Unser Bergmensch der Woche: Dieses Mal stellen wir euch die Bergführerin Heidi Harder vor...
Freut euch in den nächsten Wochen auf spannende Persönlichkeiten und interessante Geschichten. Sie berichten von ihren Kraftorten, ihrem Antrieb in den Bergen und den schönen abwechslungsreichen Momenten im Gebirge.
Über
Heidi Harder ist die siebte Frau, die die Ausbildung zur staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin (IFMGA) erfolgreich abgeschlossen hat.
Staatlich geprüfte Berg- und Skiführer*innen haben die im Bergsportbereich höchste mögliche Qualifikationsstufe abgeschlossen. Sie durchlaufen eine umfangreiche Ausbildung mit abschließenden staatlichen Prüfungen in allen traditionellen Bergsportdisziplinen von Eisklettern bis zu Skitouren. Insgesamt dauert die intensive Ausbildung drei bis fünf Jahre. So sind die geprüften Berg- und Skiführer mit hoher Kompetenz ausgestattet und können für eine optimale Sicherheit ihrer Tourengäste sorgen.

Was macht für dich die Faszination Berge aus?

Die Faszination der Berge macht für mich aus, dass sie so ursprünglich sind, so wild und dass man in den Bergen so viele unterschiedliche Landschaften auf engstem Raum findet. Von schroffen Felsen und steilen Felswänden bis hin zu Gletscherlandschaften und sanften Blumenwiesen und alles ist stetig in Veränderung. Man kann die gleiche Bergtour 100 Mal machen und es ist jedes Mal anders. In den Bergen spüre ich eine große Verbundenheit zur Natur und ein Gefühl von Freiheit. Je nach Tagesform und Motivation finde ich dort immer wieder neue Herausforderungen oder kann mich dort erholen und entspannen.

Würdest du sagen, dass der Berg eine Art Kraftort für dich ist?

In den Bergen gelingt es mir, so wie eigentlich kaum woanders, voll und ganz im Hier und Jetzt zu sein. Beim Klettern oder beim Skifahren denke ich nicht an den Alltagsstress oder an das, was die nächsten Tage oder Wochen ansteht. Da konzentriere ich mich einfach voll auf die Tätigkeit und das ist für mich der Inbegriff dessen, was man unter "Flow erleben" versteht!

Wie hat sich dein Leben durch die Berge verändert?

Die Berge spielen in meinem Leben schon immer eine sehr große Rolle. Mein Vater ist auch Bergführer und so waren wir häufig in den Bergen unterwegs, schon als ich Kind war.
Was ich in den Bergen gelernt habe, ist immer wieder meine Komfortzone zu verlassen und neue Dinge auszuprobieren, mich weiterzuentwickeln, Herausforderungen anzunehmen und gleichzeitig meine Grenzen zu akzeptieren. Die werden einem in den Bergen auf jeden Fall auch aufgezeigt!

Gibt es für dich bestimmte Momente, in denen du besonders zur Ruhe kommst?

Zur Ruhe komme ich eher dann, wenn ich allein unterwegs bin. Am liebsten abseits von großen Gipfeln oder vollen Hütten, dann einfach so durchs Gelände zu streifen. Da bleibe ich gern einfach mal an einem schönen Platz sitzen und genieße die Aussicht oder auch die Stille. Dort komme ich innerlich zur Ruhe und bin dann zu Hause wieder ganz ausgeglichen und entspannt.

Was braucht man, um eine gute Bergführerin zu sein?

Da braucht es verschiedene Fähigkeiten und Kompetenzen, die man mitbringen muss. Das eine ist das persönliche Können im fachsportlichen Bereich und eine gute Kondition, damit man den Touren und Anforderungen auch gewachsen ist. Dazu braucht es eine fundierte Ausbildung, die man in der Bergführer-Ausbildung durchläuft. Hinzu kommt eine gute Orientierungsfähigkeit und natürlich die Erfahrung, die man im Laufe der Zeit sammelt.
Neben diesen ganzen fachsportlichen und technischen Dingen muss man meiner Meinung nach auch gut mit Menschen umgehen können. Dazu gehört, transparent und auf Augenhöhe zu kommunizieren und die Dynamiken im Blick zu behalten, die häufig in Gruppen entstehen.
Freude am Bergsteigen und am Unterwegssein mit Gästen ist es selbstverständlich noch ein weiterer Aspekt. Wenn man selbst keine Begeisterung hat, dann spüren das die Leute auch.

Wenn du mit den Gästen unterwegs bist, hast du ja auch immer die Verantwortung für die Sicherheit. Wie gehst du damit um?

Ja, das ist schon eine große Aufgabe! Für mich hat das Thema mehrere Ebenen: Einerseits bedeutet es für mich, mich sehr gut vorzubereiten: Infos im Vorfeld, Tourenplanung und Plan B. Verantwortungsbewusst unterwegs zu sein, bedeutet aber auch selber in guter Verfassung zu sein, körperlich wie auch mental.
Ein weiterer Aspekt, der mir wichtig ist, ist transparent zu kommunizieren. Dazu gehört beispielsweise, dass ich über potenzielle Risiken aufkläre und sie anspreche. Wenn es dann darum geht, Entscheidungen zu treffen und Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, sollen die akzeptiert und umgesetzt werden, und nicht infrage gestellt werden. Darüber hinaus finde ich es wichtig klar zu machen, dass jeder auch einen Teil an Eigenverantwortung übernehmen muss. Dazu gehört frühzeitig zu sagen, wenn man sich nicht gut fühlt; Ansagen, die aus Sicherheitsgründen gemacht werden genau so umzusetzen oder auch die Ausrüstung in den Rucksack einzupacken, die im Vorfeld besprochen wurde.

Du bist so viel am Berg unterwegs. Ist es noch Leidenschaft oder mittlerweile mehr zum Beruf geworden?

Ich denke, Bergführerin wird man wirklich nur dann, wenn die Berge und das Bergsteigen einen sehr großen Stellenwert für einen persönlich haben. Ich finde, Bergführerin zu sein, ist eher eine Art Lebensstil und mehr als ein Beruf. Ich verbringe nach wie vor einen Großteil meiner Freizeit in den Bergen und freue mich über große und kleine Touren und intensive Erlebnisse, inzwischen auch sehr gerne mit meinen beiden Kindern!
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Das Wirken der Menschen am Berg ist Teil der Kampagne „Spüre Dich selbst“, die der DAV gemeinsam mit seinem Partner Bergader ins Leben gerufen hat. Im Mittelpunkt stehen die vielfältigen Persönlichkeiten, die Tag für Tag inmitten der Bergwelt arbeiten und leben.
Weitere Informationen gibt es bei unserem Partner Bergader.