"Steigen ist etwas Archaisches"
Expedkader im Interview: Der Trainer Michi Wärthl
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Michi Wärthl ist der Trainer des neuen Expedkader-Männerteams 2018. Die Komplettfassung des Interviews aus DAV Panorama 4/2016.
Was bedeutet dir Bergsport/Bergsteigen?
Ganz einfach: mein Leben. Mich faszinieren schöne Berge, tolle Linien und Berggestalten. Ein schöner Berg hat etwas Ästhetisches. Natürlich steige ich auch mal mit Ski auf den Hirschberg, und das Runterschauen und die Abfahrt sind auch schön, aber als Berg hat der nichts sonderlich Ästhetisches. Auch beim Klettern geht es mir so: Eine Route, auch eine Erstbegehung, muss als Linie schön aussehen, damit sie mich motiviert.
Siehst du dich eher als Bergsportler oder als Bergsteiger?
Ich lebe vom Bergsteigen, also bin ich Bergsteiger. Mit dem Wort Sport assoziiere ich Turngeräte. Das Wort Steigen dagegen beinhaltet für mich eher den nötigen Ernst, und es hat auch etwas Martialisches, geradezu Archaisches. Sport ist für mich noch am ehesten das Klettern und Bouldern, wo Bewegungsfreude und Leistung eine Rolle spielen. Beim Höhenbergsteigen oder auf klassischen alpinen Linien können zwar auch mal tolle Bewegungen dabei sein, aber letztlich ist es doch Mühsal, Qual, Gefahr, alle Sinne müssen offen und angespannt sein – erst wenn die Tour vorbei ist, kommt das Glücksgefühl.
Was steckt für dich im Begriff „Expedition“?
Eine Expedition ist im besten Fall eine schöne Reise, gemeinsam mit Freunden und/oder einer guten Truppe; das kann auch bei einer geführten Expedition so sein, am Shivling habe ich es so erlebt. Ich hab nicht den totalen Bewegungsdrang. Ich bin nicht so wie die Leute, die nicht stillsitzen können, immer getrieben sind. Ich mach lieber nichts, statt nur etwas zu tun, damit etwas getan ist. Deshalb freue ich mich, bei Expeditionen auch mal rauszukommen aus dem Stress unserer Gesellschaft. Dort mache ich viel weniger Sport als Zuhause, das tut dem Körper auch mal gut. Eine Expedition ist für mich manchmal eher ein anspruchsvoller Wellnessurlaub.