Kletterschuhe
Kletterschuhe Foto: DAV/Marisa Koch
Studie der Universität Wien

Statement des DAV zur Studie über die Chemikalien im Abrieb von Kletterschuhen

Bei wissenschaftlichen Untersuchungen in Boulderhallen wurden chemische Additive in Gummipartikeln von Kletterschuhen gefunden. Wie schätzt der DAV die Ergebnisse ein?

2024 haben Wissenschaftler der Universität Wien bei Untersuchungen in mehreren Boulderhallen chemische Additive in Gummipartikeln von Kletterschuhen gefunden. Nun wurde die dazugehörige Studie offiziell in der Pressemitteilung Bedenkliche Chemikalien im Abrieb der Kletterschuhe der Universität veröffentlicht.

Ein Teil des in der Studie festgestellten Gummiabriebs sind sogenannte luftgetragene Partikel. Damit besteht die Gefahr, dass diese in den Lungentrakt gelangen können. Ob die chemischen Additive einen schädigenden Einfluss auf den menschlichen Organismus haben, wurde nicht untersucht. Dieser Einfluss soll in einer weiteren Studie untersucht werden.

Folglich haben verschiedene Medien das Thema in ihren Veröffentlichungen aufgegriffen. Der Deutsche Alpenverein hat dies zum Anlass genommen dazu Stellung zu nehmen.

Wie schätzt der DAV die Ergebnisse der Studie ein?

Dem Deutschen Alpenverein (DAV) ist bereits seit längerem bekannt, dass in Kletter- und Boulderhallen erhöhte Feinstaubkonzentrationen auftreten können. Aus diesem Grund wurden in den Jahren 2007/2008 schon Untersuchungen zur Feinstaubbelastung angestoßen. Sowohl Prof. Dr. Stephan Weinbruch von der TU Darmstadt als auch die Verwaltungsberufsgenossenschaft führten unabhängige Messungen durch. Mehrere Veröffentlichungen von Prof. Dr. Weinbruch dokumentieren die Ergebnisse dieser Studien. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden die heute allgemein bekannten Empfehlungen entwickelt, auf die sich auch die aktuelle Untersuchung bezieht.

Die aktuelle Studie liefert keine Aussagen darüber, in welchem Umfang Additive durch den menschlichen Körper aufgenommen werden. Zu diesem Zweck ist ein Biomonitoring geplant. Erst die Ergebnisse dieses Monitorings ermöglichen eine fundierte Einschätzung möglicher gesundheitlicher Auswirkungen durch die freigesetzten Additive auf Beschäftigte und Besucher*innen von Kletterhallen.

Unabhängig davon gilt das Vorsorgeprinzip: Zum Schutz der Gesundheit von Mitarbeitenden und Besucher*innen sind präventive Maßnahmen erforderlich. Weitere Informationen dazu folgen im Anschluss.

Gab es seit der Veröffentlichung der Studie bereits Anpassungen bei den Lüftungs- oder Reinigungskonzepten in Kletter- und Boulderhallen?

Die DAV-Kletterhallen verfügen in der Regel über leistungsstarke Lüftungsanlagen sowie über zusätzlich installierte, gezielt steuerbare Fensteröffnungen, die eine effektive Querlüftung und somit einen schnellen Luftaustausch ermöglichen. Auf diese Weise lässt sich die Feinstaubbelastung auf ein vertretbares Niveau senken. Die Reinigungsintervalle richten sich nach der Besucherzahl. In größeren Hallen erfolgt die Reinigung täglich – dazu zählen Saugen und Wischen der Bodenflächen. Zusätzlich werden in der Regel die Tritte und Griffe im unteren Wandbereich abgesaugt, um dort angesammelten Staub zu entfernen. Aus diesem Grund besteht derzeit kein Bedarf, die grundlegenden Lüftungs- oder Reinigungskonzepte anzupassen.

Lüftungsanlage DAV Kletter- und Boulderzentrum München-Süd

Vor welchen Herausforderungen steht der DAV?

Die genannten bautechnischen Maßnahmen zur Reduktion der Feinstaubbelastung wurden und werden in der Regel bereits in der Bauphase von Kletterhallen umgesetzt. Sie tragen wirksam zur Minimierung der Feinstaubkonzentration bei.

Das Thema der in der Studie identifizierten Additive betrifft hingegen die Schuhhersteller direkt. Nach aktuellem Kenntnisstand ist ihnen das Problem bekannt, und sie arbeiten daran, alternative Gummimischungen ohne diese Additive zu entwickeln und einzusetzen.
Der DAV wird sich weiterhin aktiv dafür einsetzen, den Druck auf die Hersteller zu erhöhen, damit möglichst zeitnah auf additivfreie Gummimischungen umgestellt wird.

Wie sieht das aktuelle Lüftungs- und Reinigungskonzept aus?

Das Lüftungskonzept folgt den Empfehlungen der DIN 18031, die für Sporthallen gilt. Gemäß dieser Norm liegt der Frischluftbedarf pro Person bei 60 m³/h für Sporttreibende und bei 20 m³/h für Zuschauer. Sichernde Personen werden dabei als Nichtsportler eingeordnet. Durchschnittlich wird daher mit einem Frischluftbedarf von 40 m³/h pro Person gerechnet. Bei 100 anwesenden Personen ergibt sich somit ein erforderlicher Luftaustausch von 4.000 m³ pro Stunde.

Zusätzliche Frischluftzufuhr wird durch Fensteröffnungen und Dachluken ermöglicht, die als Teil der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) integriert sind und ebenfalls zur Belüftung beitragen.

Wie wird sichergestellt, dass Mitarbeitende keinen gesundheitsgefährdenden Chemikalien ausgesetzt sind?

Der Empfangs- und Thekenbereich ist in der Regel räumlich vom Kletter- und Boulderbereich getrennt. Die Lüftungsanlagen sind so konzipiert, dass in diesem Bereich ein Überdruck erzeugt wird. In den Hallenbereichen wird dadurch mehr Luft abgesaugt als zugeführt, was zu einem Unterdruck führt. Auf diese Weise wird verhindert, dass Feinstaub in den Empfangs- und Thekenbereich gelangt.

In der Routenbau-Ausbildung des DAV wird außerdem gelehrt, dass beim Herausschrauben der Griffe und Tritte als Schutz vor dem dort abgesetzten Staub eine Schutzmaske zu tragen ist.

Mit diesen Maßnahmen werden die Mitarbeitenden nicht dem Feinstaub und den damit verbundenen Chemikalien ausgesetzt.

Wie verhält es sich mit Magnesia-Staub? Der gilt nicht als giftig. Es gibt aber Hinweise, dass die hohe Menge des Magnesia-Staubes dazu führt, dass der Grenzwert, für den die Feinstaubbelastung als unbedenklich gilt, überschritten wird.

In Hallen mit leistungsfähigen Lüftungsanlagen und Querlüftungen wird der Grenzwert normalerweise nicht überschritten. Übrigens gelten die Grenzwerte für den Arbeitsplatz und müssen genau genommen nicht für die Hallennutzer angewendet werden. Davon unabhängig muss für eine Bewertung außerdem die kurze Expositionszeit der Nutzer*innen in Betracht gezogen werden. Da diese in der Regel nur ein oder zweimal je Woche für maximal 3 Stunden eine Halle besuchen, ist deren Exposition gering.

Für besonders empfindliche Personen, wie etwa jene mit Vorerkrankungen der Atemwege, kann auch eine im Vergleich zum Grenzwert geringe Exposition bereits zu negativen Symptomen führen. Der DAV empfiehlt dieser Personengruppe daher schon seit Jahren, Kletterhallen zu Zeiten mit geringer Besucherzahl und damit niedriger Feinstaubbelastung zu besuchen. Zudem wird geraten, Babys und Kleinkinder nicht in die Kletter- und Boulderbereiche der Hallen mitzunehmen. Alle Hallennutzer*innen sollten zudem die gängigen Hygienemaßnahmen beachten und sich sowohl nach dem Klettern als auch vor dem Essen die Hände waschen.

Findet in Kletterhallen eine Messung der Luftqualität statt?

Die meisten Lüftungsanlagen messen den CO2-Gehalt der Luft und steuern ihre Luftzufuhr automatisch basierend auf diesen Werten. Eine Messung des Feinstaubs zur Steuerung der Lüftungsanlage hat sich nicht durchgesetzt. Die Feinstaubkonzentration ist aus früheren Untersuchungen bekannt, ebenso wie die Maßnahmen, die zur Reduktion dieser Konzentration ergriffen werden können.

Sollte eine Liquid-Chalk-Pflicht in den Hallen eingeführt werden?

Da der Grip, also der Halt der Hände auf den Klettergriffen, unter Liquid-Chalk in der Regel geringer ist als bei Chalk in Pulverform, hat sich das Liquid Chalk nie richtig durchgesetzt. Ein Verbot von offenem Magnesia kam deshalb auch nie wirklich in Betracht, da die Akzeptanz durch die Kletter*innen zu gering ist.

Der Deutsche Alpenverein wird die Angelegenheit weiterverfolgen. Sobald es neue relevante Erkenntnisse gibt, wird darüber informiert.

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