Konträre Erwartungshaltung
Die „erwachsene“ Vorstellung einer Bergwanderung ist in der Regel stark zielorientiert geprägt: Zum Gipfel soll es gehen, der Weg dahin soll schön und abwechslungsreich sein. Die kindliche Erwartung hingegen ist auf spielerisches Entdecken, Erkunden, Steigen, Laufen, Kraxeln ausgerichtet. Die Kunst liegt darin, beide Ziele zusammen zu bringen. Die richtige Tourenwahl und -planung spielt dabei eine zentrale Rolle. Die gewählte Tour muss in Länge und Schwierigkeit dem koordinativen und konditionellen Können der Kinder (und natürlich der Eltern) entsprechen. Wobei zu leicht (z.B. breite Forstwege) schnell als langweilig empfunden wird. Es gilt: fordern ohne zu überfordern. Ideal sind kleinere Steige ohne Absturz- oder ernsthafte Verletzungsgefahr. Abwechslungsreiche Untergründe wie Wiesen, Wurzeln, Blöcke, Geröll und Fels wecken schnell das Interesse der Kinder am koordinativen Spiel mit dem Gelände. Gibt es zudem Interessantes am Wegesrand zu entdecken wie Flora, Fauna, Seen oder Wasserfälle sind dies ideale Voraussetzungen für eine gelungene Tour. Tourenlänge, Zeitplan, Wetter und Wegeverhältnisse müssen mit ausreichendem Puffer geplant werden, um genug Zeit für Pausen, fürs Spielen und Erkunden zu haben, ohne in Dunkelheit oder Schlechtwetter zu geraten.
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Ausrüstung
Auch Kinder freuen sich über funktionelle und leichte Bergsportausrüstung. Gut profilierte, dennoch flexible, nicht zu feste Trekking- oder Zustiegsschuhe und Funktionskleidung im Zwiebelprinzip mit ausreichender Wärmefunktion sind die Basisausrüstung. Kinder wollen häufig einen eigenen Kinderrucksack, der sollte sinnvoll und nur mit leichten Dingen bepackt sein. Zudem nützlich ist ein Fernglas zur Tierbeobachtung, eine Lupe zum Untersuchen von Gestein und Gewürm und ein Taschenmesser zum Schnitzen. Für die Standardausrüstung (Notfall, Brotzeit, Kälte- und Sonnenschutz) stehen natürlich die Eltern in der Verantwortung.
Durchführung
Bergwandern ist Ausdauerbelastung. Man marschiert in gleichmäßig gemächlichem Tempo über mehrere Stunden dahin, um die oben beschriebene Gipfel-Zielsetzung zu erreichen. Kinder von dieser Art der kontemplativen Fortbewegung überzeugen zu wollen, ist ähnlich erfolgversprechend wie eine Schnecke zum Sprint animieren zu wollen. Kinderwandern läuft im Stop-and-Go ab, ständige Pausen zum Entdecken, Anschauen oder Anlangen von Steinen, Tieren oder Blumen müssen eingeplant und möglich sein, ebenso viel Zeit zum Spielen oder Erkunden und natürlich braucht es öfters Snack- und Trinkpausen. Als Eltern kann man versuchen das Interesse der Kinder an den unterschiedlichen Attraktionen am Wegesrand wie Tieren, Blumen, Wasserfällen und Seen zu wecken, häufig reicht es aber auch, Kindern Zeit und Raum zu geben, um interessante Dinge zu erkunden und zu entdecken. Im Rahmen dessen, was sicherheits- und naturverträglich vertretbar ist, sollte Kindern auch der Ausflug ins weglose Gelände ermöglicht sein, um Natur zu befühlen und zu erleben. Die Eltern definieren dabei klar die Grenzen und setzen deren Einhaltung auch durch. Dies ist insbesondere an steileren oder ausgesetzten Passagen nötig, an denen Gefährdung für Kinder und andere besteht. An solchen Passagen gehen die Erwachsenen vorneweg, geben den idealen Weg vor und unterstützen gegebenenfalls. An leichteren Wegpassagen ist es für Kinder oft motivierender, selbst als Wegfinder*in oder Bergführer*in vorneweg zu gehen und auch das erste Orientieren mit der Karte kann da dazu gehören. Rollenspiele und kleine Herausforderungen können zusätzlich helfen, von Etappe zu Etappe die Motivation aufrecht zu halten (siehe Kasten). Die besten Ideen haben dabei oft die Kinder selbst. Wenn auf der Wanderung eine Hütte oder als Gipfel als Ziel gesetzt ist, kann das auch für Kinder motivierend sein, insbesondere wenn oben eine Belohnung (Einkehr, Brotzeit) wartet. So faszinierend für uns Fernsicht und Gipfelpanorama sind, so wenig interessiert es Kinder, ob das da drüben der Großvenediger ist. Viel spannender ist es hingegen, im Tal das geparkte Auto, das eigene Haus oder den Bahnhof zu sehen.
Hüttenübernachtungen
Hüttenübernachtungen sind mit der richtigen Vorbereitung für Kinder ein tolles Erlebnis. Die Nacht im Gemeinschaftslager, Wäsche und Toilette im Waschraum mit anderen, ist erst mal etwas befremdend. Auch die Einhaltung von Hüttenregeln und das Vermeiden übermäßigen Lärmens sollte von den Eltern vermittelt werden. Hilfreich sind Hütten, die verstärkt auf Kinder ausgelegt sind, oder deren Hüttenwirtsleute selbst Kinder auf der Hütte haben. Hier gibt es häufig genügend Spielmöglichkeiten in und um die Hütte.
Der DAV verleiht geeigneten Hütten das Siegel „Mit Kindern auf Hütten“. Hier sind unter anderem altersgemäße Touren-, Erlebnismöglichkeiten, Zustieg, Hüttenumfeld und Verpflegung kindertauglich und auch die Ausstattung ist kindgerecht (Spiel- und Lesematerial, Tagesraum für Familien, Hochstühle, etc.).
Ob bei Planung, Durchführung, Pausengestaltung oder Spielideen: Eltern sollten die Kinder miteinbeziehen und Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen. Auch wenn die Entscheidungshoheit und Verantwortung letztendlich natürlich immer bei den Erwachsenen liegt.
Spieltipp
Tannenzapfen
Ob in der Pause, als Staffelwettkampf oder als Motivation für die nächsten 100 Meter: Jedes Kind (und jeder Erwachsene?) klemmt sich einen Tannenzapfen zwischen die Beine, dieser wird ohne Festhalten bis zu einem festgelegten Ziel (z.B. nächste Wasserrinne, Pfütze, Loch o.ä.) transportiert. Hier muss der Tannenzapfen treffsicher in das Ziel „abgeworfen“ werden – was durchaus lustig aussieht.