Andreas Dick: Tod im Sommerloch
Bergkrimi
16.11.2017, 11:25 Uhr
Mann muss bei der Lektüre dieses ungewöhnlichen Bergkrimis oft schmunzeln oder lachen, auch wenn das Hintergrund-Thema für den Natur- und Bergfreund eher zum Weinen ist: Übererschließung und Kommerz in den Alpen.
Obwohl die Geschichte in einer fiktiven Alpengegend mit ebensolchen Figuren spielt, ist sie verdammt nahe an der Realität. Es lassen sich leicht Parallelen ziehen, und manches touristische Projekt im Buch, das heute übertrieben scheint, könnte in wenigen Jahren wahr werden. Etwa die „Wanderhalle“, wo sich der Bergwanderer an Laufbändern austoben und die herrliche Bergwelt unabhängig vom Wetter auf Großmonitoren genießen kann. Nicht alle Maßnahmen zur Tourismusförderung sind so naturschonend.
Die Seilbahnchefs aus vier Bergdörfern haben sich zusammengetan, um ihre Pläne durchzusetzen, darunter eine Skischaukel in einem Naturschutzgebiet und eine Bergstation mit Sommerrodelbahn – „eine hochkant gestellte Oktoberfestwiese, mit Fahrgeschäften, Weißbier und Dirndlromantik“, so einer der Protagonisten des Romans, der Polizist Haderbichler.
Doch dann beginnt eine Serie von Anschlägen gegen Erschließungsprojekte. Zuerst sind es vor allem Schulbubenstreiche, einfallsreich und schmerzlich für die Geldbeutel der Seilbahnmanager. Im Internet taucht ein Bekennerschreiben auf: „Die Alpen sind ein Zirkus – sie müssen zurück zur Natur. Ich bin der Naturator.“
Ob dieser „Naturator“ auch für den Absturz eines Ratrac und den Tod des Fahrers verantwortlich ist, bleibt lange unklar. Und es gibt mit fortschreitender Seitenzahl immer mehr Tote. Unfall, Selbstmord oder Mord?
Kommissar Haderbichler und der Internetredakteuer Felix Liebergsell sind dem Öko-Terroristen auf der Spur, und eine flotte Bergführerin, die attraktive Frau eines Seilbahnbesitzers und die russische Mafia mischen mit in der Geschichte, die immer mehr Fahrt aufnimmt, bis sie in einem völlig abgedrehten, aber logischen Showdown ihre Auflösung findet.
Diskussionsstoff amüsant verpackt
Diese Story konnte nur jemand erfinden, der die Berge liebt und kennt. Mit romantischen Landschaftsbildern und hautnah geschriebenen Erlebnissen beim Skifahren oder Klettern. Und zwischen den Zeilen ist immer wieder der Zorn und die Trauer des Autors zu spüren, der nicht akzeptieren will, dass die Berge als Kulisse, Sportgerät und Freizeitpark für Kunden präpariert werden. Allerdings macht er es sich nicht einfach mit dem Thema Alpen-Erschließung, das Für und Wider verschiedener Projekte wird aus vielen Perspektiven beleuchtet, ganz nebenbei, ohne dass dem Leser bewusst wird, etwas über Pumpspeicherseen oder Schneekanonen gelernt zu haben.
Die Lektüre ist nicht nur spannend und durch mal bissigen, mal feinen Humor amüsant, sie wirft auch Fragen auf. Was ist das größere Verbrechen? Eine Seilbahn im Naturschutzgebiet zu sprengen – oder sie zu bauen?
Kurzcheck
Info
Besonders geeignet für: Menschen, die Berge lieben, gern Amüsantes lesen und sich manchmal Gedanken über die Zukunft der Alpen machen.
Andreas Dick: Tod im Sommerloch, Panico Verlag, 2017, 292 Seiten, 12,90 Euro
ISBN: 9783956110900