Nach deinem WM-Erfolg hast du bald darauf bei der Jugend-Europameisterschaft den nächsten Titel geholt. Wie geht’s dir damit? Was macht der viele Erfolg mit dir?
Ja, das ist natürlich ganz besonders. Es fühlt sich so an, als ob das Training sich endlich ausgezahlt hat. Die letzten Jahre habe ich ja nie so einen Titel gewonnen. Man wusste immer, man kann’s holen, hat es aber nie geschafft. Jetzt endlich und dann gleich zweimal hintereinander – besser geht’s nicht. Vor allem der WM-Titel, das war die letzte Chance für mich in der Jugend, bevor ich nächstes Jahr in die U21 gehe und es dort keine WM mehr gibt.
Natürlich kam es auch unerwartet, vor allem den zweiten Titel direkt danach zu holen, das ist besonders. Ich bin zwar mit dem Ziel reingegangen zu gewinnen, aber dass man es mental nochmal schafft, so einen Wettkampf abzuliefern, ist im Nachhinein einfach großartig.
Ist der Weltmeistertitel für dich der wichtigste Titel bisher?
Ja, auf jeden Fall. Höher geht es in der Jugend nicht. Das ist etwas, was man sich immer erträumt und erhofft hat. Dass ich es jetzt geschafft habe, ist natürlich perfekt.
Du hast zwei Titel geholt und warst viel unterwegs. Wie würdest du deine aktuelle Saison beschreiben und was erwartest du noch von den letzten Wochen?
Bis jetzt war die Saison extrem gut. Sowohl die Jugendwettkämpfe als auch die Erwachsenen-Wettkämpfe liefen sehr stark. Ich habe alle Weltcups mitgemacht. Bei den Erwachsenen lief’s nicht immer perfekt, aber ich hatte trotzdem zwei, drei richtig gute Wettkämpfe, vor allem gleich am Anfang in China und in Denver. Die Jugendwettkämpfe waren ebenfalls solide, zum Beispiel das Podium in Zakopane. Man weiß nie genau, was man erwarten kann, vor allem, wenn man fit ist – vieles ist eher mental. Ich war mir nicht sicher, ob ich das bei so vielen Wettkämpfen gut hinbekomme, da ich in den letzten Jahren gegen Ende der Saison immer Probleme hatte. Dieses Jahr habe ich das aber viel besser gemanagt. Nach den beiden Titeln geht’s jetzt darum, die Saison gut zu beenden und nicht ins Loch zu fallen. Ich habe nur noch ein oder höchstens zwei Wettkämpfe: die WM der Erwachsenen in Korea, wahrscheinlich, und eventuell noch ein European Youth Cup in Laval im Oktober.
Stichwort Mentalität: Wie hast du dich in dieser Saison mental anders vorbereitet?
Ich habe das nicht bewusst verändert. Ich bin einfach entspannter in die Saison gestartet und habe mich nicht so gestresst, selbst nach einzelnen Misserfolgen. Zum Beispiel lief’s in China sehr gut, die Woche drauf in Bali dann gar nicht, weil ich mit der Umgebung nicht klargekommen bin. Dieses Jahr habe ich mehr auf mein Wintertraining vertraut und darauf, wie fit ich bin, und habe den Fokus mehr auf die Erfahrungen gelegt. Das war wichtig, vor allem bei den Erwachsenen-Wettkämpfen. Ich habe mich weniger unter Druck gesetzt und bei den Jugendwettkämpfen ebenfalls entspannter agiert. Klar, bei der EM nach dem Sieg in Helsinki war der Druck da, aber insgesamt war mein Schlüssel dieses Jahr, dass ich alles gelassener gesehen habe. Dadurch habe ich weniger Fehler gemacht, und die Wettkämpfe liefen insgesamt richtig gut.
Nimm uns nochmal mit zur WM. Wie sah dein Alltag dort aus?
Vor Ort schaut man sich erstmal alles an: Venue, Umgebung, Supermärkte, wo man Essen bekommt. Danach geht’s darum, im Hotel entspannt zu bleiben, sich trotzdem ein bisschen zu bewegen und letzte Trainingseinheiten oder Aktivierungen zu machen. Wichtig ist, in den letzten Tagen keine Fehler zu machen, nichts Dummes zu riskieren und sich mental perfekt auf den Wettkampf vorzubereiten.
Und wie sieht dein Alltag aus, wenn du nicht auf Reisen bist?
Ich bin aktuell noch auf dem Gymnasium und mache nächstes Jahr mein Abitur. Normalerweise gehe ich also ganz normal zur Schule und trainiere außerhalb der Schulzeit. Seit ich 18 bin und Auto fahre, ist es viel entspannter, nach Augsburg zu kommen, wo ich hauptsächlich trainiere. In der Schule läufts gut, deshalb sind meine vielen Fehltage wegen der Erwachsenen-World-Cups kein Problem. Ich bekomme Schule, Training, Freunde und Familie gut unter einen Hut. Über die Jahre habe ich mich daran gewöhnt.
Mal abgesehen von deinen Titeln – was waren deine Highlights in dieser Saison?
Definitiv meine Bestzeiten. Vor allem als ich mich unerwartet in Zakopane um 0,01 Sekunden verbessert habe und davor in Denver die 5,2-Zeit. Letztes Jahr habe ich im World Cup auch schon eine persönliche Bestzeit aufgestellt, aber diesmal war es etwas anderes. Bei den Erwachsenen hat man nur wenige Läufe: Training, Quali und dann vielleicht ein Finale. Wenn man da eine gute Platzierung will, muss man in der Quali direkt seine Bestzeit laufen. Dass das in Denver so gut geklappt hat, war schon geil.
Es zeigt mir, dass ich meine Leistung auf den Punkt abrufen kann. Und das gibt mir Hoffnung auf mehr, vor allem in Wettkämpfen mit mehreren Runden, wo man sich über die Läufe noch steigern kann. Da steckt noch deutlich mehr drin. Es motiviert mich extrem, weiterzumachen und vielleicht nächstes Jahr an die 5-Sekunden-Marke ranzukommen.
Was fasziniert dich am Speedklettern im Vergleich zu anderen Kletterdisziplinen?
Beim Speedklettern machst du immer dasselbe. Man sieht direkt, was man trainiert hat, und kann es einfach messen. Es ist wie ein Sprint: immer derselbe Ablauf, und man bereitet sich gezielt auf diese fünf Sekunden vor. Im Training sieht man sofort, wie es läuft, weil die Zeiten klar sind. Das macht Spaß, weil man Fortschritte direkt erkennt. Wenn man dann im Winter Kraft aufbaut und sich vor der Saison aufs Wandtraining fokussiert, sieht man im Wettkampf sofort die Ergebnisse. Zum Beispiel, wenn man eine neue Bestzeit raushaut – das ist einfach ein besonderes Gefühl.
Wie bist du zum Speedklettern gekommen und seit wann machst du es?
Früher war ich in allen drei Disziplinen aktiv und bin auch international im Bouldern gestartet. Aber Leadklettern war nie so mein Ding. Ich habe einfach gemerkt, dass ich mehr Potenzial beim Speedklettern habe und auch mehr Lust drauf. Als ich ins Nationalteam kam, habe ich mich komplett auf Speedklettern fokussiert. Das mache ich jetzt seit etwa drei, vier Jahren spezifisch.
Welchen Tipp würdest du jüngeren Kletternden geben, die in den Leistungssport wollen?
Ich glaube, es hat mir am Anfang geholfen, alles auszuprobieren, besonders die Kombination aus Bouldern und Speedklettern. Das ergänzt sich gut, weil beides maximal kräftig ist. Viele fangen zu früh an, zu spezifisch zu trainieren. Ich sehe manchmal zehnjährige Kinder, die schon extrem fokussiertes Training machen. Ich denke, in dem Alter reicht es, breit und einfach zu trainieren. Spezifisches Training sollte man eher machen, wenn man älter ist und wirklich Richtung Leistungssport geht.
Wie bewertest du die Entwicklung des Klettersports in Deutschland?
Es ist immer noch eine Randsportart, aber sie wächst. Durch Social Media und mehr Berichterstattung wird die Aufmerksamkeit größer. Viele entdecken Bouldern als Freizeitsport. Ich merke auch, dass es im Nachwuchs mehr Interesse gibt: Jugendkadergruppen werden größer, mehr Kinder wollen Wettkämpfe machen. Das ist eine richtig gute Entwicklung, weil der Sport so noch mehr Potenzial bekommt.
Was sind deine persönlichen Ziele für die Zukunft?
Nächstes Jahr möchte ich mich bei den Erwachsenen stärker etablieren, bessere Platzierungen erreichen und vielleicht auch mal in World-Cup-Finals klettern. Langfristig ist natürlich Olympia 2028 in Los Angeles ein großes Ziel. Gleichzeitig will ich nächstes Jahr nochmal die Jugend-Europameisterschaft angreifen und versuchen, dort wieder zu gewinnen. Aber mein Fokus verschiebt sich jetzt Schritt für Schritt mehr zu den Erwachsenen.