Armenisches Kloster in felsiger Landschaft
Das armenische Kloster Norawank stammt aus dem 13. Jahrhundert. Foto: Nadja Birkenmeier
Bergurlaub in Armenien

Wandern zwischen Klöstern

Bei einem Bergurlaub in Armenien sind meist nicht die Gipfel das Ziel, sondern die unzähligen Klöster, die oft an beeindruckenden Standorten mit ihrer unverwechselbaren Architektur das Landschaftsbild ergänzen, oder die Wandertouren auflockern. 

Von: Nadja Birkenmeier 

Gelegen zwischen den Ländern des Großen Kaukasus Georgien und Aserbaidschan, erstreckt sich Armenien fast über den gesamten Niederen Kaukasus. Abgesehen vom Mt. Aragat (4090m), einem einzeln stehenden Vulkankegel in Sichtweite des imposanten, auf türkischer Seite gelegenen Mt. Ararat (5165m), gibt es in diesem Land keine herausragenden Berggipfel-Ziele. 

Nicht die hohen Berge, sondern die tiefen Schluchten beeindrucken hier mit atemberaubenden Ausblicken.  

Schon von Yerevan (Jerewan/Eriwan) aus kann man schnell die ersten Wanderziele erreichen und der Sommerhitze der Stadt ein wenig entkommen. Entlang der Schlucht des Flusses Azat gelangt man vom hellenistischen Garni Tempel aus dem 1. Jahrhundert, vorbei an den beeindruckenden Basaltsäulen Symphony of Stones, zum Kloster Geghard, das am oberen Ende der Schlucht zum Teil aus dem Fels gehauen, und zum Teil gemauert ist. 

Ein weiteres Highlight wurde für uns die Wanderung aus dem Yeghegis-Tal heraus zu den alten Festungsmauern Smbatabert und weiter zum Kloster Tsaghatskar. Hier trafen wir zum ersten Mal auf den Transcaucasian Trail, der ganz Armenien und Teile von Georgien und Aserbaidschan durchzieht, und dort, wo wir auf ihm wanderten, gut ausgeschildert und markiert ist. Er verbindet so ziemlich alle Highlights der armenischen Berge miteinander. Das Tal überrascht durch sein grünes Ambiente in der sonst sehr trockenen Umgebung. Es ist gut von Yeghignadzor aus zu erreichen, ebenso wie das Kloster Norawank, das am Ende einer engen Klamm zwischen hoch aufragenden roten Felsen thront, die im Sonnenuntergang zu glühen beginnen.

Die Höhlen von Alt-Chndsoresk waren teilweise bis Mitte des 20. Jahrhunderts bewohnt. Foto: Nadja Birkenmeier

Der Hitze dieser Umgebung mussten wir dann aber schnell entfliehen, indem wir nach Goris weiterfuhren. Von hier aus wanderten wir durch die verlassenen Dörfer von Alt-Goris und Alt-Chndsoresk, die zum Teil aus ausgebauten Höhlen in Tuffgestein-Kegeln bestehen, die aus grünen Schluchten herausragen. Hier startet auch der Syunik-Legends-Trail, der viele alte Dörfer, Klöster und Schluchten der Provinz Syunik in 14 Tagesetappen miteinander verbindet. Man kann im Zelt oder in den Dörfern übernachten.

Das Kloster Tatev wurde im Jahr 895 gegründet. Foto: Nadja Birkenmeier

Zwei Highlights dieses Trails pickten wir uns noch heraus: Den Tatev-Rundtrip ausgehend vom beeindruckenden Kloster Tatev in die Schlucht hinab zur Einsiedelei und wieder hinauf, und die Worotan-Schlucht. In dieser Schlucht starteten wir von der Devil’s Bridge, einer Brücke über eine brodelnde Klamm, die sich aber bald etwas weitet, um auch noch dem Wanderweg Platz zu bieten. Hier hatten wir ausreichend Möglichkeiten, der Hitze durch ein Bad im Fluss zu entkommen, der uns mit sehr fleißig knabbernden Fischen überraschte.  Am Ende durften wir die Berghänge wieder hinaufsteigen und die Aussicht zurück über die Schlucht bei einer erneuten Abkühlung in der Quelle und Tränke des alten verlassenen Dorfes Halidzor genießen. 

Die Worotan Schlucht lädt auch mal zu einem kleinen Bad ein. Foto: Nadja Birkenmeier

Im stark bewaldeten Dilijan konnten wir Bikes ausleihen – eine willkommene Abwechslung zum Wandern, allerdings sahen die buchenbewachsenen Berge ein bisschen aus, wie im schon bekannten heimischen Mittelgebirge, so dass wir schnell weiterzogen.  

Die Geschichten von draußen

Immer wieder schicken uns DAV-Mitglieder und andere Bergbegeisterte E-Mails mit tollen Geschichten und Erlebnissen von draußen in die Redaktion. Es sind Geschichten aus den Bergen oder anderswo in der Natur. Mit der Online-Rubrik "Geschichten von draußen" schaffen wir eine Möglichkeit, all diese Geschichten und Erlebnisse zu teilen. Und alle, die lieber lesen als schreiben, finden hier Unterhaltung, Inspiration und vielleicht schon Planungsgrundlagen für die eigene nächste Tour. Die Geschichten ersetzen keine individuelle und sorgfältige Tourenplanung.

Du hast auch eine Geschichte? Dann schick sie gerne an dav-panorama@alpenverein.de.

Gegen Ende jedes Jahres wird über die besten Geschichten abgestimmt – die Autor*innen der Gewinner-Storys dürfen sich über einen tollen Gutschein freuen.

Der Debed Canyon weit nördlich, kurz vor der Grenze zu Georgien, überzeugt mit seiner Vielfältigkeit. Viele Wanderungen unterschiedlichsten Charakters, ein Ausritt zu Pferde und Rafting bieten hier viel Abwechslung. Die schönen Berge werden auch hier wieder von mehreren tief eingeschnittenen Canyons durchzogen. Besonders gefallen und mit ihrem Abwechslungsreichtum überrascht hat uns die Wanderung vom Kloster Sanahin in Alaverdi zum Kloster Haghpat. Wir wanderten durch lebendige Dörfer, beweidete Wiesen, Felder, durch Buchenwälder, über Bäche, mal leicht, mal anspruchsvoll, immer mit schönem Ausblick und den obligatorischen Klöstern und hatten das Gefühl richtig in das Land Armenien eintauchen zu können. 

Die Wanderwege auf dem Transcaucasian Trail sind meist gut markiert. Foto: Nadja Birkenmeier

Und wenn es nicht schon in der Morgensonne so erbärmlich heiß gewesen wäre, hätten wir wohl die Wanderung von der Kathedrale Odzun zum Kloster Kobayr zu unserem Favoriten gewählt. Immer unterhalb des Canyonabbruchs mit sonniger Südost-Ausrichtung folgten wir alten Hirtenpfaden. Gewundert haben wir uns über viele ausgeblichene Rinderkopfknochen, die, wie wir später erfuhren, für die dort lebenden Geier aus dem Dorf über den Canyonabbruch geworfen werden. Genossen haben wir den Duft des Cola-Krauts (Eberraute), das ebendiesen Geruch extrem stark auf der gesamten Wanderung verbreitete. Erschrocken haben wir uns vor dem Rascheln am Wegesrand, das sicherlich oft Eidechsen verursachten, aber auch mal Schlangen. Gefreut haben wir uns deshalb über unsere dicken, schützenden Wanderschuhe, in denen wir nun nicht umsonst schwitzten. Erleichtert waren wir, als es plötzlich unzählige Quellen aus dem Felsen drückte und sich der Charakter des Weges schlagartig änderte, von einer aussichtsreichen, aber schattenlosen vertrocknenden Hitze zu einem feuchten, schattigen und kühlen Buchenwald. Und beeindruckt waren wir von dem riesigen steilen Felskessel, in dem die Ruinen des Klosters Kobayr am Ende dieser Wanderung liegen. 

Auf den Dorfstraßen herrscht abends viel Verkehr. Foto: Nadja Birkenmeier

Weitere Infos:  

Die beste Reisezeit ist Frühjahr oder Herbst. 

Alle beschriebenen und weitere Wanderungen gibt es auf alpenvereinaktiv.com, weitere Wanderungen inklusive des Syunik-Legends-Trail unter hikearmenia.org, und wer gerne den transkaukasischen Weitwanderweg angehen will, findet hier alle Infos: transcaucasiantrail.org

Besonderheiten Armeniens: 

  1. Die Schrift, die sogar eigene Ziffern schreibt 

  2. Unaussprechliche Ortsnamen, die man sich nicht merken kann, und die mit verschiedenen Schreibweisen zusätzlich zu Verwirrung führen 

  3. Trinkbrunnen in Städten und Dörfern, viele befestigte Quellen an Straßen und Wanderwegen 

  4. Vertrauenswürdige Taxifahrer (außerhalb von Yerevan) 

  5. Marschrutki (Minibusse) 

  6. Ausnahmslose Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Einheimischen 

  7. Kräuterdüfte und Sommerblüten auf den Wanderwegen, die immer gut markiert sind 

  8. Schmackhafte Spezialitäten 

  9. Freundliche Straßenhunde 

  10. Keine Wanderung ohne Kloster oder wenigstens eine Kirchenruine mit typischen Steinkreuzen 

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