Frau mit Kletterhelm und Kletterseil lächelt in die Kamera, im Hintergrund sind felsige Klippen und das Meer zu sehen.
Mit viel Weitsicht: Theresa beim Klettern in den Calanques (Frankreich). Foto: Privat
Work-Life-Balance im Ehrenamt

Verantwortung abgeben, Stress reduzieren

Theresa Baumann ist Erste Vorsitzende der Sektion Landau. Weil sie viele Aufgaben delegiert und dafür sorgt, dass die einzelnen Bereiche recht eigenständig arbeiten, kann sie sich auf die wesentlichen Dinge des Jobs konzentrieren - und hat auch mehr Zeit zum Klettern.

Theresa, 34 Jahre alt, übernahm im März 2025 den Vorsitz der Sektion Landau. Als der frühere Erste Vorsitzende von seinem Amt zurücktrat, „war da die Frage, wer macht das denn jetzt?“ Im Vorstand wusste man, was Theresa leisten kann. „Ich habe gesagt, okay, es muss doch weitergehen. Ich kann es ja ausprobieren.“ Ehrenamtlich war sie davor schon lange aktiv und blickt auf bewegte 10 Jahre als Jugendreferentin zurück. „In dieser Zeit habe ich die Jugend komplett aufgebaut“, erzählt sie. Ein Argument, den neuen Posten zu übernehmen: Die Sektion plant eine neue Geschäftsstelle und als Erste Vorsitzende kann sie dieses Projekt nun intensiver mitgestalten.

Jüngere Zielgruppen ansprechen

Ende 2025 entscheidet sich, ob die Sektion die Zuschüsse des Landes erhält. Dann wird die Planungsphase des Baus noch intensiver. Und Theresa will viele weitere Dinge angehen – „aber immer demokratisch“, das ist ihr ganz wichtig. Zum Beispiel soll das Angebot der Sektion erweitert werden, erstmalig um Kurse im Skifahren. Auch einen Ausrüstungsverleih möchte Theresa einrichten. Außerdem fragt sie sich, wie man mehr junge Menschen anspricht. „Die alten Hasen, so ab 40, sind bei uns schon stark vertreten.“ Aber gerade die Junior*innen fehlen in der Sektion. Zu dieser Zielgruppe möchte sie Brücken schlagen und möglichst viele gewinnen - nicht nur als Mitglieder, sondern auch als Mitarbeiter*innen in der Sektion.

Auch mal abhängen: Theresa beim Klettern in Finale Ligure (Italien). Foto: Privat

„Es wird echt immer schwieriger, junge Menschen zum Ehrenamt zu bewegen. Ich habe den Eindruck, dass die jungen Menschen immer unsicherer werden und am liebsten weniger Verantwortung übernehmen.“ Es muss sich also etwas bewegen. Ihre bisherige Erfahrung: „Sektionen sind ganz oft alteingesessene Vereine, die sind nicht offen für neue Ideen.“ In der Sektion Landau soll das anders werden.

"Ich muss schauen, dass die einzelnen Bereiche das bekommen, was sie brauchen, um sich möglichst eigenständig zu organisieren."

Mehr Eigenständigkeit

Theresas Aufgabenbereich ist nicht nur vielfältig, sondern auch verantwortungsvoll, schließlich muss jede Entscheidung von ihr abgesegnet werden. Und es wird viel kommuniziert, sie ist Ansprechpartnerin für alle Ehrenamtlichen der Sektion. „Und wenn es mal irgendwo kriselt, nehme ich mir die Zeit und spiele Vermittlerin.“ Theresa hat Strategien entwickelt, um dies alles zu schultern. „Ich muss ganz viel delegieren und schauen, dass die einzelnen Bereiche das bekommen, was sie brauchen, um sich möglichst eigenständig zu organisieren.“ So lautet eines ihrer Rezepte. „Bei uns arbeiten mittlerweile alle Bereiche ziemlich autark.“ Und jeder davon hat eine*n Vertreter*in. Dafür wurde eigens die Satzung geändert und die Zahl der Mitglieder im Beirat von 10 auf 15 erhöht. Dort gibt es jetzt unter anderen auch eine Referentin für Inklusion und einen Referenten für Senior*innen. Die Referent*innen fungieren nun als eine Art Zwischeninstanz. „Ich selbst bin ja nicht in allen Bereichen tief drin. Ich kann zum Beispiel nicht beurteilen, ob jemand fit genug ist für eine Ausbildung. Dafür gibt es den Ausbildungsreferenten.“

Alpinklettern an der Grauen Wand (Furkapass, Schweiz). Foto: Privat

Keine ausufernden Sitzungen

Erst, wenn die Referent*innen nicht allein klarkommen, wird der 7-köpfige Vorstand eingeschaltet. „Wenn man Verantwortung abgibt und sagt, dies ist dein Bereich und du kannst in deinem Bereich fast alles machen, was du willst - bitte, hier ist dein Budget - dann läuft es viel besser, als wenn man überall mitmischen will“, so ihre Erfahrung. Theresa hat darüber hinaus die Sitzungsintervalle geändert. Es gibt weniger lange Vorstandssitzungen, dafür mehr kurze Absprachen. „Und zusätzlich machen wir nun monatlich kurze Online-Meetings, falls es irgendwas gibt, dass man schneller vorantreiben muss.“

"Wer ein Ehrenamt hat, hat halt anderswo weniger Zeit. Aber wer keines hat, verplempert vielleicht seine Zeit."

Wenn das alles funktioniert, kann auch der Erste Vorsitz ein recht entspannter Job sein, findet Theresa. Insgesamt kommt sie auf 10 Stunden im Monat fürs Ehrenamt - ganz grob geschätzt. Und so schafft sie es auch, dem Ehrenamt neben Beruf und Sport einen wichtigen Platz in ihrem Leben einzuräumen. „Wer ein Ehrenamt hat, hat halt anderswo weniger Zeit. Aber wer keines hat, verplempert vielleicht seine Zeit. Ein Ehrenamt kriegt man schon irgendwie unter.“ Und trotz stressiger Zeiten hat sie das Ehrenamt immer als etwas sehr Schönes erlebt.

Theresa beim Klettern auf den Lofoten (Norwegen). Foto: Privat

Unterstützung suchen

Ganz wichtig: Man muss auch Nein sagen können. Und akzeptieren, dass die Vereinsarbeit langsamer läuft. Wenn es mal eng wird, fällt eben was runter. „Ich glaube, wenn man immer so ein Jasager ist, dann kann das Ehrenamt schon zur Belastung werden.“ Ihr Tipp: Ein Ehrenamt sollte man auf jeden Fall ausprobieren. Und sich vorher einen groben Plan erstellen, an den man sich halten kann. Und wenn man am Limit ist, sucht man sich Unterstützung, damit die Verantwortung auf mehr Schultern verteilt wird.

Learnings für die Work-Life-Balance im Ehrenamt

  1. Delegieren und Moderieren: Als Vorsitzende*r sollte man Verantwortung bewusst abgeben. Und aushalten können, dass man nicht alles selbst entscheidet oder überall tief drin ist.

  2. Damit die Vorstandsarbeit nicht zu kleinteilig wird, hilft es, einzelne Bereiche so zu organisieren, dass sie möglichst eigenständig arbeiten können. Dazu gehören klare Zuständigkeiten, Vertretungen, und die eigene Verantwortung fürs Budget.

  3. Meeting- und Kommunikationshygiene: Der Rhythmus von Sitzungen sollte sinnvoll getaktet werden. Lange Meetings sollten durch digitale Kurzabstimmungen ersetzt werden. Das verhindert auch, dass Konferenzen mit zu vielen Themen gefüllt werden.

  4. Um die Balance von Beruf, Privatleben und Ehrenamt zu halten sollte man immer auf sich selbst schauen und Nein sagen können, und zwar ohne Schuldgefühle - ein Ehrenamt soll das Leben bereichern, nicht verkomplizieren.

Themen dieses Artikels