Wanderer läuft auf Hütte zu
Mit Wanderstiefeln ist man für die meisten Geländearten gerüstet. Foto: DAV/Hans Herbig
Eine kleine Entscheidungshilfe

Welcher Schuh zum Wandern?

Schön am Wandern ist ja, dass man nicht viel in Ausrüstung investieren muss. Theoretisch könnte man in Straßenklamotten und mit Umhängetasche losziehen – nur wird das je nach Wetter, Gelände und Anstrengung unpraktisch. Aber ein Gegenstand ist wirklich zentral für die Sicherheit: der Schuh.

Sneakers, Sandalen oder Ledersohlen mögen auf Forststraßen funktionieren – sobald es steiler, steinig oder matschig wird, werden sie im schlimmsten Fall zur Gefahr. Für die ersten leichten Testwanderungen tun es vielleicht noch solide Laufschuhe; wenn du das Gefühl hast, Wandern könnte für dich mehr sein als ein kurzer Flirt, dann lohnt sich die Investition in gute Schuhe. Denn sie sind die direkte Verbindung zwischen dir und dem Berg, also entscheidend für deine Sicherheit.

Der erste Grundsatz dazu ist einfach: Passen muss er!

In zu großen Schuhen rutscht der Fuß herum und hat keinen rechten Halt. Zu kleine Schuhe drücken, tun weh und verhindern dadurch präzises Treten. Scheuer- oder Druckstellen können Blasen erzeugen und dir den Tag verderben. Jeder Schuhhersteller hat seine eigenen „Leisten“, das sind Fußmodelle, die die Passform bestimmen; es kann also sein, dass der Testsieger einfach nicht zu deinem persönlichen Hax passt. Am besten nimmst du dir ein, zwei Stunden Zeit für ausführliche Beratung und Anprobe im Fachgeschäft – idealerweise nachmittags, wenn die Füße dicker sind. Nimm dafür die Socken mit, die du beim Wandern tragen willst, gerne etwas dickere, polsternde Wandersocken; im Zweifelsfall kaufst du die gleich mit. Wenn du Einlagen benutzt, nimm die auch mit. Und gehe mit den Probemodellen eine Weile im Geschäft herum, steige auf Stühle und Treppenstufen, wippe und hüpfe, um Situationen beim Wandern zu simulieren; manche Läden haben dafür spezielle Teststrecken. Die neuen Schuhe gehst du dann erst auf kürzeren Touren ein, bis sie sich mit den Füßen zusammengerauft haben.

Aber welches Modell passt zu dir?

Ein Wanderschuh muss drei Funktionen erfüllen:

  • er muss dem Fuß soliden Halt bieten, unterstützend zur Muskulatur

  • er muss im Gelände eine gute Kraftübertragung zum Boden erlauben

  • und er schützt die Füße; vor allem natürlich die Sohlen, aber je nachdem auch die empfindlichen Knöchel.

Außerdem stellst du dir drei Fragen:

  • wie stark ist deine Fuß- und Wadenmuskulatur?

  • wie ausgefeilt ist deine Bewegungstechnik?

  • in welchem Gelände willst du unterwegs sein?

Mit diesem Bewusstsein im Kopf wirst du die Schuh-Kategorie wählen können, die zu dir passt; in diesem Regal schaust du dann im Fachgeschäft zuerst.

Welche Kategorien gibt es?

Wanderstiefel

Mit einem soliden Wanderstiefel, der über den Knöchel geht, macht man prinzipiell nichts verkehrt. Die feste Konstruktion gibt dem Sprunggelenk Halt, die Profilsohle greift verlässlich auf alpinem Grund, und der meist aus Leder gefertigte Stiefel hält bei ordentlicher Behandlung und Pflege quasi ein Leben lang. Die Knöchel sind in Geröllfeldern geschützt, Schnee fällt nicht so leicht rein, und mit guter Dämpfung und bei leichter Konstruktion ist auch der Gehkomfort ganz angenehm.

Solide Wanderschuhe geben auch dem Sprunggelenk Halt. Foto: VAUDE

Trekkingstiefel

Du weißt, dass Wandern dein Ding ist? Und würdest am liebsten gleich zur Alpenüberquerung starten? Dann könnte die Steigerung des Wanderstiefels für dich richtig sein. Trekkingstiefel sind noch ein bisschen fester konstruiert, so dass sie auch bei langen Etappen den ermüdenden Muskeln Unterstützung bieten. Auch der Wasserschutz ist oft besser realisiert. Dafür wiegen sie etwas mehr. Wenn es dich irgendwann vom Wandern zum Bergsteigen treibt, womöglich abseits der Wege oder gar auf Gletschern und Firnfeldern, dann bieten steigeisenfeste Bergstiefel noch etliche Eskalationsstufen.

Ein solider Trekkingstiefel unterstützt auch auf langen Strecken. Foto: VAUDE

Leichter Wanderschuh

Das ist die abgespeckte Version des Wanderstiefels: leichter im Aufbau, nur bis unter den Knöchel, die Sohle ist weicher und weniger stark profiliert als bei den festeren Modellen. Damit bist du leichtfüßig unterwegs, solange der Weg nicht zu anspruchsvoll, die Tour nicht zu lang und Rucksack- und Körpergewicht nicht zu hoch sind. Denn weniger Schuhgewicht bedeutet auch weniger Stabilität – die muss man also muskulär aufbringen.

Bei einem leichten Wanderschuh sollte die fehlende Stabilität durch Muskelkraft aufgebracht werden. Foto: VAUDE

Halbhoher Zustiegsschuh

Diese Modelle liegen zwischen Wander-Halbschuh und Stiefel. Auch sie reichen nur bis unter den Knöchel, aber die Sohle ist stärker profiliert und verwindungssteifer, so dass sie auch auf Schnee oder Gras noch passablen Halt bietet. Will man längere Touren in solcherart anspruchsvollerem Gelände gehen, sollten Gehtechnik und Muskelkraft überdurchschnittlich sein – und beim Abfahren im Geröll tut’s halt am Knöchel weh. In dieser Kategorie lohnt es sich zu schauen, wenn du schon einiges an Erfahrung gesammelt hast und eher sportlich ambitioniert bist. Eine „climbing zone“, also eine profillose Gummizone im Zehenbereich, die für leichte Kletterstellen gedacht ist, brauchst du zum Wandern allerdings nicht.

Sportlich Ambitionierte können auch in der Kategorie Zustiegsschuh fündig werden. Foto: VAUDE

Trailrunningschuh

Auch diese Kategorie ist eher für sportliche, erfahrene Geher*innen, die genug Kraft und Koordination haben, um auch bei langen Wanderungen in ruppigerem Gelände noch präzise treten und das Sprunggelenk stabilisieren zu können. Oder natürlich für den nachmittäglichen Trainingslauf auf dem gut ausgebauten Hüttenweg. Alpine Trailrunningschuhe haben eine halbwegs profilierte Sohle und mehr oder weniger Verwindungssteifigkeit – generell aber steht das Leichtgewicht im Vordergrund. Dass sie dann schneller verschleißen, ist die naturgegebene Kehrseite.

Trailrunning. Foto: DAV/Wolfgang Ehn

Barfuß-Schuh

Es gibt ja auch Leute, die ganz barfuß auf die Zugspitze oder über die Alpen wandern – das ist eher was für Profis. Wenn sich die Fußsohle mal ans Terrain gewöhnt hat, profitiert natürlich der Körper von der intensiven Reflexzonenmassage. Ein bisschen reinfühlen in dieses Konzept kann man mit den ultraleichten Fußlingen, die statt Socken getragen werden. Wenig Ballast, wenn man einen Hüttenschuh mitnehmen möchte. Wie es dir damit im Gelände geht, musst du ausprobieren – eine gewisse Schmerzresistenz ist spätestens bei den ersten steinigen Passagen willkommen.

Synthetik oder Leder? Und was ist mit dem Wasserschutz?

Auch für diese Fragen spielt dein persönlicher Anspruch die Hauptrolle. Schuhe aus Kunststoffen wie etwa Cordura können guten Halt bieten bei meist geringerem Gewicht und trocknen schnell, sind aber relativ bald durchgewetzt, wenn du viel in wilderem Gelände (Geröll) unterwegs bist. Lederschuhe dagegen sind, wenn man sie ordentlich und regelmäßig pflegt, eine langfristige Investition; gelobt werden Fußklima und Tragekomfort – wenn man sie mal eingelaufen hat.

Lederschuhe brauchen zum Trocknen länger, dafür dauert es auch eine Weile, bis die Feuchtigkeit durch ist, während bei Synthetik jeder Tropfen schnell durchschlägt. Eingearbeitete atmungsaktive Membranen wie etwa Gore Tex machen die Schlappen wasserdicht und lassen den Schweiß trotzdem nach draußen. Wenn du am liebsten bei Schönwetter in den Voralpen wanderst, brauchst du das nicht unbedingt – wenn Schneefelder oder taufeuchte Wiesen auf deiner Strecke liegen oder du dich nicht von ein bisschen Regen aus dem Konzept bringen lassen willst, bist du froh drum.

Weitere Tipps und ein Interview mit einem Fachverkäufer gibt’s bei unserem Partner Globetrotter.