bergwachthalle-bad-tolz-(10).jpg
Wo Hubschrauber indoor fliegen

Trainingshalle der Bergwacht

Kletter- und Boulderhallen, Tennis- und Reithallen – alles bekannt, ein alter Hut. Im oberbayerischen Bad Tölz aber gibt es eine Halle, die ihresgleichen sucht: In der Trainingshalle der Stiftung Bergwacht wird unter realistischen Bedingungen die Hubschrauberrettung geübt. Ein neuer Hubschraubersimulator wurde nun eingeweiht.

Seit 15 Jahren fällt am Ortsrand von Bad Tölz, unweit von Eisstadion und der ehemaligen Kaserne, ein markantes Gebäude ins Auge: Wie ein riesiges Gewächshaus, mit durchsichtigen Fassaden, steht die Halle an einem Hang neben der Hauptstraße. Was darin stattfindet ist weltweit einzigartig.

An einem riesigen Deckenkran hängt die Kabine eines Hubschraubers. Durch eine Seilwindenkonstruktion kann dieser in allen Dimension durch die Halle „fliegen“, sich wie ein echter Hubschrauber um 360 Grad drehen und an verschiedenen Stellen landen und abheben. Der Clou an der Kabine: Sie ist mit einer Winde ausgestattet, ähnlich einer, wie sie an realen Rettungshubschraubern zum Einsatz kommt, so können Rettungseinsätze, wie sie gerade im Gebirge an der Tagesordnung stehen, realitätsnah trainiert werden. 100 „cycles“ pro Tag macht so ein Hubschraubersimulator im Training pro Tag, das bedeutet 100 mal steigt er unter das 20 Meter hohe Hallendach. Die Halle ist zudem mit einem Hausdach, einem Steilhang, einer Kletterwand und im Sommer für mehrere Wochen mit einem gefüllten Wasserbassin, für Wasserrettungen ausgestattet, um Rettungen in anspruchsvollem Gelände zu simulieren. Außerdem hängen Gondeln und Sessellifte in luftiger Höhe in der Halle, um die Rettung von Passagieren daraus üben zu können.

Der neue Hubschraubersimultaor in der Trainingshalle der Bergwacht ist dem Original detailgetreu nachgebildet. Im Hintergrund hängen Gondeln und Sessellifte, um die Rettung daraus üben zu können. Foto: Philipp Radtke

2000 Einsätze mit Hubschrauber pro Jahr

„Früher waren es Bergsteiger, die gerettet wurden, heute hat es sich gewandelt, immer öfter ist es der normale Tourist, der in Not gerät“, sagt Thomas Lobensteiner, Vorsitzender der Bergwacht Bayern. Allein die Bergwacht Bayern kommt im Jahr auf rund 2000 Hubschraubereinsätze pro Jahr. Wie wichtig diese sind, betont Flugretter Gerhard Opperer: „Windenrettungen retten Leben. Regelmäßig haben wir den Fall, wo wir in letzter Minute Leute vom Berg pflücken, das geht nur mit der Windenrettung“. Die Möglichkeit des Trainings in der Halle sind für ihn immens: „Der große Vorteil ist, dass hier im Training Situationen eingefroren werden können: Der Ausbilder kann dann in aller Ruhe korrigieren, Tipps geben und es kann so lange geübt werden, bis die Abläufe sitzen. Das alles ist im Training mit einem echten Hubschrauber so leicht natürlich nicht möglich.“

Der Hubschraubersimulator kann sich frei im Raum der 20 Meter hohen Halle bewegen. Foto: Philipp Radtke

Teams aus aller Welt

Zeit ist der kritische Faktor bei allen Rettungen. Der Hubschrauber ist mit Abstand die schnellste Methode zu Menschen in Not zu gelangen und diese ins nächste Krankenhaus zu transportieren. Zudem ist der Transport für Verletze nicht nur schnell, sondern vergleichsweise auch schonend: Der Abtransport mit Akia oder Rettungstrage, der Weiterweg (oft über schlechte Gebirgsstraßen) mit Geländefahrzeug und letztendlich dem Rettungswagen kann für die Retter*innen mühsam und für Verletzte schmerzhaft sein.

Die Halle hat über 13 Millionen Euro gekostet und wurde durch die Unterstützung des Freistaats Bayern und insbesondere durch Spenden aufgebracht. Die Halle hat heute kaum Standzeiten, in zwei Schichten wird hier trainiert, Teams aus aller Welt kommen hierher, um zu üben. Allein aus Deutschland sind neben der Bergwacht, beispielsweise das THW, die Polizei, das Spezialeinsatzkommando, die Bundeswehr, und die Wasserwacht regelmäßig zugegen. Das Training in der Halle spart nicht nur teure „echte“ Hubschrauberstunden, sondern auch reichlich CO².

Nicht nur die Bergwacht trainiert in dieser Halle, sondern beispielsweise auch die Bundeswehr, das THW, die Wasserwacht und das Sondereinsatzkommando. Foto: Philipp Radtke

Ende Februar wurde nun in der Trainingshalle ein neuer Hubschraubersimulator eingeweiht. Die Kanzel gleicht bis ins Detail der des Airbus Helikopters H145M, dem Model mit dem auch die Bayerische Polizei zukünftig ausgestattet sein wird. Lautsprecher außen und innen sorgen für eine realistische Geräuschkulisse, über der Kanzel sind Ventilatoren angebracht, die den „Downwash“, den von den Rotoren erzeugten Abwind, simulieren. Ein effektives Training unter optimalen Bedingungen ist somit auch für die nächsten Jahre sichergestellt.

Neben Vertreter*innen aus der Politik durfte natürlich auch der geistliche Segen bei der Einweihung nicht fehlen und so packte Pfarrer Wurzer das Weihwasser aus, nachdem er bemerkte „Das Fliegen im kirchlichen Sinne ist ja die Himmelfahrt und diese ist ja quasi ein One-Way-Ticket. Und dafür braucht es keine Simulation.“

Spenden

Die Stiftung Bergwacht wird ihren Standort in Bad Tölz weiter ausbauen, auch die Trainingsmöglichkeiten sollen noch erweitert werden. Wer dies durch eine Spende unterstützen möchte finde hier alle Informationen.

Themen dieses Artikels