Die neue Hüttensaison: es könnte teurer werden
Bilanz und Erwartung der Wirtsleute
01.05.2022, 09:00 Uhr
Der Winter ist nun fast vorbei; die kommende Sommersaison steht in den Startlöchern. Unsere Wirtsleute ziehen einen kurzen Rückblick der Wintersaison 2021/22 und geben einen Ausblick auf den Hüttensommer 2022.
Die Wintersaison 2021/22 biegt auf die Zielgerade ein. Auch diese Saison wurden die Hüttenwirt*innen mit den bereits bekannten Herausforderungen der Covid-19-Pandemie konfrontiert. Besonders der Start in die Saison verlief aufgrund des kurzen Lockdowns in Österreich Ende des Jahres, und den unterschiedlichen Einreisebestimmungen etwas holprig. In Bayern gab es auch in diesem Jahr strengere Vorgaben als im Nachbarland, sodass die Winterräume nicht genutzt werden konnten.
Auch die Wetterlage spielte den Hütten in diesem Winter nicht in die Karten. Trotz erster starker Schneefälle im Dezember, war der Winter deutlich zu mild, sehr nass und dementsprechend schneearm. Dennoch kann man von einer erfolgreichen Saison sprechen. Durch die Lockerung der Vorschriften für Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe und dem kalten und traumhaft-sonnigen März konnten die Hüttenwirt*innen in Deutschland und Österreich in der zweiten Saisonhälfte aufatmen.
Auch die Buchungslage für die kommende Sommersaison ist vielversprechend. Trotzdem stehen die Wirtsleute aktuell vor völlig neuen Herausforderungen: die wirtschaftliche Lage sieht alles andere als vielversprechend aus: Rohstoffknappheit sowie stetig ansteigende Energie- und Lebensmittelpreise führen zu großer Ungewissheit in der Sommerplanung.
Eines steht fest – „Der Hüttenausflüg könnte ein wenig teurer werden“.
"Genügend Gäste trotz Schneemangel"
Lydia Gstrein, Hüttenwirtin der Amberger Hütte (2.135 m) in den Stubaier Alpen, verzeichnet trotz des wenigen Schnees eine gute Zahl an Besucher*innen: Rückblickend kann das Team der Amberger Hütte von einer erfolgreichen Wintersaison sprechen. Bereits im Herbst wurde fleißig gebucht. Natürlich gab es viele Corona-bedingte Absagen, aber damit hatte die Wirtsfamilie Gstrein ohnehin gerechnet.
Ein besonderes Highlight dieser Saison war die ruhige Lawinensituation. Zum ersten Mal seit 14 Jahren ging auf dem Weg zur Amberger Hütte keine Lawine ab.
Das Wirtspaar, Lydia und Serafin, sehen dem kommenden Sommer zuversichtlich entgegen und freuen sich auf mehr Normalität im Hüttenbetrieb.
"Der März war ein Traum, trocken und warm!"
Die Wintermonate auf der Winnebachseehütte (2.372 m) in den Stubaier Alpen waren ausgesprochen ruhig, so Hüttenwirt Michael Riml. Der Winterbetrieb ist in der Regel nicht der umsatzstärkste und somit waren die geringen Gästezahlen nicht allzu dramatisch.
Umso überraschender war der sonnige und trockene Monat März. Noch nie zuvor war der Monat März so gut besucht wie in diesem Jahr.
Schon jetzt freut sich Michael Riml auf den Sommer und vor allem auf die vielen jungen Leute, die, wie er in den letzten Jahren beobachtet hat, immer mehr in den Bergen unterwegs sind.
"Das Feedback von Seiten der Gäste ist überwältigend!"
Ohne große Erwartungen an die Übernachtungszahlen startete das Team des Bodenschneidhauses (1.365 m) in den Bayrischen Voralpen in die Wintersaison und wurde sehr positiv überrascht. Seit Jahren gab es nicht mehr so viele Übernachtungen wie in diesem Januar, lobt die Sektion Bodenschneid das Hüttenteam. Den Ansturm erklärt sich der Hüttenwirt Detlef Wildenheim vor allem mit dem Wunsch der Gäste, wieder rauszukommen, und der Unterbringung in kleineren Schlaflagern, die gerade zu Coronazeiten bevorzugt werden.
Die Vorfreude auf den Sommer ist bereits groß, die Buchungslage ist vielversprechend und der Kreis der Stammgäste wächst stetig.
Jedoch kann sich der Wirt eine Veränderung im Reiseverhalten der Gäste gut vorstellen: Gesetzliche Lockerungen der Corona-Auflagen, steigende Kraftstoffpreise und die Sehnsucht nach Fernreisen könnten die Urlaubslust in der Heimat mindern und geringere Tagesausflüge zur Folge haben.
"Corona hat das Geschäft eingebremst!"
Die Wintersaison auf der Albert-Link-Hütte (1.053 m) in den Bayrischen Voralpen wurde von der Corona-Pandemie geprägt, wie Hüttenwirt Uwe Gruber berichtet. Es musste zusätzliches Personal eingestellt werden, um die geltenden Corona-Vorschriften entsprechend zu kontrollieren. Besonders sichtbar waren die Auswirkungen der Corona-Pandemie an den verhaltenen Übernachtungszahlen und den vielen Stornierungen.
Umso erfreulicher war somit das unerwartet starke Tagesgeschäft und die gute Buchungslage für den kommenden Sommer.
Lediglich die Sorge, dass geteilte Schlafsäle aus gesundheitlichen Gründen weiterhin gemieden werden, bleibt bestehen.
"Aufgrund der geringen Nächtigungen waren die Einschränkungen kaum spürbar."
Die Übernachtungszahlen auf der Vordekaiserfeldenhütte (1.384 m) im Kaisergebirge sind im Winter grundsätzlich überschaubarer und primär von den Schneeverhältnissen abhängig, erzählt Wirtin Sabine Kuen. Somit waren viele Stornierungen und geringe Buchungen nicht dramatisch und gestalteten den Aufenthalt für die angereisten Gäste umso angenehmer und unkomplizierter.
Da der Winter auf der Hütte teils einsam sein kann, freut sich das Wirtspaar Sabine und Helmut sehr auf ihre Gäste in der kommenden Sommersaison.
"Die Kostenentwicklung ist noch nicht absehbar und somit können Preise schwer festgelegt werden!"
Bereits jetzt sind die Preise für Lebensmittel und Energieversorgung sehr hoch, erzählt Christian Rimml, Hüttenwirt der Erlanger Hütte (2.550 m) in den Ötztaler Alpen. Die bevorstehenden Kosten für den Heli-Transport seien noch ungewiss.
Im Vergleich zu anderen Alpenvereinshütten ist die Erlanger Hütte unabhängiger vom Handel. Grund dafür ist die eigene Landwirtschaft, welche eine sichere Grundversorgung garantiert und somit die Kostenkalkulation erleichtert.
"Transportkosten durch regionalen Einkauf reduzieren!"
Als frisch gebackene Wirtin der Gufferthütte (1.475 m) in den Bayrischen Voralpen schaut Kathleen Beutmann mit Vorfreude in den Sommer.
Mit einer kleineren und wechselnden Speisekarte passt sie sich den Preisentwicklungen der Waren flexibel an. Gerade die Transportkosten machen die Grundversorgung teuer: Der Umstieg auf regionale Versorgung ist somit ihre Strategie.
"Die hohen Lebensmittelpreise spiegeln sich in der Speisekarte wieder!"
Yvonne Tremml, Wirtin des Brünnsteinhaus (1.342 m) in den Bayrischen Voralpen, steht vor denselben Herausforderungen wie viele Hüttenwirtsleute in diesem Jahr. Auch sie merkt die Preissteigerungen in der Eindeckung und Planung. Um die Versorgung aller notwendigen Grundnahrungsmittel zu garantieren, fährt das Wirtspaar aktuell für den Einkauf nach Österreich, da in Deutschland Grundnahrungsmittel vereinzelt ausverkauft sind. Bereits jetzt ist ein Aufschlag von 50 Cent auf Mahlzeiten notwendig, um weiterhin rentabel zu haushalten.
Trotz allem blickt Yvonne positiv in die Sommersaison. Bereits jetzt sind die Wochenenden für die nächsten Monate gänzlich ausgebucht.