Teil 2 von 5: 2025 haben sich Max Kleesattel, Alma Bestvater, Sandra Hopfensitz, Leonie Lochner und Christoph Hanke aus dem internationalen Wettkampfgeschehen zurückgezogen. Fünf Persönlichkeiten, die den Sport lange geprägt haben:
Christoph Hanke im Gespräch
Nach 17 Jahren Wettkampfsport geht auch Christoph Hanke neue Wege. Bevor wir einen Blick auf seinen sportlichen Werdegang, Stammzellenspende oder Comeback nach einer Schulterverletzung legen, lassen wir Chris selbst zu Wort kommen:
Wer oder was hat dich auf deinem Weg am meisten geprägt?
Eigentlich alles ein bisschen. Die tägliche Routine, das viele Reisen, die Begegnungen mit Menschen aus aller Welt, Verletzungen – und vor allem die Auseinandersetzung mit mir selbst. All das hat mich zu dem gemacht, wer ich heute bin.
Was nimmst du aus dem Sport für deine persönliche Zukunft mit?
Sehr viel! Viele Dinge aus dem Leistungssport lassen sich wunderbar auf den Alltag übertragen: Ziele klar zu priorisieren, Routinen zu entwickeln, Körper und Geist fit zu halten, und die Überzeugung, dass Disziplin und Fleiß sich immer auszahlen.
Was war dein Karriere-Highlight?
Ein einziges Highlight kann ich gar nicht nennen – jedes Ereignis hatte zu seiner Zeit seine eigene Bedeutung. Natürlich waren der 6. Platz im Lead-Weltcup, der Titel des Deutschen Meisters oder die Bronzemedaille im Europacup besondere Momente. Aber genauso unvergesslich war zum Beispiel die erste Weltcup-Qualifikationsroute in China nach meiner zweijährigen Verletzungspause. Das war emotional fast noch intensiver als manch ein Podestplatz.
Gab es einen Moment, in dem du dachtest: „Jetzt habe ich es geschafft“?
Eigentlich nie. Ich glaube, man kommt als Sportler*in nie wirklich an – und genau das ist es, was einen immer wieder antreibt.
Was wird dir am meisten fehlen?
Definitiv die Trainingsroutine, das Adrenalin kurz vor dem Einsteigen, die Spannung vor den Wettkämpfen – auch wenn sie für mein Umfeld manchmal nicht ganz leicht auszuhalten war.
Was ist dein Tipp an die jungen Athlet*innen?
Alles hat seinen Preis. Man sollte sich ehrlich fragen: Will ich das wirklich – und wie weit bin ich bereit, dafür zu gehen? Letztlich ist es nur ein Abschnitt im Leben, und wenn man mit bleibenden mentalen oder körperlichen Schäden herausgeht, war es das sicher nicht wert. Macht es aus Leidenschaft und Spaß an der Sache – das ist das Wichtigste.
Wie geht es jetzt für dich weiter?
Klettern wird immer ein Teil von mir bleiben und weiterhin einen wichtigen Platz in meinem Leben einnehmen. Ich möchte meine Erfahrungen an die nächste Generation weitergeben – vielleicht auch in einem beruflichen Kontext.
Christoph Hanke – Eine beeindruckende Laufbahn im Wettkampfklettern
Mit dem Weltcup in Madrid im Sommer 2025 beendet Christoph Hanke nach 17 Jahren seine internationale Wettkampfkarriere. Er zählt zu den erfolgreichsten deutschen Leadkletterern seiner Generation – ein Athlet, der mit Leidenschaft, Disziplin und Sympathie unsere Kletterszene über viele Jahre geprägt hat.
Die Anfänge
2008 tritt Christoph erstmals auf nationaler Ebene in Erscheinung. In der Jugend B startet er bei der Deutschen Jugendmeisterschaft Bouldern in Pforzheim und kurz darauf im Lead. Schon 2009 zeigt sich sein großes Talent: Gleich vier zweite Plätze bei den Deutschen Jugendcups, sowohl im Bouldern als auch im Lead, markieren den Beginn seiner Erfolgsgeschichte.
Der Weg in die deutsche Spitze
2010 geht es dann bereits für den damals 16-Jährige zu den Erwachsenen. Mit Platz 43 bei seinem ersten Deutschen Bouldercup ist zwar noch Luft nach oben, aber mit gerade mal 16 Jahren bereits bei den Erwachsenen mitzuspielen zeigt bereits sein Talent. Im selben Jahr entdeckt er seine Leidenschaft für das Leadklettern, das fortan zu seiner Paradedisziplin wird. 2011 folgen Starts bei mehreren European Youth Cups, bei denen er sich kontinuierlich verbessert. Mit seiner ersten internationalen Podestplatzierung im selben Jahr und Platz 8 bei der Deutschen Meisterschaft im Lead beweist er sich langsam unter starker Konkurrenz wie Jan Hojer, Sebastian Halenke, Martin Tekles oder Alex Megos.
Durchbruch auf der internationalen Bühne
2012 erreicht Chris bei den Jugendweltmeisterschaften erstmals das Finale und belegt Rang 5. Ein wichtiger Meilenstein und Grundlage für den festen Bestandteil des Weltcupteams im Lead. In den folgenden Jahren startet er regelmäßig auf Weltcups, lässt fast kein Event aus und verbessert sich stetig. Ab 2013 klettert er regelmäßig ins Halbfinale und ist aus der Weltcupserie nicht mehr wegzudenken. 2017 gelingt schließlich der erste Finaleinzug im Weltcup: Platz 6 in Villars. Ein sportlicher Höhepunkt und persönlicher Meilenstein!
Erfolge im nationalen Vergleich
Auch national gehört Christoph über Jahre hinweg zur Spitze. In einem starken Teilnehmerfeld mit Athleten wie Jan Hojer, David Firnenburg, Sebastian Halenke und Martin Tekles sichert er sich 2015 seine erste Medaille bei den Erwachsenen (Platz 3 beim Deutschen Leadcup in Neu-Ulm). Es folgen Silbermedaillen bei den Deutschen Meisterschaften 2017 und 2019 – und schließlich der große Triumph: Gold bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft 2020 in Dietmannsried.
Vielseitigkeit und Leidenschaft
Neben den Wettkämpfen sucht Chris auch am Fels neue Herausforderungen. 2019 erfüllt er sich gemeinsam mit Lara Neumaier einen Traum und punktet die berühmten Mehrseillänge Hotel Supramonte (8b) auf Sardinien. Erst der Anfang für viele weitere schwere Felsprojekte.
International merkt jedoch auch Chris die Auswirkungen der Olympiapremiere von Klettern bei den anstehenden Spielen 2020 in Tokio. Neben seiner Paradedisziplin baut er ab 2017 auch den ein oder anderen Boulder und Speed Weltcup ein. Zwar nicht mit gleichem Erfolg wie im Lead, aber ganz untalentiert ist er auch im Combined Format nicht scheint aber den Fokus in den nächsten Jahren trotzdem lieber auf seiner Lieblingsdisziplin zu lassen.
Charakterstärke auch abseits der Wand
Die nächsten Jahre etabliert er sich in der Weltcupszene und hält ein stabiles Niveau. Bis 2022 klettert Chris regelmäßig ins Halbfinale und lässt fast keinen Weltcup aus! Noch während der Wettkampfsaison 2021 erfährt er dass er sich als Stammzellenspender für einen Blutkrebspatienten eignen würde. Als registrierter Spender kommt er schnell zum Schluss, dass er einen Weltcuperfolg hinten anstellen kann und priorisiert die Blutzellenspende! Chapeau! Dennoch klettert er eine Woche vor der Spende noch auf den 18. Platz beim Weltcup in Slowenien.
Comeback nach Verletzung und Abschluss einer Ära
2022 steht dann ganz im Fokus der Gesundheit. Die Schulter macht Probleme und muss operiert werden. Vier Monate dauert die Reha bis Chris zurück an der Wand ist. Vier Monaten mit striktem Training und zahlreichen Stunden Physio. Und das Konzept geht auf. Den Rest des Jahres verbringt er am Fels, denn Klettern hat zahlreiche Facetten außerhalb des Wettkampfsports. 2023 Dann der Wiedereinstieg in die Weltcups. Anfangs noch etwas eingerostet, klappt im September bereits wieder der Einzug ins Halbfinale. Bis zum Sommer 2025 ist Chris weiter auf zahlreichen Weltcups erfolgreich vertreten.
Mit dem Weltcup in Madrid hat jedoch auch er im Juli 2025 seine internationale Karriere beendet. Nach 17 Jahren Wettkampfsport auf höchstem Niveau wird uns nicht nur ein talentierter Lead Athlet auf der internationalen Bühne fehlen, sondern auch ein sehr sympathischer Mensch welcher mehr sieht als nur den sportlichen Erfolg!
Wir drücken Chris die Daumen auf seinem weiteren Weg und hoffen, dass die jungen Talente auch zukünftig von seiner Erfahrung profitieren dürfen!