Person im Schnee mit Lawinenschaufel in der Hand
Neben der Sonde ist die Lawinenschaufel ein wichtiger Bestandteil der LVS-Ausrüstung. Foto: DAV/Marco Kost
Materialkunde

Schaufel und Sonde

220 Zentimeter stehen als kleinster Wert im Display des Suchgerätes! Besser wird’s nicht. Und jetzt? Sonde und Schaufel, aber pronto! Der größte Teil der Arbeit steht nämlich noch bevor. Gemessen daran finden diese Werkzeuge für Punktortung und Ausgrabung nur wenig Beachtung. Also los!

Welche Merkmale zeichnen eine gute Lawinensonde aus?

Sondenkopf:

  • Aus Metall, vorne spitz, pfeilartige Form

  • An der dicksten Stelle geringfügig größer im Durchmesser als die einzelnen Segmente → weniger Reibung beim Sondieren

Segmente:

  • Zusammensteckbar, aus Aluminium oder Carbon

  • Ausreichend großer Durchmesser, um beim Sondieren nicht zu verlaufen → Kompromiss aus Steifigkeit und geringem Gewicht

  • Skalierung in Zentimetern für die rasche Ermittlung der Verschüttungstiefe der verunfallten Person → wichtig für die Vorgehensweise beim Ausgraben

  • Griff, z.B. Gummierung am obersten Segment → flinkes Arbeiten auch bei maximaler Sondierungstiefe

  • Mindestlänge der montierten Sonde ca. 240 cm

  • Einteilung in bspw. sechs Segmente zu je 43,5 cm bei einer Überlappung von je 3,5 cm → praktisches Packmaß

Wie baut man eine Lawinensonde zusammen?

  • Sonde auswerfen und dabei das oberste Segment am Griff mit einer Hand festhalten.

  • Kabelzug mit der anderen Hand spannen, bis die Segmente ineinandergreifen und der Arretierungsmechanismus einrastet.

Wie sondiert man richtig?

  • Ausgangspunkt ist die Stelle mit dem kleinsten Distanzwert im Display des Lawinenverschüttetensuchgerätes (LVS). Dieser Distanzwert gibt Hinweise auf Verschüttungstiefe und Sondierbereich.

  • Der Ausgangspunkt wird markiert (z.B.: Mütze).

  • Ausgehend vom markierten Punkt wird die Sonde im Abstand von 20 bis 30 cm in den Schnee eingestochen.

  • Der Verlauf der Einstiche orientiert sich an einem Muster: entweder eckige Spirale oder Koordinatensystem.

  • Die Einstiche erfolgen im 90-Grad-Winkel zur Schneeoberfläche.

  • Ein Treffer wird am „Federn“ der Sonde und geringerer Schneeüberdeckung erkannt und kommuniziert. Die Sonde bleibt als Bezugspunkt stecken!

  • Elektronische Sonden (ca. 100 bis 210 €) erfordern keinen direkten Treffer. Sie reagieren mit einem Dauerton und Lichtsignalen am obersten Segment, sobald die Sondenspitze weniger als einen halben Meter vom sendenden LVS entfernt ist. Das Ausgraben kann dann beginnen. (Mehr zur korrekten Anwendung elektronischer Sonden bei H. Mittermayr in: Lawinen – Erkennen, Beurteilen, Vermeiden, Salzburg 2021)

Welche Merkmale zeichnen eine gute Lawinenschaufel aus?

Schaufelblatt

  • Material: Aluminium

  • Ausreichende Größe – eine Verschüttungstiefe von 150 cm bedeutet eine zu schaufelnde Schneelast von ca. 1500 kg

  • (Leicht) hochgezogener Schaufelrand – sonst rutscht der Schnee vom Schaufelblatt

  • Scharfe Schaufelblattschneide zum Abstechen von hartem Schnee

  • Löcher oder Ausfräsungen zum Bau eines Skischlittens für verletzte Personen

Schaufelstiel

  • Material: Aluminium

  • Ausziehbar – ein längerer Stiel bedeutet einen größeren Hebel → schnelleres und effektiveres Schaufeln

  • Gummierung am unteren Teil des Stiels gegen Abrutschen

  • Ovale Form → mehr Stabilität, besseres Zupacken

Griff

  • Material: Kunststoff

  • Für rechts- und linkshändische Nutzung gleichermaßen geeignet

  • Montagemöglichkeit des Schaufelblattes im 90-Grad-Winkel als Hacke oder zum Abräumen von bereits zur Seite geschaufeltem Schnee

Verbindung

  • Passgenauigkeit → kein Eindringen von Schneekristallen zwischen den beiden Teilen des Stiels oder zwischen Blatt und Stiel

  • Senkknöpfe kombiniert mit ausreichen starken Flachblechfedern → kein Spiel, kein Wackeln

Preis

Wie baut man die Lawinenschaufel zusammen?

  • Schaufelstiel in die Aufnahme am Schaufelblatt einführen, dabei evtl. den Senkknopf am Stiel gedrückt halten.

  • Das Eindringen von Schnee in die Aufnahme am Schaufelblatt vermeiden!

  • Teleskopierbaren Schaufelstiel ausfahren, dazu Senkknopf/Senkknöpfe gedrückt halten!

Wie schaufelt man richtig?

  • Bezugspunkt ist die Sonde an der Trefferstelle, die Skalierung zeigt Verschüttungstiefe an.

  • Talseitig graben, Abstand mind. Verschüttungstiefe. Wenn Gelände flach, mehrere Rettende: Abstand 1,5-2x Verschüttetentiefe.

  • Bei zwei Rettenden graben beide vorne.

  • Bei drei Rettenden graben zwei vorne nebeneinander, eine*r räumt dahinter.

  • Bei vier Rettenden graben zwei vorne nebeneinander, zwei räumen dahinter.

  • Ist die verschüttete Person erreicht, Kopf lokalisieren, Atemwege freilegen. Keine Atmung? Fünf Atemspenden, dann Reanimation beginnen!

Wie transportiert man Schaufel und Sonde?

  • Um Verlust, Vereisung und Verletzungen bei Stürzen vorzubeugen, werden Schaufel und Sonde im Rucksack transportiert.

  • Schaufelstiel und Sonde werden der Länge nach getrennt voneinander zur linken bzw. zur rechten Seite im Rucksack verstaut. Das Schaufelblatt kommt mit der Schneide nach oben mittig dazu.

  • Diese Anordnung bildet eine Art Rahmen, der den Rückenbereich bei Stürzen schützen kann.

Achtung

  • In einer Lawine verschüttet zu werden, bedeutet Lebensgefahr (Todesursachen: Ersticken, schwere Verletzungen etc., vgl. ÖKAS Snow Institute 2023). Darum gilt natürlich: Am besten gar nicht erst in eine Lawine geraten!

  • Defensive Tourenplanung und verantwortungsbewusstes Risikomanagement werden empfohlen.

  • Im Fall eines Lawinenabgangs: Möglichst nicht verschüttet werden! Hierbei kann evtl. ein Lawinenairbag helfen.

  • Im Fall einer Personenverschüttung: Priorität der Kameradenrettung! Wer das Suchen, Sondieren und Schaufel nicht übt, versagt im Ernstfall!

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