Hannah Meul; Foto: DAV/Stepan Chaporov
Hannah Meul; Foto: DAV/Stepan Chaporov

Neue Kombi-Wertung Bouldern & Lead

Für die olympischen Spiele 2024 wird es ein neues Kombinationsformat geben, das nur noch aus Bouldern & Lead besteht. Seine Premiere feiert das Format 2022 bei den Europameisterschaften im Klettern in München.

Paris 2024: Klettern zum zweiten Mal olympisch

Im Sommer 2016 beschloss das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Aufnahme von Sportklettern in das Olympische Programm für die Sommerspiele in Tokio 2021. Nach der erfolgreichen Premiere bei den Spielen in Japan, geht das Sportklettern im Jahr 2024 den nächsten Schritt. Auch für Paris bestätigte das IOC die Integration in die Olympischen Spiele. Anstatt einer Disziplin, wie bei den Spielen in Tokio, werden die Kletterer und Kletterinnen in Frankreich gleich zwei Chancen auf eine Medaille haben. Geklettert wird in einem Kombinationswettbewerb aus Bouldern & Lead und in der Einzeldisziplin Speed. Bei den Spielen 2024 wird außerdem die Zahl der teilnehmenden Sportkletterer und Sportkletterinnen im Vergleich zu den Spielen in Tokio deutlich ansteigen: von 40 Athleten und Athletinnen in Tokio auf 68 in Paris.

Der Kombinationswettkampf aus den zwei Disziplinen Bouldern & Lead läuft über zwei bzw. drei Runden: eine Qualifikationsrunde, das Halbfinale bzw. das Finale. Der finale Ablauf der Olympischen Spiele ist noch nicht kommuniziert worden, sodass noch offen ist, ob es zwei oder drei Runden geben wird. In diesem Format sind die Athleten und Athletinnen dazu verpflichtet in beiden Disziplinen zu starten.

Ablauf eines Wettkampfs: Die Qualifikation

In dem Kombinationswettkampf treten 34 Herren und 34 Damen getrennt voneinander an. In der Boulder-Qualifikationsphase gibt es vier Boulder. Alle Kletterer und Kletterinnen haben fünf Minuten Zeit, um den Boulder möglichst zu toppen. Hier gilt: je mehr Boulder in möglichst wenigen Versuchen gemacht werden, umso besser ist das für das Ergebnis.

Die Kletterer und Kletterinnen bewältigen in der Lead-Qualifikation eine Route. Je nach Teilnehmerzahl werden die Starter und Starterinnen in ein oder zwei Gruppen unterteilt. Die Qualifikationsrunde muss im Vorfeld für die Athleten und Athletinnen demonstriert werden, in Form eines Videos oder eines Vorläufers. Alle Kletternden haben sechs Minuten zur Verfügung, um die Tour möglichst zu toppen.

Olympionike Jan Hojer. Foto: DAV

Das Finale

Für das Finale qualifizieren sich acht Athletinnen bzw. Athleten.

Im Boulder-Finale wird in umgekehrter Reihenfolge gestartet: Die Bestplatzierten gehen zuletzt an die Griffe. Wie auch in der Qualifikationsphase, müssen vier Boulder bewältigt werden. Jeder Boulder darf vor Beginn gemeinsam zwei Minuten lang besichtigt werden. Maximal vier Minuten haben die Finalisten und Finalistinnen dann Zeit, um einen Boulder möglichst zu toppen, dann müssen sie wieder in die Zwischenisolation. Erst wenn alle acht Startenden an der Reihe waren, geht es weiter zum nächsten Boulder. Bei einem Gleichstand zwischen zwei Athleten oder Athletinnen, also wenn beide die gleiche Wertung haben, entscheidet die Vorrunde über die Platzierung.

Kurz vor dem Start des Lead-Finals haben die Athleten und Athletinnen sechs Minuten Zeit, sich gemeinsam die Route anzusehen und die Griffabfolge einzuprägen. Dann geht es wieder zurück in die Isolation und die Teilnehmenden werden einzeln aufgerufen. Maximal sechs Minuten haben die Athleten und Athletinnen Zeit, um die Route möglichst zu toppen, danach ist der/die nächste Startende an der Reihe. Wer am Höchsten kommt, gewinnt die Disziplin. Bei Gleichstand ist hier nicht die Platzierung in der Qualifikation entscheidend, sondern die benötigte Kletterzeit im Finale: Der/die Schnellere liegt vorne.

Am Ende werden die Ergebnisse aus jeder Disziplin – also Lead und Bouldern – summiert. Wer die höchste Wertung erreicht, gewinnt Olympia-Gold.

Wertung der Disziplinen

Bouldern

Jedes Boulderproblem enthält einen Topgriff und zwei Zonengriffe (bei den olympischen Spielen in Tokio gab es nur einen Zonengriff).

Pro Boulderproblem können die Athlet*innen 25 Punkte sammeln – bei insgesamt vier Bouldern können also in der Disziplin Bouldern maximal 100 Punkte erreicht werden.

Dabei erhalten die Athlet*innen

  • 3 Punkte, wenn sie den ersten Zonengriff sicher greifen

  • 6 Punkte, wenn sie den zweiten Zonengriff sicher greifen

  • 25 Punkte, wenn sie den Topgriff erreichen

Diese Punkte werden für die Bewertung als Basis benutzt. Allerdings werden pro Versuch, den jeweils erreichten Griff (also entweder Top, Zone 1- oder Zone 2-Griff) zu sichern, 0,1 Punkte abgezogen.

Zum besseren Verständnis hier drei Beispiele:

  • Athlet*in 1 erreicht im ersten Versuch den Topgriff („flasht“ den Boulder also) und erhält dafür die vollen 25 Punkte.

  • Athlet*in 2 erreicht den Topgriff im fünften Versuch. Hierfür werden von den 25 Basispunkten für das Erreichen des Topgriffs 0,4 Punkte (für die 4 Stürze) abgezogen und Athlet*in 2 erhält 24,6 Punkte.

  • Athlet*in 3 erreicht im dritten Versuch den zweiten Zonegriff, kann den Topgriff aber trotz zwei weiterer Versuche nicht erreichen. Von den festgeschriebenen 6 Basispunkten für den zweiten Zonengriff werden 0,2 Punkte für die zwei Stürze abgezogen und es gibt 5,8 Punkte.

In der Wertungstabelle würden die drei genannten Ergebnisse dann so aussehen:

Die Buchstaben der Ergebnistabelle zeigen dabei Folgendes an:

  • A zeigt die Zahl der gesamten Versuche an einem Boulderproblem an

  • z zeigt die Anzahl der Versuche, die benötigt werden, um den ersten Zonengriff zu erreichen

  • Z zeigt die Anzahl der Versuche, die benötigt werden, um den zweiten Zonengriff zu erreichen

  • T zeigt die Anzahl der Versuche, die benötigt werden, um den Topgriff zu erreichen

Lead

Jede Lead-Route wird mit maximal 100 Punkten bewertet.

  • 100 Punkte werden nur vergeben, wenn die Teilnehmenden (i) den mit „Top" markierten Griff kontrolliert halten können und den letzten Sicherungspunkt geklippt haben.

  • Jedem Griff ist eine Wertung zugeteilt, welche auf dem Routentopo einsehbar ist.

  • Diese wird am obersten Griff bestimmt (=100 Punkte) und in absteigender Reihenfolge von oben nach unten nummeriert

Wenn die Teilnehmer und Teilnehmerinnen:

  1. den mit „Top" markierten Griff kontrollieren, aber den letzten Sicherungspunkt auf der Route nicht geklippt haben, werden sie so gewertet, als würden sie den nächstniedrigeren Griff erreicht haben.

  2. Klippen die Athleten und Athletinnen den „Top“ Umlenker von einem Griff aus, welcher nicht als „Top“ Griff markiert ist (z.B. vorletzter Griff) können sie den Go fortsetzten, erhalten die „Top“ Wertung jedoch erst bei Erreichen des „Top“ Griffes. Gleiches gilt auch in umgekehrter Weise: Erreichen die Athleten und Athletinnen den „Top“ Griff und fallen ab, ohne den Umlenker geklippt zu haben, erhalten sie die Wertung des vorletzten Griffes.

Die Wertung für das Benutzen eines Griffes (gekennzeichnet durch das "+") entspricht der Wertung für das Kontrollieren desselben Griffs plus einem festen Zuschlag von 0,1 Punkten. Das Nutzen des Griffes ist also besser als ein reines Kontrollieren desselbigen.

Das Kontrollieren eines Griffes bedeutet, dass die Kletterer und Kletterinnen den Griff halten. Das Benutzen eines Griffes verweist darauf, dass die Athleten und Athletinnen eine körperliche Kraft an dem Griff anwenden und den Griff genutzt haben, um aktiv zum nächsten Griff zu gelangen.

Gesamtwertung

Im Leadklettern fliest die höchste Punktzahl, die die Athleten und Athletinnen in einem Wettkampf erreichen, in die Wertung ein. Beim Bouldern werden die Wertungen aus allen Bouldern summiert. Für die Gesamtwertung wird eine Summe aus den zwei Disziplinen gebildet und die Athleten oder Athletinnen mit der höchsten Punktzahl gewinnen den Wettbewerb.

Alexander Megos; Foto: DAV/Marco Kost

Herausforderungen

Das neue Kombinationsformat bedeutet für die Sportler und Sportlerinnen eine Herausforderung. Da zwei verschiedene Disziplinen oft parallel trainiert werden müssen, hat sich das Trainingspensum deutlich erhöht. Viele der Profi-Athleten -und Athletinnen kennen dies zwar bereits von den vergangenen Olympischen Spielen, aber es werden viele Kletterer und Kletterinnen, denen das Format noch unbekannt ist, an den Start gehen. Im Wettkampf ist dann viel Maximalkraft und Ausdauer gefragt. Die Ressourcen müssen gezielt eingesetzt werden. Und auch die Haut auf den Fingern muss möglichst geschont werden. Das Umstellen zwischen den zwei Disziplinen in relativ kurzer Zeit bedeutet eine große mentale Anstrengung. Im besten Fall – bei Finalteilnahme – müssen sich die Athleten und Athletinnen mindestens vier Mal erneut auf einen Start fokussieren.

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