Mann in roter Jacke und grüner Hose sitzt auf felsigem Untergrund vor einem Hintergrund aus Tannenbäumen und Bergen mit bewölktem Himmel.
Seit 2006 im Einsatz für den DAV: Thomas Hüttl. Foto: privat
Work-Life-Balance im Ehrenamt

Keine Angst vor Fehlern

Thomas Hüttl ist seit April 2025 Erster Vorsitzender der Sektion Otterfing – mit 36 Jahren einer der Jüngeren in dieser Position. Neben einer Familiengruppe betreut er viele weitere ehrenamtliche Projekte. Wie kriegt man das hin?

Thomas' Engagement im DAV begann bereits 2006, als er die Ausbildung zum Jugendleiter absolvierte und eine Jugend-Klettergruppe betreute. „Die ist irgendwann auseinandergefallen – meine Mitleiter zogen weg oder begannen mit dem Studium“, erzählt Thomas. Als er selbst Kinder bekam, gründete er eine Familiengruppe. Und unterstützte später die Sektion bei der Digitalisierung. Die frühere Vorsitzende Julia Baldauf fragte Thomas, ob er nicht ihren Posten übernehmen möchte. Thomas sagte zu. Die Amtszeit wird durch die Vereinssatzung auf zwei Jahre begrenzt, das machte ihm die Entscheidung leichter. „Zwei Jahre – die gehen schnell vorbei und dann kann man sich überlegen, ob man noch was dranhängt.“

Alles kann, nichts muss

Er sieht die neuen Aufgaben locker: „Ich habe mir das jetzt auf die Fahne geschrieben, weil es mich interessiert, weil ich einfach mit dabei sein will.“ Und trotz klarer Aufgabenbeschreibung hat er viele Freiheiten: „Es ist jetzt nicht so, dass ich diese Dinge tun muss“, erklärt Thomas. „Ich darf sie tun. Ich kann die Projekte starten, auf die ich Lust habe. Dabei habe ich natürlich Glück, dass alles drumherum in der Sektion recht gut läuft.“

"Ich habe mir das jetzt auf die Fahne geschrieben, weil es mich interessiert, weil ich einfach mit dabei sein will."
Nicht nur in den Alpen unterwegs: Thomas Hüttl auf dem Gipfel der Pica d'Estats in den Pyrenäen. Foto: privat

Thomas möchte in seiner Amtszeit die Kinder- und Jugendarbeit voranbringen und den Nachwuchs motivieren, in der Sektion aktiv zu werden – ohne dabei die Senior*innen zu vernachlässigen. „Aber die organisieren sich schon, die haben ihre Gruppen und ihr Programm, das läuft bei denen.“ Vor kurzem wurde ein Boulderbereich, die Boulderstage, im südlich von München gelegenen Otterfing eröffnet, den seine Vorgängerin Julia als ihr „Baby“ weiter betreut. Es bleibt ihm also Zeit, sich mit der Weiterentwicklung der Sektion zu beschäftigen. „Manche Dinge würde ich gern moderner gestalten“, erklärt Thomas. Dazu gehört zum Beispiel eine niedrigschwellige, digitale Kommunikation mit den Trainer*innen. „Bei einer Sektion mit dreitausend Mitgliedern muss man einige Dinge professionalisieren“, findet er, „sonst fällt einem das irgendwann auf die Füße.“

"Ich mache das, weil es mir Spaß macht. Weil ich es nie anders gelernt habe. Das Ehrenamt durchzieht fast mein ganzes Leben."

Mehr Ehrenamt geht nicht

Thomas hat zwei Töchter (8 und 11 Jahre alt) und neben einem 40-Stunden-Job als Ingenieur, für den er mit den Öffentlichen nach München pendelt, auch noch etliche andere ehrenamtliche Projekte, die er weiterführen will: Er ist aktiv in der Kirche, Vorstand im eigens gegründeten Nikolausverein und er organisiert Ferienfreizeiten für Familien. Außerdem sitzt er im Aufsichtsrat der örtlichen Raiffeisenbank. Insgesamt schätzt er seinen ehrenamtlichen Einsatz auf durchschnittlich sieben Stunden pro Woche. „Ein bis zwei Stunden am Abend sind schnell vergangen, wenn man Mails beantwortet oder sonst was.“ Und bevor Thomas jemandem etwas lange erklären muss, erledigt er es lieber schnell selbst.

Thomas beim Klettern mit der Familie. Foto: privat

Warum halst man sich so viel auf, mag man sich fragen. „Ich mache das, weil es mir Spaß macht. Weil ich es nie anders gelernt habe. Das Ehrenamt durchzieht fast mein ganzes Leben.“ Seit zwanzig Jahren ist Thomas ehrenamtlich aktiv, begonnen hat alles bei den Pfadfindern. „Ich bin keiner, der am Abend heimkommt, sich auf die Couch setzt und die Zeitung oder ein Buch liest. Das gibt mir nichts. Im Endeffekt tue ich lieber etwas für andere als für mich selbst.“ Thomas weiß, mehr Ehrenamt geht nicht. Und weitere Anfragen schlägt er mittlerweile aus. „Es hat sich schon herumgesprochen, dass ich selten nein sage.“ Aber er nimmt Rücksicht auf die Familie, die auch etwas davon haben soll. „Wenn ich zum Beispiel eine Klettertour für die Familiengruppe organisiere, tue ich das nicht nur für andere. Meine Familie kommt natürlich und sitzt nicht daheim.“

"Ich bin keiner, der am Abend heimkommt, sich auf die Couch setzt und die Zeitung oder ein Buch liest. Das gibt mir nichts."

Stress kann Thomas wenig anhaben. Natürlich muss er sich zwischen den Projekten mal zerreißen. „Aber am Ende bringe ich alles unter einen Hut. Ich habe jedenfalls noch nicht den Moment gespürt, wo ich umfallen würde“, lacht er. „Und ich komme auch gut mit wenig Schlaf aus.“

Der Schein trügt nicht: Thomas ist in der Regel immer entspannt. Foto: privat

Man ist nie allein

Thomas bleibt gelassen, auch wenn die Dinge mal nicht rund laufen. „Ich bin halt ein emotionsloser Typ“, witzelt er. „Das ist ganz praktisch: Wenn irgendetwas passiert, sage ich: OK. Und dann geht es einfach weiter.“ Diesen Rat gibt er auch anderen, die mit einem Ehrenamt liebäugeln. „Man muss den Leuten die Angst nehmen, etwas falsch zu machen.“ Und man ist ja nie allein, auch nicht im Vorstand. Wer einen Posten übernimmt, kann sich meistens Hilfe von den Vorgänger*innen holen. „Natürlich sollte man für seine Entscheidungen einstehen. Aber der Verein bricht nicht gleich auseinander, wenn mal etwas schiefläuft.“

Learnings für die Work-Life-Balance im Ehrenamt:

  1. Kurze Amtszeiten von ein bis zwei Jahren können den Einstieg erleichtern. Sie geben die Möglichkeit, einen Aufgabenbereich kennenzulernen, ohne sich gleich zu lange zu binden.

  2. Man sollte das Ehrenamt danach aussuchen, welcher Aufgabenbereich für seine Ansprüche geeignet ist. Manche Posten bieten mehr Gestaltungsspielräume, andere weniger. Bei Ersteren lassen sich Aufgaben einfacher aufteilen und man kann sich leichter vertreten lassen.

  3. Wenn Familienleben und Ehrenamt zusammenfließen, kann das Ehrenamt eine Bereicherung für alle sein, zum Beispiel in der Familiengruppe.

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