Abstrakte Darstellung einer bergigen Landschaft in Beige, Hellblau und Schwarz mit scharfen Kontrasten und unregelmäßigen Flächen.
Highlights des Alpinismus. Illustration: AdobeStock/zzooby
Highlights des Alpinismus (Teil 1)

Von den Anfängen bis zum "Goldenen Zeitalter" (1336 bis 1865)

Eine mehrteilige Reise in die Alpinismus-Historie lädt ein, herausragende Berg-Ereignisse kennenzulernen – ebenso wie die Menschen, die hinter diesen Geschichten stehen.

Berge haben die Menschen schon immer fasziniert. In vielen Mythen und Religionen spielen sie wichtige Rollen – vom Olymp bis zum Fuji, vom Ayers Rock zum Berg Sinai. In Japan gab es bereits im 8. Jahrhundert eine Kultur ums Bergsteigen, zu ihr gehörte auch ein gewisser Hüttenzauber.

Europa mit seinen Alpen dahingegen musste sich erst aus dem Dunst des Mittelalters befreien; mit dem Humanismus und der Aufklärung gewann das Individuum an Bedeutung und Einzelpersonen durften es sich herausnehmen, nach oben zu schauen und Erlebnisse in den Bergen zu suchen, statt gebückten Hauptes für Kaiser und Kirche zu schuften.

Dennoch: diese ersten alpinen Gipfelbesteigungen geschahen oft auf Geheiß und zum Ruhme der Herrschenden, ganz gleich, ob weltlich oder kirchlich. Mit der Aufklärung dann waren es immer öfter auch wissenschaftlichen Ziele (oder Vorwände?), auf die Besteigungen ausgerichtet waren.

Im mittleren Drittel des 19. Jahrhunderts, angespornt von Voltaires "Zurück zur Natur" und ähnlichen Motivationen der Romantik, wurden die Alpengipfel zu Zielen um ihrer selbst willen: vor allem wohlhabende Engländer, geführt von kundigen Einheimischen aus der Schweiz, Frankreich und Italien machten besonders die Westalpen zum "Playground of Europe". Dieses "Goldene Zeitalter" des Alpinismus gipfelte in den Erstbesteigungen der Viertausender um 1850–1865.

Persönlichkeiten & Höhepunkte

26. April 1336 – Aus Liebe zum Berg

Der Dichter Francesco Petrarca besteigt den Mont Ventoux (1909 m) in der Provence – quasi aus Jux und Tollerei, so wie wir heutzutage. Auf den Mont Ventoux führt heute eine Straße, die vor allem Radler*innen gerne als Folterwerkzeug nutzen. Doch lange waren die Berge wenig zugänglich; die Alpen galten eher als mitteleuropäisches Verkehrshindernis – über die aber schon die Römer wichtige Passstraßen anlegten.

Petrarcas Kollege Dante Alighieri hatte 1311 den Monte Falterone (1654 m) im Apennin bestiegen. 1348 steigt ein Mönch von Benediktbeuern auf die Benediktenwand (1801 m) in Bayern, 1388 bringt Bonifatio Rotario d’Asti ein Votivbild auf den Gipfel des Rocciamelone (3538 m) in den italienischen Alpen.

26. Juni 1492 – Erobert für den König

Der allseits senkrecht felsig abbrechende Mont Aiguille (2087 m) in der Provence wird auf königliches Geheiß Karls VIII. vom Söldnerführer Antoine de Ville erobert: mit Sturmleitern, Seilen und Eisenstiften.

Mont Aiguille; im Sommer etwas einfacher zu besteigen. Foto: Michel, CC BY-SA 2.0 FR, via Wikimedia Commons

20. August 1555 – Mit Forscherdrang

Der Naturforscher und Arzt Conrad Gesner besteigt mit vier Begleitern den Gnepfstein (1916 m) am Pilatus über Luzern. Er ist zeittypisch als Wissenschaftler unterwegs, allerdings auch mit persönlichen ästhetischen Zielen, denn schon 1541 schrieb er in einem Brief „de admiratione montium“ (über die Bewunderung der Berge), er wolle sie regelmäßig besteigen, wenn „die Bergflora in voller Blüte steht, sowohl um diese zu untersuchen, als auch um meinem Körper eine edle Übung und meinem Geiste eine Freude zu verschaffen“.

8. August 1786 – La grande ouverture

Die Erstbesteigung des Mont Blanc (4810 m, höchster Gipfel der Alpen und Westeuropas) gilt allgemein als Geburtsstunde des Alpinismus. Der Genfer Wissenschaftler Horace-Bénédicte de Saussure hatte eine Belohnung für den ausgesetzt, der einen Weg fände; der Arzt Michel-Gabriel Paccard und der Kristallsucher Jacques Balmat erreichten gemeinsam den Gipfel. Danach zerstritten sie sich darüber, wer mehr Anteil am Gelingen des Unternehmens hatte, Balmat jedenfalls profitierte davon: Er führte im Jahr darauf de Saussure auf den Gipfel.

28. Juli 1800 – Nationale Ruhmestaten

Der Großglockner (3798 m) wird durch eine 62-köpfige Expedition erstbestiegen. Der Fürstbischof Franz von Salm-Reifferscheid sponsert das Unternehmen mit bester Verpflegung und edlen Weinen. Nach Errichtung von drei Hütten erreichen vier Personen den Gipfel, am nächsten Tag wird ein Kreuz hinaufgetragen und aufgestellt. Der Ortler (3905 m) erleidet seine Erstbesteigung 1804, im Auftrag von Erzherzog Johann von Österreich.

27. August 1820 – Der höchste Gipfel Deutschlands

Die Erstbesteigung der Zugspitze (2962 m) ist eine Art Verwaltungsakt: Der Vermessungsoffizier Joseph Naus soll dort oben die Grenzen analysieren.

Mehr zur Erstbesteigung der Zugspitze und zur Geschichte von Deutschlands höchstem Berg: alpenverein.de/zugspitze200

Der Zugspitzgipfel – die Erstbesteigung gelang von der Rückseite (S). Foto: Jörg Bodenbender

1838 – Selbst ist die Frau!

Henriette d’Angeville ist nicht die erste Frau auf dem Mont Blanc. Aber während Marie Paradis 1809 sich mehr nolens als volens hinaufhelfen ließ, organisierte die wohlhabende Pariserin ihre 15-köpfige Truppe selbständig und kämpfte sich aus eigener Kraft hinauf – wenn auch nicht ohne Zweifel: „Wenn ich sterben sollte, ehe ich den Gipfel erreiche, tragt meine Leiche hinauf und lasst sie oben“.

1843 – Leichter zum Gipfel

Friedrich Simony lässt den 1834 erstbestiegenen Hohen Dachstein (2995 m) durch Sprengungen, fixe Seile und Eisentritte massentauglicher herrichten – der erste versicherte hochalpine Weg der Ostalpen.

Der Dachstein; die Normalwege folgen dem zentralen Grat oder vom Gletscher zum Gipfel. Foto: Ewald Gabardi, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons


1857 – Vereine für die Berge

Der „Alpine Club“ in London ist der erste Alpenverein. 1862 folgt das österreichische Pendant, 1863 in der Schweiz, 1867 in Italien, 1869 in Deutschland, 1874 in Frankreich, 1909 in Liechtenstein, 1911 in Monaco.

Mehr zur Geschichte des DAV

16. August 1861 – Auf die Viertausender!

Das Schreckhorn (4078 m) gilt als einer der schwierigsten Schweizer Viertausender, sein Erstbesteiger Leslie Stephen, Autor des Buchs „The Playground of Europe“ (1871), bringt die Erschließungsphase der Hochgipfel, die in den 1850er Jahren begonnen hatte („Goldenes Zeitalter“), auf ein neues Schwierigkeitslevel. Drei Tage später steht der Physikprofessor John Tyndall als erster auf dem Weißhorn (4505 m), einem der wohl schönsten Alpengipfel.

Hier gibt es weitere Bergbuch-Klassiker.

Das Weißhorn von Norden. Foto: Björn S…, CC BY-SA 2.0, via wikimedia commons

14. Juli 1865 – Gewonnen und verloren

Die Erstbesteigung des Matterhorns (4478 m), quasi Finale der Viertausender-Epoche, verknüpft sich mit einem der bekanntesten Alpinunfälle: Edward Whymper und Peter Taugwalder Vater und Sohn, verbinden sich beim Abstieg mit einem dünnen Hilfsseil mit dem Rest des Teams. Als Douglas Hadow ausrutscht, reißt er Francis Douglas, Charles Hudson und Michel Croz mit - das Seil reißt und die vier stürzen tödlich ab.

Der Absturz beim Abstieg vom Matterhorn. Darstellung: Gustave Doré. public domain via wikimedia commons

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