So geht das: Sicher unterwegs am Wanderweg

Gut gegangen!

Bergwandern ist gesund, klar. Am gesündesten – und obendrein freudvollsten – ist es, wenn man sich dafür etwas Zeit gönnt, das optimale Bewegen zu lernen und einzuüben.

Tipps:

  • Der Fokus liegt immer hauptsächlich auf den Füßen

  • Trittmöglichkeiten kennen und erkennen

  • Tritte richtig und mit Gefühl belasten

  • Kleine Schritte – großes Gleichgewicht

  • Gleichmäßiges und ruhiges Gehtempo

Das Gehen ist unsere natürliche, angeborene Fortbewegungsart – auch das Gehen auf unterschiedlichen Untergründen und in verschiedenen Neigungen kann zumindest jeder gesunde Mensch lernen und trainieren. Unser neuromuskulärer Bewegungsapparat ist eigentlich perfekt fürs Gehen im Gelände konzipiert. Wenn man diese Fähigkeiten aber selten bis gar nicht gebraucht und trainiert, gehen sie verloren. Vor allem wer auf steileren und ausgesetzteren Wanderwegen und -steigen sicher und souverän unterwegs sein und Trittsicherheit in unterschiedlichem Gelände erlangen möchte, sollte sich die wichtigsten Prinzipien des „Guten Gehens“ erarbeiten.

Kraftsparendes Gehen bedeutet, den Körper zuerst durch Gelenkbeugung über den neuen Tritt zu bringen und dann erst nach oben zu bewegen – in einer Geschwindigkeit, die man entspannt durchhält. Illustration: Georg Sojer

Den Fokus auf die Füße!

Bergwandern gewährt Zeit und Muße: um Natur wahrzunehmen, das Bergpanorama zu genießen oder für ein angeregtes Gespräch. Dennoch sollte man auch beim Wandern Blick und Aufmerksamkeit auf Füße und Weg richten, um sicher und gleichmäßig Tritt zu fassen und Stolperstellen zu bemerken. Das bedeutet nicht, dass man ständig auf den Boden starren muss; mit etwas Übung "scannt" man den Weg über das periphere Sehen – sprich: aus dem Augenwinkel. Je anspruchsvoller der Weg oder Steig, desto mehr sollten Blick und Aufmerksamkeit den Füßen gelten. Für einen flüssigen Geh-Rhythmus ist dabei das Auge den Füßen immer ein, zwei Schritte voraus; das heißt, Blick und Bewegungsvorplanung sind schon beim nächsten und übernächsten Schritt.

Der Begriff Trittsicherheit ist im Bergwandern so ausgelutscht wie die Wurstpelle nach dem Weißwurst-Frühstück, aber was bedeutet er eigentlich? Tritte finden und erkennen, die Bergschuhe passend darauf setzen und voll belasten, das Ganze integriert in einen gleichmäßigen, flüssigen Bewegungsrhythmus. Hinter jedem dieser Schlagworte verbirgt sich ein großes Lern- und Erfahrungsfeld.

Tritte erkennen:

Je nach Geländeform, Wegbeschaffenheit und Untergrund gilt es beim Wandern, geeignete Tritte zu wählen und ungünstige zu vermeiden. Wander-Erfahrene machen das automatisch im Bewegungsfluss. Aber: Welche Tritte sind gut, welche weniger? Bei breiten Wanderwegen ist die Trittauswahl wenig schwierig; zu vermeiden sind größere lose Steine (Kippgefahr) und mit feinem Schutt bedeckte Flächen (Rolllager). Auf schmäleren Steigen sind vor allem feuchte Wurzeln rutschgefährlich, besser sucht man ebene Absätze und Stufen. In steilen Wiesen bieten ebene Graspolster und Kuhgangeln den Füßen guten Halt, in Ausnahmefällen kann man auch mal den Sohlenrand einkerben wie im Firn. Bei steinigem Untergrund sind kompakte Felsplatten und Absätze jeglicher Größe die beste Wahl, Vorsicht ist auch hier bei Schotterauflage geboten!

Für einen gleichmäßigen Geh-Rhythmus ist das Auge den Füßen immer ein paar Schritte voraus. Illustration: Georg Sojer

Wie treten?

Die Tritte identifizieren ist das eine – jetzt muss man sie noch optimal nutzen! Im Normalfall setzt man den Fuß flächig und „satt“ mit der gesamten Sohle auf – beim Abstieg tendenziell von der Ferse her abrollend. Steilere Aufstiege fordern gute Beweglichkeit im Fußgelenk und eine stabile Wadenmuskulatur. Je steiler, umso schwieriger ist es die komplette Sohle aufzusetzen; irgendwann hebt die Ferse ab und man tritt nur noch mit dem Vorderfuß auf. Das ist deutlich anstrengender und birgt außer der Bildung fescher "Bergsteigerwadeln" wenig Vorteile. Besser wäre, an der Beweglichkeit zu arbeiten. Erleichtert wird das flächige Aufsetzen der Sohle durch seitliches Abknicken im Sprunggelenk und dadurch, dass man "seitlich" antritt, also die Zehen zur Seite bis talwärts dreht. Das wird man bei längeren Querungen ohnehin machen; je nach Wegbreite lässt es sich auch durch Miniserpentinen ermöglichen. Kleine Absätze oder schmale Stufen und (Fels-)Tritte bieten nur dem Vorderfuß oder einem Zehenballen Platz; umso wichtiger ist es, exakt hinzusteigen und den Tritt voll auszufüllen, die Fersenposition ist waagerecht bis leicht hängend.

Balanceakt "Tritte belasten":

Die Tritte sind erkannt und mit dem Fuß ausgefüllt, nun soll das Ganze noch der Fortbewegung dienen! Dazu muss man den Tritt belasten, also das gesamte Körpergewicht darauf verlagern. In wenig steilem Gelände und auf unproblematischem Untergrund scheint das banal. Doch sich auch hier schon bewusst und gekonnt zu bewegen, ist Grundlage für die hohe Kunst des guten Gehens im steilen Gelände und auf unsicherem Grund. Sprunggelenk, Knie und Hüfte beugen sich, der Körperschwerpunkt verschiebt sich über den Fuß, man spürt nochmal den sicheren Stand – dann erfolgt der Hub aus dem Bein durch Streckung von Sprunggelenk und Knie. Die Schrittlänge passt sich dem Gelände an: Je steiler, umso kürzer werden die Schritte – das spart Kraft, schont die Gelenke und bringt Sicherheit. Man denke ans Treppensteigen: Wer da zwei Stufen auf einmal nimmt, tut sich schwerer, die Balance zu halten und den Körper gelenkschonend nach oben zu drücken. Vor allem beim Abstieg sind kürzere Schritte sinnvoll; zusätzlich hilft bewusstes Vorbeugen des Oberkörpers, den nächsten Tritt sanft zu belasten statt drauf zu "poltern".

Eine kleine Partnerübung zeigt die Bedeutung "aktionsbereiter" leicht gebeugter Gelenke in Hüfte, Knie und Sprunggelenk: Zuerst stellt man sich kerzengerade wie ein Zinnsoldat hin und ein Partner gibt einen kleinen Schubs; dann probiert man das gleiche in der aktionsbereiten Position. So erkennt man sofort die stabilere Haltung – die man dann beim Gehen "mitnehmen" kann.

Geh-Rhythmus:

Wer die beschriebenen Punkte verwirklicht, also "bewusst" geht und steigt, hat auch die beste Voraussetzung für ein gleichmäßiges, ökonomisches Tempo. Dieses eigene Tempo zu finden, es dem Gelände anzupassen und so die Belastung für Muskeln und Herz-Lungen-Apparat konstant und verträglich zu halten, macht Bergwandern zu einem gesunden Erlebnis. Ein gutes Zeichen für die richtige Belastung ist, wenn man sich während des Gehens noch unterhalten und/oder durch die Nase atmen kann.

Wie aus "Gutem Gehen" geradezu ein Kunsthandwerk wird, zeigt der Beitrag "Berggehen lernen" der DAV-Sicherheitsforschung aus DAV Panorama 03/21.

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