirtschaftenden.

Lukrative Gäste oder „Rowdys“ auf zwei Rädern?

Jede dieser Interessensgruppen hat ihre eigene Einstellung den Erholungssuchenden gegenüber. Und Mountainbiker*innen stehen auf der Beliebtheitsskala häufig nicht ganz oben. Bei Hüttenwirtsleuten stoßen vermutlich vor allem stromsuchende E-Biker*innen auf wenig Gegenliebe, grundsätzlich freut man sich auf der Hütte aber über den Umsatz. Wer dagegen eine Alm bewirtschaftet, tut sich vermutlich schwerer bei der Suche nach Sympathiepunkten für die „Rowdys“ auf zwei Rädern, wenn diese – möglicherweise unwissentlich – Weideflächen befahren und damit Viehfutter zerstören.

Um das Verhalten und die Reaktionen anderer verstehen zu können, ist es also nötig, sich in andere hineinversetzen zu können, einen sogenannten Perspektivenwechsel zu wagen. Dies gilt selbstverständlich für alle Seiten; statt angesichts vieler Vorurteile zu resignieren, sollte gerade die Bike-Fraktion als positives Beispiel vorangehen.

Sturköpfe oder Kompromisse?

Was können wir noch tun, um die Kluft zwischen den verschiedenen Menschen am Berg zu verkleinern und um Vorurteile abzubauen? Unsere Liste hegt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – und ist doch ein Anfang:

  • Schnell werden kleinere Ärgernisse am Berg einer bestimmten Gruppe in die Schuhe geschoben – auch, wenn es überall schwarze Schafe gibt. Beispiel offene Gatter: Überfahrhilfen oder selbstschließende Gatter können Abhilfe schaffen, eine Umrüstung oder Neuanschaffung erfordert jedoch Investitionen.

  • Auf lokale Besonderheiten aufmerksam machen: Bei Jungtieren auf Almen ist besondere Vorsicht und Rücksicht geboten; Tagesrandzeiten sollten von Erholungssuchenden vermieden und Einschränkungen respektiert werden.

  • Aktionen zur Sensibilisierung: Wer mal bei der Wegepflege geholfen oder z.B. bei der Aktion Schutzwald Bäume gepflanzt hat, bekommt einen ganz anderen Blick für die Umwelt.

  • Mit Aktionstagen zum Mountainbiken können bei allen, die nicht regelmäßig aufs Mountainbike steigen, Perspektivenwechsel angeregt werden.

Kleine Gesten können Vorurteile abbauen. Foto: DAV/Chris Pfanzelt

Zusammen oder getrennt?

Wir teilen uns also einen gemeinsamen Raum und akzeptieren, dass wir nicht die Einzigen sind, die draußen unterwegs sind. Wäre es nicht wesentlich einfacher, verschiedene Nutzungsarten zu trennen und jeder Gruppe ein „Revier“ zuzuweisen? Ja und nein: Die Trennung (zum Beispiel von Biker*innen und Wander*innen) kann in stark frequentierten Bereichen eine erfolgreiche Lösung sein, um mit dem hohen Nutzungsdruck umzugehen. In der Fläche hat dieser Ansatz aber seine Tücken, da Umsetzung und Etablierung sehr aufwendig sind, solange es sich nicht um einzelne Strecken handelt. Häufig sind es auch gar nicht so viele Menschen, dass es eine Trennung bräuchte. Hinzu kommt, dass wir für Land-/Forstwirtschaft und Freizeitnutzung keine separaten „Reviere“ abstecken können – zumindest in diesem Spannungsverhältnis bleibt uns also nichts anderes als gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz.

Ein Blick in die Zukunft

Wie kann es langfristig gelingen, sozial- und naturverträglich unterwegs zu sein? Es ist davon auszugehen, dass unsere Natur auch in Zukunft ein beliebtes Ziel für Freizeitaktivitäten bleiben wird. Gleichzeitig bleiben auch die Ansprüche derer bestehen, die dort ihrer täglichen Arbeit nachgehen. Fest steht: Es kann nur gemeinsam gehen! Sich dabei allein auf die geltenden Gesetze zu verlassen, wo was erlaubt und verboten ist, reicht nicht aus. Vielmehr braucht es die Bereitschaft und den Willen, im Zweifelsfall auch die eigenen Ansprüche ab und zu hintenan zu stellen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Bike-Fans immer den Kürzeren ziehen müssen. Ein Interessensausgleich kann nur durch gegenseitigen Austausch und Akzeptanz stattfinden!

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