Im Wettkampf müssen komplexe Einzelzüge und komplizierte Bewegungsabläufe in einer vorgegeben Zeit bewältigt werden: Ziel ist es, den Topgriff, also den obersten Griff, mindestens drei Sekunden lang stabil zu halten. Beim Bouldern ist vor allem Maximalkraft gefragt. Diejenigen Kletterinnen und Kletterer, die an der Weltspitze dabei sein wollen, brauchen darüber hinaus ein hohes Maß an Athletik, eine sehr gute Beweglichkeit und ein ausgeprägtes Koordinationsvermögen. Akrobatische Bewegungsabläufe, Sprünge oder ungewöhnliche Körperpositionen gehören mittlerweile zum abgefragten Repertoire bei den Wettkämpfen. Durch seine spektakulären Bewegungen, viel Action in kurzer Zeit sowie dem publikumsfreundlichen Modus hat das Wettkampfbouldern in den vergangenen Jahren stetig an Anziehungskraft gewonnen. Zu beim Boulderweltcup, der höchsten internationalen Wettkampfserie, sind inzwischen regelmäßig mehrere tausend Besucher*innen dabei.
Wertung beim Bouldern
Jede Starterin und jeder Starter hat pro Boulder ein gewisses Zeitkontingent. Wie lang das ist, hängt vom Wettkampf und der Wertungsrunde ab. Im Weltcup-Finale haben Teilnehmer zum Beispiel vier Minuten Zeit, sich an einem Boulder zu versuchen.
Bei jedem der Boulderprobleme gibt es einen markierten Zonen- und Topgriff. Der Zonengriff ist ein durch eine Plakette markierter Griff in etwa der Mitte des Boulderproblems – er dient als eine Art Zwischenwertung. Der Topgriff bildet hingegen das Ende der Route – er ist ganz oben angeschraubt. Optimal ist es, einen Boulder zu flashen, also sowohl den Zonengriff, als auch den Topgriff im ersten Versuch zu halten. Dies wird in den Wertungen als „1t1z 1 1“ dargestellt, also ein Top (t) und eine Zone (z) im ersten Versuch („1 1“). Bei der Zone reicht das kontrollierte Halten mit einer Hand, für das Top ist eine stabile Körperposition notwendig. Je mehr Tops geklettert werden können, umso besser. Doch auch die Zonen-Griffe sind wichtig: Nicht jeder Boulder wird von jedem Kletterer bewältigt, die Zone gilt daher als eine Art Zwischenwertung, die in der Praxis überaus entscheidend ist.
Mit der Wertung „4t4z“ bei einem Finale eines Weltcups würde eine Athletin beziehungsweise ein Athlet ziemlich unangefochten an erster Stelle stehen: Er oder sie hätte alle vier Boulderprobleme, die man in einem Weltcup-Finale klettern muss, geschafft – was allerdings angesichts der Schwierigkeit der Boulder nur sehr wenigen Talenten gelingt.
Liegen zwei oder mehr Teilnehmer*innen nach der Anzahl der Top-Begehungen gleichauf, ist die Zahl der gehaltenen Zonen entscheidend. Herrscht auch hier Gleichstand, werden als nächstes die Versuche gewertet, die gebraucht wurden, das Boulderproblem zu klettern. Ein „Versuch“ gilt als begonnen, wenn die Athletin oder der Athlet mit dem gesamten Körper den Boden verlassen hat. Unzulässige Wandkontakte werden als Versuch gewertet – das gilt auch, wenn sie oder er andere als die erlaubten und markierten Startgriffe und Starttritte berührt.
Als drittes Kriterium zählen also die Versuche, die man für das Erreichen des Zielgriffes benötigt. Sie werden im Anschluss miteinander addiert und als Zahl ausgegeben. Hat ein*e Athlet*in sich vergeblich bemüht, das Ziel zu erreichen, fließen seine bzw. ihre Versuche an dieser Route natürlich nicht in die Gesamtwertung mit ein. Gleiches gilt für die Zone. Die Zonenversuche bilden die vierte und letzte Grundlage des Rankings. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin bekommt also vier Nummern „4t4z 4 4“. Das bedeutet: Vier Tops und vier Zonen zu insgesamt je vier Versuchen. Im Klartext hieße das in diesem Fall: Jeder Top wurde im ersten Versuch geschafft (Flash), bravo!
Ablauf eines Wettkampfs
Nominierung
Bei internationalen Wettkämpfen werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die Bundestrainer nominiert. Beziehungsweise haben sie sich bei Qualifikationswettkämpfen einen Platz für den Start bei einem Weltcup gesichert. Anders sieht dies auf nationaler Ebene aus: Bei der Deutschen Meisterschaft sind die Athletinnen und Athleten des Bundeskaders automatisch startberechtigt. Auch sind die deutsche Meisterin sowie der deutsche Meister aus dem Vorjahr gesetzt. Dazu kommen noch jeweils acht Starterinnen und Starter aus den drei Regionen Nord-Ost, Süd und West, diese müssen sich bei den jeweiligen Landesmeisterschaften qualifizieren.
Qualifikation
Damen und Herren starten nicht gemeinsam, sondern zeitversetzt in zwei verschiedenen Wettkämpfen. In der Regel sind durch die großen Teilnehmendenzahlen die Geschlechter nochmal in zwei Gruppen aufgeteilt. Das heißt, es gibt eine Reihe an Bouldern für Gruppe A und Gruppe B der Herren und Gruppe A und B bei den Frauen.
Die Startreihenfolge ergibt sich aus dem Ranking. Das heißt: diejenigen, die im Vorjahr beziehungsweise in der laufenden Saison die vorderen Plätze belegt haben, dürfen als erste an die fünf Boulder. Das hat den Vorteil, dass sie nicht stundenlang in der Isolations-Zone (Iso) verbringen müssen und die Griffe noch nicht „schmieren“, also rutschig sind. Jede*r Wettkämpfer*in hat für einen Boulder fünf Minuten Zeit, dann geht es wieder in die Iso, dort hat man fünf Minuten Pause, bis es an den nächsten Boulder geht. Für die nächste Runde, das Semifinale, qualifizieren sich bei den Damen und Herren die jeweils besten 20 Kletterinnen und Kletterer aus der Qualifikation. Wird in Gruppen gestartet, kommen die besten zehn aus Gruppe A und die besten zehn aus Gruppe B weiter. In allen Runden muss „onsight“ geklettert werden, das bedeutet, dass sich die Starter*innen nicht gegenseitig beobachten und auch die Routen nicht vorher gesehen haben dürfen. Dafür gibt es die „Iso“. Hier müssen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor den Wettkampf hinein und ihre Handys abgeben. Erst dann werden die Boulderprobleme dem Publikum gezeigt bzw. an die Wand geschraubt. Dadurch ist es keinem Teilnehmenden möglich, einen Informationsvorsprung zu bekommen. Im Wettkampf selbst ist die Anzahl der Versuche unbegrenzt, Tops werden aber nach Ablauf der vorgegeben Zeit nicht mehr gewertet.
Semifinale
Im Semifinale, das am Tag nach der Qualifikation stattfindet, gibt es vier Boulder. Hier ist die Reihenfolge anders: Der Zwanzigste nach der Quali ist der erste Starter im Halbfinale, der Erste der letzte Starter. Gleiches gilt für die Damen. Auch im Semi hat jede Kletterin und jeder Kletterer fünf Minuten Zeit, um einen Boulder zu meistern. Die jeweils sechs Besten aus dieser Runde sind dann im Finale dabei. Auch hier gilt: je mehr Boulder in möglichst wenigen Versuchen geschafft werden, umso besser ist das für das Ergebnis. Damen und Herren starten parallel.
Finale
Auch hier gibt es wie im Halbfinale vier Boulder. Diese dürfen vor dem Beginn gemeinsam zwei Minuten lang besichtigt werden. Der/die Sechstplatzierte nach dem Halbfinale ist dann als Erste*r am Start. Maximal vier Minuten hat er/sie dann Zeit, um einen Boulder möglichst zu toppen, dann geht es wieder in die Zwischenisolation. Erst wenn alle sechs Startende an der Reihe waren, geht es weiter zum nächsten Boulder. Das Damenfinale und das Herrenfinale finden getrennt voneinander statt.
Amtierende Deutsche Meister im Bouldern sind bei den Damen Lucia Dörffel (DAV Chemnitz) und bei den Herren Elias Arriagada Krüger (DAV Alpinclub Berlin). – Hier ein Link zur Meisterschaft 2025.