DAV-Stellungnahme zum Alpenplan
Am Donnerstag, 22. Juni 2017 fand im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags eine öffentliche Expertenanhörung zur geplanten Skischaukel am Riedberger Horn statt. Es steht aber der gesamte Alpenplan auf dem Spiel. DAV-Vizepräsident Rudi Erlacher brachte das in seiner Stellungnahme treffend auf den Punkt:
„Der Alpenplan ist eben mehr als nur „Raumordnung“ […] Er schützt nicht nur das Funktionale, das das Überleben sichert, sondern gerade auch das Ästhetische, das das Leben bereichert.“ Die vollständige Rede ist hier zu lesen:
Und damit komme ich zu einem anderen zentralen Motiv des Alpenplans, den „örtlichen Interessen“. Helmut Karl ist hier eindeutig: „Um mehr Fremdenverkehr anzulocken und die Einnahmen der Gemeinden zu steigern, lassen sich
manche Bürgermeister dazu verleiten, auf jeden benachbarten Gipfel eine Bergbahn unter Schändung der Landschaft zu bauen, so daß immer mehr vormals einsame Berghöhen durch die Bergbahnen zu Rummelplätzen werden.“ [3]. Helmut Karl wusste also um diese Interessen von Ansässigen, die oft nur die lauten Interessen von Interessensgruppen sind. Der Alpenplan sollte sie in einem übergeordneten Konzept einhegen und zusammenführen:
„Eine … hauptsächlich von örtlichen Interessen bestimmte Entwicklung, wie sie bisher für den alpinen Raum kennzeichnend war, wird man sich in Zukunft, sollen der Naturhaushalt und das Kapital „Landschaft“ nicht ständig in gefährlicher Weise weiterbelastet werden, einfach nicht mehr leisten können.“ [4]. Das war die dezidierte Absicht des Alpenplans, auch der Politik 1972.
Im Jahr 2016 hat die Politik andere Präferenzen. Das ist auch eine Folge einer Neuorientierung des modernen Politikverständnisses wie es z.B. der französische Historiker und Politikwissenschaftler Pierre Rosanvallon in seinem Buch aus dem Jahr 2010 „Demokratische Legitimität: Unparteilichkeit - Reflexivität – Nähe“ beschreibt. So lässt sich die Begründung für das Bürgerbegehren in Obermaiselstein und Balderschwang mit folgenden Worten zusammenfassen – wir alle können uns an solche oder ähnliche Statements erinnern: „Wir müssen nun einmal akzeptieren, dass die Zukunft des Freistaats Bayern nicht nur in den Ballungsräumen und Städten liegt, sondern dass auch die ländlichen Räume ein Recht haben, sich zu entwickeln, so wie es die Menschen vor Ort wollen. Dazu zählt eben in dieser Region, dass auch das touristische Potenzial gehoben werden soll. Wenn nun die Menschen vor Ort dieses touristische Potenzial in den bayerischen Alpen heben wollen, dann helfen wir als Staatsregierung gerne mit.“ [5] Diese Politik verändert den Blick auf die Berge. Das örtliche Wirtschaftsinteresse geht vor – und die Ökonomie muss sich vom Naturschutz emanzipieren. Naturschutz, der zum Überleben wichtig ist, mag noch angehen, aber die Schönheit der Landschaft, das ist aus dieser Sicht ein „nice-to-have“, aber nicht mehr. Aber die Schönheit der Landschaft ist nicht etwas, das sich ändert wie die Formen der Automodelle oder die Frisuren der Fußballprofis.
In Zeiten des aufkommenden Klimawandels wird es für so niedrig gelegene Orte wie Obermaiselstein und Balderschwang ohnehin bald keine andere Chance mehr geben. So schnell kann es nämlich gehen. Gestern noch die Lösung, heute im Abseits: Der Diesel war einmal eine – vorübergehende – Antwort auf den Klimawandel. Nun ist er out. Den Schneekanonen zum Zurückkaufen der verflossenen Winter wird es nicht anders gehen.
Der Alpenplan ist eines der wichtigsten Instrumente im Werkzeugkoffer der Landesentwicklung. Die Schönheit der Bergwelt steckt in ihm drin. Damit ist er mehr als eine funktionale Raumordnung – er ordnet zudem kulturelle Präferenzen einer modernen Gesellschaft im und mit dem Raum. Dies ist ihm auf einfache Weise schier genial gelungen. Daran gibt es nichts zu deuteln und zu ändern.
Quellen
Die Rede im PDF finden Sie hier zum Herunterladen: