Warum brüten die Wanderfalken kaum?
Sind die Kletter*innen Schuld daran, dass die Wanderfalken an der Badener Wand so wenig brüten? Das Regierungspräsidium Karlsruhe folgte dieser Annahme und hatte im November 2022 entschieden, die komplette Badener Wand ab Januar 2023 zu sperren. Die Stadt Baden-Baden verfügte auf Anweisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 12.12.2022 ein vollständiges Betretungsverbot. Das Kletterverbot sollte zunächst für fünf Jahre gelten. Im Jahr 2023 wurden sogar die Sicherungshaken auf Anordnung des Regierungspräsidiums komplett entfernt. Der DAV hat in der Folge ein umfangreiches Gutachten in Auftrag gegeben, um wissenschaftlich zu klären, wo die Gründe für den geringen Bruterfolg des Wanderfalken an der Badener Wand liegen. Dieses liegt seit Mai 2025 vor.
Aktueller Stand (Oktober 2025)
Das Verwaltungsgericht hat in der Gerichtsverhandlung Ende Juli 2025 den Einwänden des DAV gegen die ganzjährige Vollsperrung zugestimmt. Damit wurde bestätigt, dass der geringe Bruterfolg des Wanderfalken an der Badener Wand in der Zeit vom 15.01. bis 31.7. nicht allein auf menschliche Störungen und damit die Kletternden zurückgeht. Er wird auch durch andere Faktoren beeinflusst, unter anderem durch den Uhu, der ein potentieller Fressfeind des Wanderfalken ist.
Nun liegt die Urteilsbegründung vor, die demnächst veröffentlicht wird. Darin ist noch einmal dargelegt: Das Gericht sieht die ganzjährige Sperrung der Badener Wand als überzogen an (siehe auch die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe). Es folgt damit auch der Einschätzung zahlreicher Ornithologen. Temporäre Kletterverbote der gesamten Badener Wand während der Brutzeit zwischen 15.1. und 31.7. sind ausreichend, um die Aufzucht des Wanderfalken zu schützen. Störungen während der Herbstbalz wirken sich nicht in gleichem Maße aus, wie in der sensiblen Nestgründungs-, Brut- und Aufzuchtphase. Das Gericht hält eine temporäre Verschraubung der Kletterhaken während der Sperrzeit für eine wirksame Möglichkeit, das befristete Kletterverbot durchzusetzen. Die komplette Entfernung der Haken, wie an der Badener Wand geschehen, wäre somit nicht erforderlich gewesen.
Darf nun wieder geklettert werden? Da das Urteil nun rechtskräftig ist, darf rein rechtlich gesehen seit dem 13. Oktober 2026 wieder geklettert werden. Allerdings liegt derzeit keine neue Allgemeinverfügung vor und zahlreiche Detailfragen sind noch mit den Behörden zu klären.
Folgende Punkte gilt es zu beachten:
Es gibt aktuell noch keine Sicherungshaken; Standplätze und Abseilhaken fehlen ebenfalls noch. Wer hier aktuell klettern will, ist somit zwingend selbstverantwortlich unterwegs und muss wissen, was sie/er tut sowie gute Ortskenntnis besitzen.
Die Stümpfe der abgeflexten Sicherungshaken stecken noch in der Wand und stehen scharfkantig hervor – es besteht somit ein erhöhtes Verletzungsrisiko.
Es befinden sich Kameras in der Wand und am Wandfuß, welche zum (Vogel-) Monitoring angebracht worden sind.
Die Frage des Zustiegspfads, um von unten zur Wand zu gelangen, ist derzeit noch ungeklärt und bedarf einer weiteren Abstimmung zwischen AKN und Behörden.
Wir bitten alle Kletternden, nicht eingenständig Sicherungshaken in die Routen der Badener Wand einzubohren.
Das Urteil zeigt: Das vielfach bewährte Konzept des DAV, Kletterbereiche temporär zu sperren und dies durch Schilder und das Verschrauben der Haken zu unterstützen, wird als wirksam anerkannt. Schon bald sollen alle Akteure am „Runden Tisch Battert“ zusammensitzen und gemeinsam die zukünftigen Regelungen für das Klettern an der Badener Wand erarbeiten.
Pressemeldung vom 30.7.2025:
Klettern am Battert im Schwarzwald
Streit um Badener Wand ist beigelegt
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die ganzjährige Vollsperrung der Badener Wand aufgehoben und teilt damit die Einwände des Deutschen Alpenvereins.
Im Jahr 2004 kehrten die Wanderfalken zurück an die Badener Wand. 2020 wurden immerhin drei ausgeflogene Jungfalken gezählt. Aber waren wirklich die Kletter*innen dafür verantwortlich, dass sich der Wanderfalke am Battert eher spärlich fortpflanzt, wie das Regierungspräsidium Karlsruhe fortlaufend unterstellte?
"Nachdem 2022 durch Verschrauben der Sicherungshaken und 2023 durch komplettes Entfernen der Sicherungshaken auf Anordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe jegliche Störung durch den Klettersport ausgeschaltet wurde, sind viele Fragen zur tatsächlichen Ursache für den rückläufigen Bruterfolg des Wanderfalken an der Badener Wand weiterhin ungeklärt", schreibt der DAV-Landesverband Baden-Württemberg in seiner Pressemitteilung.
Die Brutsaison im Frühjahr 2023 war nicht erfolgreich. Auch im Jahr 2024 stellte sich lediglich ein spärlicher Bruterfolg ein (aktuelle Information, anders als in DAV Panorama 4/2024 dargestellt), trotz Komplettsperrung. Wer ist nun Schuld an der Situation? Schon länger besand der Verdacht, dass Tiere wie der Uhu die Nistplätze der Wanderfalken ausrauben könnten. Auch dieser Idee spürte das Gutachten nach. Es deckte den gesamten Zeitraum von 2004 (Rückkehr des Wanderfalken an die Badener Wand) bis einschließlich der Brutsaison 2024 ab. Dabei wurden auch die Aufnahmen von Wildtierkameras an der Badener Wand ausgewertet, welche nach langem Verhandeln vom Regierungspräsidium übersendet wurden. Andernorts konnten mithilfe der Kameras Füchse und Uhus auf ihren Beutestreifzügen entdeckt werden.
Ganzjährige Sperrung ist überzogen
Neben dem Arbeitskreis Klettern und Naturschutz (AKN), der seit 30 Jahren am Battert aktiv ist, hält auch der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Alpenvereins (DAV) die ganzjährige Sperrung der Badener Wand für überzogen – und aus Naturschutzsicht nicht für notwendig. In Baden-Württemberg gilt seit 1994 die Regel, dass während der Brutzeit von Falken an den betreffenden Felsen von Anfang des Jahres bis Ende Juli nicht geklettert werden darf. Dieser Grundsatz wurde von der Landesbehörde übergangen. An der Badener Wand geht es um mehr als einen Kletterfelsen. "Die Vereinbarkeit von artenschutzrechtlichen Interessen und klettersportlichen Bedürfnissen steht in Baden-Württemberg vor der Zerreißprobe“, sagt Dieter Porsche, ehemaliger Vorsitzender vom Landesverband Baden-Württemberg.
In Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen vor Ort hatte der DAV dem Regierungspräsidium Vorschläge unterbreitet, wie sowohl die Wanderfalken besser geschützt als auch Kletterrouten weiterhin offengehalten werden können, wie es in vielen Regionen Deutschlands bereits erfolgreich umgesetzt wird.
Dabei setzte sich der DAV für eine räumlich erweiterte saisonale Sperrung der gesamten Badener Wand in dem landesweit üblichen Zeitraum vom 1.1. bis 31.7. ein. Früher wurde nur ein Teil der Wand gesperrt. Das Ende der Sperrzeit sollte jeweils an den Brutverlauf angepasst werden, wie es auch andernorts der Fall ist. Auch die Haken sollen nur temporär verschraubt werden – eine in vielen Klettergebieten bereits gängige Praxis.
Zwei Jahre lang fanden wiederholt Gespräche statt, eine Resolution sowie Petition wurden erstellt und eine Demonstration unter dem Motto "Für verhältnismäßigen und zeitgemäßen Naturschutz" veranstaltet, doch eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Die DAV-Sektionen Karlsruhe und Offenburg, der DAV-Landesverband Baden-Württemberg und die Bürger*inneninitiative 100% Battert reichten im November 2023 Klage ein. Ein zwischenzeitlich von der DAV-Sektion Offenburg initiiertes und vom zuständigen Verwaltungsgericht Karlsruhe vorgeschlagenes Güteverfahren lehnte das Regierungspräsidium ab.
Klettern und Naturschutz in Einklang bringen
Wie kann sich der DAV als Naturschutzverband gegen die Sperrung zum Schutz der Wanderfalken aussprechen? Die Antwort: Das kann er nicht - und tut es nicht. "Wir verschließen uns nicht vor einer Sperrung an sich, aber die Art und Weise wie es an der Badener Wand lief, ist für uns nicht nachvollziehbar. Die Gründe für den unterdurchschnittlichen Bruterfolg waren nicht fachlich fundiert belegt", erklärt Marc Stannartz, Experte für naturverträgliches Klettern. Die vom Regierungspräsidium angeführte fachliche Stellungnahme wurde sehr einseitig ausgelegt und ein zu Beginn formuliertes Ziel, nämlich die Verhältnismäßigkeit einer Vollsperrung zu bewerten, wurde nicht diskutiert. Grundsätzlich zeigen alle anderen Sperrungen für den Wanderfalken in Deutschland, dass eine temporäre Sperrung während der Brutzeit ausreicht. Auch ob natürliche Feinde wie Fuchs, Marder oder Waschbär die Ursache sein könnten, wurde am Battert nicht untersucht – obwohl die Brutnische des Wanderfalken am Battert für die Arten zugänglich ist.
"Dazu kommt, dass die von uns vorgeschlagenen Schutz- und Kontrollmaßnahmen, die sich in anderen Regionen Deutschlands bewährt haben, vom Regierungspräsidium nicht umgesetzt wurden", erklärt Marc Stannartz. "Unser primäres Ziel ist der Schutz und Erhalt des Lebensraum Battert für den Wanderfalken. Unser zweites Ziel ist der Erhalt der Klettermöglichkeit am Battert. Und unser drittes Ziel, die beiden zuvor genannten Ziele miteinander zu verbinden. So wie in vielen anderen Klettergebieten Deutschlands, z. B. im Nationalpark Sächsische Schweiz, also in einem Gebiet mit dem höchsten naturschutzrechtlichen Schutzstatus, den es in Deutschland gibt, oder am Gelben Fels, einem traditionellen Brut- und wichtigen Kletterfelsen im Lenninger Tal (Schwäbische Alb) mit ausgezeichneter Kooperation zwischen Kletterer*innen, Naturschützer*innen und Behörden. Warum geht es nicht am Battert?"
Wie auch anderswo strebt der DAV an der Badener Wand eine für Naturschutz und Klettersport angemessene, einvernehmliche Regelung an, um den Schutz des Wanderfalken und den Erhalt des Battert als dessen Lebensraum sicherzustellen. Und zwar mit einer saisonalen Sperrung in Verbindung mit temporär verschraubten Haken, wie es in vielen Klettergebieten erfolgreich praktiziert wird. Bedeutende Klettermöglichkeiten in Baden-Württemberg blieben so erhalten und negative Einflüsse des Klettersports auf den Bruterfolg des Wanderfalken sind damit bestmöglich ausgeschlossen.
Weitere Infos zur Badener Wand gibt es in zwei Artikeln auf bergundsteigen.de: