Warum brüten die Wanderfalken kaum?
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat am 9.11.2022 entschieden, die komplette Badener Wand ab Januar 2023 für Kletternde zu sperren. Das Kletterverbot gilt zunächst für fünf Jahre. Der DAV hat im August 2023 ein umfangreiches Gutachten in Auftrag gegeben, um wissenschaftlich zu klären, wo die Gründe für den geringen Bruterfolg des Wanderfalken an der Badener Wand liegen. Dieses liegt seit Mai 2025 vor.
Das vom DAV-Landesverband beauftragte ornithologische Fachgutachten zur Badener Wand wurde dem Verwaltungsgericht Karlsruhe übersandt. Das ornithologische Gutachten bestätigt die vom DAV bereits in Gesprächen und Erwiderungen gegenüber dem Regierungspräsidium Karlsruhe vorgebrachten Argumente und bildet diese auf rund 70 Seiten fachlich fundiert ab.
Im Jahr 2004 kehrten die Wanderfalken zurück an die Badener Wand. 2020 wurden immerhin drei ausgeflogene Jungfalken gezählt. Aber sind wirklich die Kletter*innen dafür verantwortlich, dass sich der Wanderfalke am Battert eher spärlich fortpflanzt, wie das Regierungspräsidium Karlsruhe fortlaufend unterstellt?
"Nachdem 2022 durch Verschrauben der Sicherungshaken und 2023 durch komplettes Entfernen der Sicherungshaken auf Anordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe jegliche Störung durch den Klettersport ausgeschaltet wurde, sind viele Fragen zur tatsächlichen Ursache für den rückläufigen Bruterfolg des Wanderfalken an der Badener Wand weiterhin ungeklärt", schreibt der DAV-Landesverband Baden-Württemberg in seiner Pressemitteilung.
Die Brutsaison im Frühjahr 2023 war nicht erfolgreich. Auch im Jahr 2024 stellte sich lediglich ein spärlicher Bruterfolg ein (aktuelle Information, anders als in DAV Panorama 4/2024 dargestellt), trotz Komplettsperrung. Wer ist nun Schuld an der Situation? Schon länger besteht der Verdacht, dass Tiere wie der Uhu die Nistplätze der Wanderfalken ausrauben könnten. Auch dieser Idee soll das Gutachten nachspüren. Es wird den gesamten Zeitraum von 2004 (Rückkehr des Wanderfalken an die Badener Wand) bis einschließlich der Brutsaison 2024 abdecken. Dabei werden auch die Aufnahmen von Wildtierkameras an der Badener Wand ausgewertet, welche nach langem Verhandeln vom Regierungspräsidium nun übersendet werden sollen. Andernorts konnten mithilfe der Kameras Füchse und Uhus auf ihren Beutestreifzügen entdeckt werden.
Ganzjährige Sperrung ist überzogen
Neben dem Arbeitskreis Klettern und Naturschutz (AKN), der seit 30 Jahren am Battert aktiv ist, hält auch der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Alpenvereins (DAV) die ganzjährige Sperrung der Badener Wand für überzogen – und aus Naturschutzsicht nicht für notwendig. In Baden-Württemberg gilt seit 1994 die Regel, dass während der Brutzeit von Falken an den betreffenden Felsen von Anfang des Jahres bis Ende Juli nicht geklettert werden darf. Dieser Grundsatz wurde nun von der Landesbehörde übergangen. An der Badener Wand geht es um mehr als einen Kletterfelsen. "Die Vereinbarkeit von artenschutzrechtlichen Interessen und klettersportlichen Bedürfnissen steht in Baden-Württemberg vor der Zerreißprobe“, sagt Dieter Porsche, ehemaliger Vorsitzender vom Landesverband Baden-Württemberg.
In Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen vor Ort hatte der DAV dem Regierungspräsidium Vorschläge unterbreitet, wie sowohl die Wanderfalken besser geschützt als auch Kletterrouten weiterhin offengehalten werden können, wie es in vielen Regionen Deutschlands bereits erfolgreich umgesetzt wird.
Dabei setzte sich der DAV für eine räumlich erweiterte saisonale Sperrung der gesamten Badener Wand in dem landesweit üblichen Zeitraum vom 1.1. bis 31.7. ein. Bisher wurde nur ein Teil der Wand gesperrt. Das Ende der Sperrzeit sollte jeweils an den Brutverlauf angepasst werden, wie es auch andernorts der Fall ist. Auch die Haken sollen nur temporär verschraubt werden – eine in vielen Klettergebieten bereits gängige Praxis.
Zwei Jahre lang fanden wiederholt Gespräche statt, eine Resolution sowie Petition wurden erstellt und eine Demonstration unter dem Motto "Für verhältnismäßigen und zeitgemäßen Naturschutz" veranstaltet, doch eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Die DAV-Sektionen Karlsruhe und Offenburg, der DAV-Landesverband Baden-Württemberg und die Bürger*inneninitiative 100% Battert reichten im November 2023 Klage ein. Ein zwischenzeitlich von der DAV-Sektion Offenburg initiiertes und vom zuständigen Verwaltungsgericht Karlsruhe vorgeschlagenes Güteverfahren lehnte das Regierungspräsidium ab.
Aktueller Stand (Juni 2025)
Auf die Klageschrift wurden zwischen dem Regierungspräsidium Karlsruhe und den Klägern mehrere Erwiderungen zu strittigen Themen ausgetauscht. Mittlerweile scheinen alle Argumente ausgetauscht zu sein. Bei der letzten Erwiderung vom RP Karlsruhe hatte man den Eindruck, dass man sich im Kreis dreht und in der Sache nicht weiterkommt. Die Kläger pochten dann auf einen Gerichtstermin, der nun für den 29. Juli 2025 festgelegt wurde.
In der Zwischenzeit fand am 8. März 2025 der jährliche Naturschutztag zur Felsbiotop-Pflege statt, organisiert und durchgeführt vom AKN Battert. Trotz Streit und Klage betreuen DAV und AKN die gesamten Felsen des Battert weiter und betreiben Besucherlenkung und Biotoppflege.
Klettern und Naturschutz in Einklang bringen
Wie kann sich der DAV als Naturschutzverband gegen die Sperrung zum Schutz der Wanderfalken aussprechen? Die Antwort: Das kann er nicht - und tut es nicht. "Wir verschließen uns nicht vor einer Sperrung an sich, aber die Art und Weise wie es an der Badener Wand läuft, ist für uns nicht nachvollziehbar. Die Gründe für den unterdurchschnittlichen Bruterfolg sind nicht fachlich fundiert belegt", erklärt Marc Stannartz, Experte für naturverträgliches Klettern. Die vom Regierungspräsidium angeführte fachliche Stellungnahme werde sehr einseitig ausgelegt und ein zu Beginn formuliertes Ziel, nämlich die Verhältnismäßigkeit einer Vollsperrung zu bewerten, werde abschließend nicht diskutiert. Grundsätzlich zeigen alle anderen Sperrungen für den Wanderfalken in Deutschland, dass eine temporäre Sperrung während der Brutzeit ausreicht. Auch ob natürliche Feinde wie Fuchs, Marder oder Waschbär die Ursache sein könnten, wurde am Battert nicht untersucht – obwohl die Brutnische des Wanderfalken am Battert für die Arten zugänglich ist.
"Dazu kommt, dass die von uns vorgeschlagenen Schutz- und Kontrollmaßnahmen, die sich in anderen Regionen Deutschlands bewährt haben, vom Regierungspräsidium nicht umgesetzt wurden". Und weiter: "Unser primäres Ziel ist der Schutz und Erhalt des Lebensraum Battert für den Wanderfalken. Unser zweites Ziel ist der Erhalt der Klettermöglichkeit am Battert. Und unser drittes Ziel, die beiden zuvor genannten Ziele miteinander zu verbinden. So wie in vielen anderen Klettergebieten Deutschlands, z. B. im Nationalpark Sächsische Schweiz, also in einem Gebiet mit dem höchsten naturschutzrechtlichen Schutzstatus, den es in Deutschland gibt, oder am Gelben Fels, einem traditionellen Brut- und wichtigen Kletterfelsen im Lenninger Tal (Schwäbische Alb) mit ausgezeichneter Kooperation zwischen Kletterer*innen, Naturschützer*innen und Behörden. Warum geht es nicht am Battert?"
Der DAV strebt eine für Naturschutz und Klettersport angemessene, einvernehmliche Regelung an, um den Schutz des Wanderfalken und den Erhalt des Battert als dessen Lebensraum sicherzustellen. Im Gegensatz zum RP Karlsruhe sind wir überzeugt, dass dies auch mit milderen Mitteln, etwa einer saisonalen Sperrung in Verbindung mit temporär verschraubten Haken zu erreichen ist, wie es in vielen Klettergebieten erfolgreich praktiziert wird. Bedeutende Klettermöglichkeiten in Baden-Württemberg blieben so erhalten und negative Einflüsse des Klettersports auf den Bruterfolg des Wanderfalken wären damit bestmöglich ausgeschlossen.
Weitere Infos zur Badener Wand gibt es in zwei Artikeln auf bergundsteigen.de: