Tosender Gebirgsbach
Bäche verleihen der Landschaft etwas Magisches, wie hier im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. Foto: DAV/Steffen Reich
Ein Who's who der Flüsse, Seen & Wasserfälle

Wasser in den Alpen

Bäche und Flüsse machen in der Gebirgslandschaft einen besonderen Reiz aus. Einige der wichtigsten Flüsse Mitteleuropas, wie der Rhein, die Rhone oder der Po, entspringen in den Alpen. Auch etwa 3.000-4.000 Seen prägen das Bild der Alpen – die genaue Anzahl ist schwer zu bestimmen, da die Seen stetigen Veränderungen unterliegen. Eine besondere Faszination üben Wasserfälle auf viele von uns aus, auch davon gibt es im Alpenraum einige spektakuläre Exemplare. Doch was genau macht Flüsse, Seen und Wasserfälle aus? Und wo finden sich alpine Superlative?

Wie entsteht ein Fluss?

Damit ein Bach oder Fluss entstehen kann, braucht es Wasser. Regenwasser zum Beispiel, das in den Boden sickert und so immer wieder Spalten, Ritzen und Hohlräume auffüllt. Damit steigt der Grundwasserpegel, das Wasser sucht einen Abfluss. An passenden Stellen, wo Lehm- oder Tonschichten sich nach außen öffnen, tritt es als Quellwasser hervor.

Die Wassermenge, die durch Gebirgsbäche und -flüsse in Richtung der großen Ströme des Flachlands fließt, ist dabei stark von der Jahreszeit abhängig. So wird das Wasser im Winter als Schnee gebunden, um dann im Frühling mit der Schneeschmelze in großen Mengen abzufließen. Da die Hochgebirgsböden wenig Speichervermögen besitzen, fließt das Wasser fast ungehindert ab. Wenn dazu starke Niederschläge kommen, kann dies zu katastrophalen Hochwässern und Murenabgängen führen.

Alpenflussrekorde

Der Frage, was nun genau einen Fluss zu einem Alpenfluss macht, kann man auf unterschiedliche Arten begegnen: Ist ein Alpenfluss ein Fluss, der ausschließlich in den Alpen fließt? Und wenn ja: Wo genau liegen die Grenzen der Alpen, wo genau endet dieser Fluss dann? Oder ist ein Alpenfluss ein Fluss, der aus den Alpen kommt? Und wenn dem so ist, wie weit reicht dann der alpine Einfluss?

Für unsere Rekordesammlung legen wir letztere Definition zugrunde.

Und somit ist der Rhein mit 1233 Kilometer der längste Fluss, der in den Alpen, genauer im Tomasee in Graubünden auf 2345 Metern, entspringt. Die Rhone mit Ursprung im Rhonegletscher in der Schweiz ist mit 812 Kilometern zwar nur drittlängster, dafür aber der wasserreichste Fluss Frankreichs. Und der französische Fluss Isère ist „nur“ 286 Kilometer lang, seine Quelle liegt aber dafür auf beachtlichen 2815 Metern, beim Col de la Vache nahe des Val d’Isère.

Im Tomasee auf 2345 Metern entspringt der Rhein. Foto: Pixabay/Jörg Vieli

Klima- versus Naturschutz?

Klar ist: wir brauchen die Energiewende, um das Klima zu schützen. Doch wie groß dürfen die Eingriffe in Wildflüsse oder generell in die Natur sein, die man dafür in Kauf nimmt?

Wasserkraft ist ein wichtiger Pfeiler der Energiewende. Und so macht die vielfältige Nutzung des Wassers auch vor den Alpen nicht Halt. Unzählige Staustufen an den Flüssen ermöglichen die Nutzung ihrer Wasserkraft. Durch das Errichten von Dämmen und die anschließende Überflutung alpiner Hochtäler werden Pumpspeicherkraftwerken ermöglicht, wie zum Beispiel das Pumpspeicherkraftwerk im Längental bei Kühtai. Gleichzeitig wird in besonders sensible Naturräume eingegriffen. Immer wieder regen sich daher heftige Proteste gegen neue Wasserkraft-Pläne in den Alpen, wie beim Wasserkraftwerk "Älpele" im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen. Umso wichtiger ist es, die wenigen noch verbliebenen Wildflüsse, beispielsweise die Obere Isar oder den Tagliamento in Italien, zu erhalten und auch über den Rückbau einzelner Kleinstwasserkraftwerke zu diskutieren.

Wie entstehen Seen in den Alpen?

Gerade im Sommer sind Bergseen für viele das Ausflugsziel schlechthin. Doch welchem Umstand haben wir ihre Existenz eigentlich zu verdanken?

Im Grunde gibt es drei Arten, wie Seen in den Bergen entstehen:

  • Gletscherschmelze: Insbesondere am Ende der Eiszeit – aber auch heute noch – sind durch das Abschmelzen von Gletschern viele Seen in den Alpen entstanden.

  • Bergrutsche: Gelegentlich blockiert herabgefallenes Gestein von Erdrutschen Wasserabflüsse und staut so Seen auf.

  • Künstliches Anlegen: Insbesondere seit dem 20. Jahrhundert werden immer mehr Seen künstlich angelegt. Sie dienen insbesondere der Energiegewinnung durch Wasserkraft sowie der Beschneiung in Skigebieten.

Der Schlegeisspeicher mit Staumauer von der Olpererhütte aus gesehen. Foto: Werner Beer

Bergseerekorde

Die flächenmäßig größten Seen der Gebirgsregion befinden sich vorwiegend am Rand der Alpen oder im Alpenvorland. So auch der mit 580 Quadratkilometern größte Alpensee, der auf der französisch-schweizerischen Grenze liegende Genfersee. Der Bodensee im Dreiländereck zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz ist mit einer Größe von 536 Quadratkilometern nur unmerklich kleiner. Auf dem dritten Platz liegt der mit 370 Quadratkilometern deutlich kleinere Gardasee.

Auch bei den tiefsten Alpenseen belegt der Gardasee mit 346 Metern den dritten Platz. Gold und Silber gehen in dieser Kategorie auch an Italien: an den Comer See mit 425 Meter Tiefe und den Lago Maggiore mit 372. Der Comer See hat noch eine weitere Besonderheit: Mit seiner prägnanten Y-Form ist er ein typisches Beispiel für einen durch Gletscherrückgang entstandenen See.

Der Gardasee schafft es hinsichtlich Größe und Tiefe aufs Treppchen. Foto: Pixabay/meineresterampe

Und wir bleiben in Italien: in der Region Vinschgau inmitten von Dreitausendern liegt mit dem Matscherjochsee auf einer Höhe von 3188 Metern der vermutlich höchstgelegene Alpensee. Der Schwarzsee in Österreich liegt auf 2792 Metern und ist der höchste Alpensee, in dem Fische vorkommen. Platz 3 geht an die Schweiz, an den Totesee (häufig auch: Totensee) im Wallis auf 2160 Metern.

Fallendes Wasser = Wasserfall?

Viele Wasserfälle sind als Ausflugsziel oder Fotomotiv mindestens so beliebt wie die berühmten Alpengipfel rundum. Häufig auch, weil das herabstürzende Wasser im Fels Becken – sogenannte Gumpen – erodiert, die an heißen Tagen meist eiskalten Badespaß versprechen. Aber was macht fallendes Wasser eigentlich zum Wasserfall? Das erste Kriterium ist klar: Wasser muss einen Höhenunterschied streckenweise im freien Fall überwinden – die Fallrichtung ist senkrecht, mindestens jedoch 45 Grad. Ist dies nicht gegeben, haben wir eher Stromschnellen als einen Wasserfall vor uns. Des Weiteren braucht es einen gewissen Höhenunterschied und eine ausreichende Wassermenge. Wenn der Höhenunterschied zu gering ist, handelt es sich um einen Katarakt; wenn nur wenig Wasser fällt, sprechen wir von Rieselfällen oder Tropfenschleiern.

Wasserfälle üben auf viele eine magische Anziehungskraft aus. Foto: DAV/Jens Klatt

Rekordverdächtige Wasserfälle

Um uns zu beeindrucken, sollte ein Wasserfall entweder besonders hoch oder besonders wasserreich sein. Und davon gibt es in den Alpen so einige.

Bekannt sind zum Beispiel die Krimmler Wasserfälle im Nationalpark Hohe Tauern. Sie fallen über drei Stufen 380 Meter in die Tiefe und gelten somit als höchste Wasserfälle in Österreich. In Deutschland, genauer im Berchtesgadener Land, südlich des Königssees, beeindruckt der Röthbachfall mit etwa 470 Metern und nahe Garmisch-Partenkirchen gelegen sind die Kuhfluchtwasserfälle mit rund 270 Metern Höhe. Der höchste Wasserfall der italienischen Alpen, die Cascate del Rutor, stürzt über drei Stufen beachtliche 700 Meter herab. In der Schweiz gibt es gleich zwei Wasserfälle mit Superlativen: der Mürrenbachfall im Berner Oberland ist mit 417 Metern der höchste; der bekannte Rheinfall auf der Grenze der Kantone Schaffhausen und Zürich ist zwar nur 23 Meter hoch, dafür aber mit 350 Kubikmeter passierendem Wasser pro Sekunde der wasserreichste Wasserfall in Europa.

In Slowenien gilt der Boka-Fall als höchster und gleichzeitig wasserreichster Wasserfall. Und in den französischen Alpen liegen der höchste und der wasserreichste Wasserfall nur wenige Kilometer voneinander entfernt: das Wasser der Cascade de Pissevache fällt aus geschätzten 450 Metern in die Tiefe, die Cascade du Rouget ist der wasserreichste Wasserfall – beide liegen bei Sixt-Fer-a-Cheval in der Region Haute Savoie.

Themen dieses Artikels