Wer seine persönliche Schutzausrüstung (PSA) während des regelmäßigen Gebrauchs immer wieder inspiziert, der entdeckt unnötige Gefahrenquellen frühzeitig.   Foto: Christoph Hummel
Wer seine persönliche Schutzausrüstung (PSA) während des regelmäßigen Gebrauchs immer wieder inspiziert, der entdeckt unnötige Gefahrenquellen frühzeitig. Foto: Christoph Hummel

Wie lang darf ich meine Bergsportausrüstung benutzen?

Karabiner, Seile, Helme, Klettersteigsets: Das alles hält nicht ewig. Woran erkennst du altersbedingte Schäden und Verschleiß an deiner Ausrüstung? Wann musst du sie erneuern? Diese lebenswichtigen Fragen beantwortet die DAV-Sicherheitsforschung.

Unfälle im Bergsport sind heute überwiegend auf menschliches Verhalten zurückzuführen – auf mangelnde Sicherungstechnik zum Beispiel, auf eine unrealistische Situations- oder Selbsteinschätzung oder auch schlicht auf hohe Risikobereitschaft in einer gefahrenbehafteten Umgebung. Materialversagen führt nur mehr selten zu Unfällen. Dies verdanken wir einerseits dem gesetzlichen Rahmen, in dem sicherheitsrelevante Ausrüstungsgegenstände heutzutage hergestellt und vertrieben werden. Und natürlich den Herstellern, die sich an die strengen Vorgaben halten, normgerecht produzieren und einen hohen Aufwand dafür betreiben, damit die Qualität ihrer Produkte sichergestellt ist. Sobald sich Ausrüstung allerdings in unserem persönlichen Besitz befindet, sind wir selbst dafür verantwortlich sie sachgerecht zu lagern, Verschleiß zu erkennen und gefährliche Gegenstände auszusondern.

Inhalt

Glossar: die wichtigsten Begriffe

  • PSA: Persönliche Schutzausrüstung. Es gibt drei unterschiedliche Kategorien, diese unterliegen strengen Regeln und Anforderungen in der EU.

  • GAL: Gebrauchsanleitung. Muss der Hersteller bei jedem PSA-Produkt zur Verfügung stellen. Hier stehen hilfreiche Tipps zur Anwendung, Überprüfung, Wartung und Pflege.

  • CE: „Communauté Européenne“. Der Hersteller zeigt mit diesem Zeichen, dass sein Produkt den europaweit harmonisierten Anforderungen entspricht.

  • EN: Europäische Norm. Beschreibt die Mindestanforderungen an die Sicherheit von Produkten.

  • UIAA: Norm der weltweiten Vereinigung der Bergsportverbände (UIAA). Stellt meist höhere Anforderungen an die Produkte als die EN.

  • Lebensdauer: Angabe des Herstellers, wie lange das Produkt unter optimalen Lagerbedingungen und ohne Beschädigungen maximal verwendet werden kann.

  • Gebrauchsdauer: variiert abhängig von Verschleiß, Abnutzung und Beschädigung des Produkts. Die Gebrauchsdauer endet in der Regel vor der maximalen Lebensdauer.

Wann man Material aussortieren sollte

Dieser Artikel soll keine Hysterie auslösen und zum vorschnellen Aussortieren eigentlich noch intakter Ausrüstung führen. Der im Bergsport teilweise hartnäckig überlebenden „Passtschonnoch“-Mentalität soll er aber deutlich ihre Grenzen aufzeigen. Wer sich jedes zweite Jahr ein neues Smartphone kaufen kann, der sollte auch die Kosten für einen neuen Klettergurt nicht scheuen. Weniger erfahrene Bergsteiger*innen sollen lernen, ihr Material im Sinne nachhaltigen und verantwortungsbewussten Handelns im Auge zu behalten und auszusortieren, wenn die Zeit dazu reif ist – nicht früher, nicht später. Das lernt man am besten, indem man sein Material immer wieder kritisch prüft und sich im Zweifelsfall mit Anderen austauscht. Gewarnt sei an dieser Stelle auch vor dem zunehmenden Wahn nach ultraleichter Bergsportausrüstung: Wie leicht ein Produkt ist, lässt sich gut vermarkten. Meist nicht kommuniziert wird dagegen, dass das magere Teil die Mindestanforderungen der Norm nur gerade so noch erfüllt und wie schnell es wahrscheinlich kaputt geht.

Eigenverantwortung im Bergsport

Bei privater Ausrüstung ist jede*r selbst für den Zustand seiner*ihrer Ausrüstung verantwortlich und entscheidet eigenständig, wann aussortiert werden muss bzw. was noch weiterverwendet werden kann. Dabei sollte klar sein, dass man, wenn man mit altem Schrott in die Berge geht, nicht nur sich selbst, sondern auch seine Kamerad*innen gefährdet! Im Folgenden klären wir über typische Schadensbilder der verschiedenen Produktgruppen auf und sensibilisieren für die unterschiedlichen Verschleißmechanismen. Dem*r Leser*in soll dadurch eine realistische Einschätzung des Zustands seiner*ihrer Ausrüstung ermöglicht werden.

Ausrüstung aus Kunststoff

Kunststoffe in Bergsportausrüstung finden wir offensichtlich bei Helmen oder Plastikteilen etwa an Karabinern. Aber auch alle textilen Fasern (Seile, Bandschlingen, Gurte, …) sind Kunststoffe.

Check der Bergsportausrüstung: Gebrauchsanweisung, Sicht- und Funktionsprüfung. Illustration: Georg Sojer

Ob die Bergausrüstung noch zuverlässig ist, beurteilt man in drei Schritten: In der Gebrauchsanleitung steht neben Tipps zur richtigen Verwendung auch die Lebensdauer; ist sie überschritten, erlischt die Produkthaftung des Herstellers und es ist Zeit zum Austausch. Ob das Stück schon vorzeitig ausgesondert werden muss, checkt man regelmäßig per Sicht- und Funktionsprüfung, bei denen nach Schäden und Verschleiß geschaut wird.

Mechanische Beschädigungen bei Kunststoffen

Beschädigungen durch einmalige Lasteinträge sind in der Regel leicht zu erkennen: Risse, Dellen oder sonstige Funktionseinschränkungen durch beschädigte oder abgetrennte Teile (z. B. am Verstellmechanismus). Außerdem bemerkt man das Schadensereignis (z. B. Steinschlag) normalerweise sofort und kann (und sollte) danach gleich das betroffene Teil kritisch beurteilen. Besonders deutlich sind solche Schäden bei Helmen zu sehen: Sobald Risse, Brüche, fehlende Teile oder grobe Verformungen erkennbar sind, sollte der Helm nicht weiterverwendet werden. Beschädigungen und vor allem Verschleiß bei Seilen, Schlingen und Gurten brauchen mehr Detailverständnis.

Bruch des Styropors an einem Helm. Foto: DAV Sicherheitsforschung

Schon ein kleiner Riss im Styropor eines Helms kann die Kraftaufnahme und -verteilung negativ beeinflussen, der Schutz gegen Steinschlag oder Anprall ist dann nicht mehr voll gewährleistet. Kleine, leichte Dellen, wie sie bei Inmoldinghelmen sehr schnell entstehen, sind in der Regel unbedenklich.

Helm mit Delle. Foto: DAV Sicherheitsforschung

Inmoldinghelme bekommen sehr schnell Dellen in der Schale. Solange der Schaumstoff im Inneren nicht beschädigt ist und die Schale keine Löcher/Risse enthält ist dies jedoch kein Aussonderungsgrund – der Helm kann weiterverwendet werden!

Schmelzverbrennung an einer Bandschlinge. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Wenn zwei textile Gegenstände unter Last aneinander reiben, kann der Kunststoff durch die Hitze anfangen zu schmelzen. Wenn das Material nicht sofort komplett versagt, sind relevante „Schmelzverbrennungen“ meist mit bloßem Auge erkennbar oder als Verhärtung fühlbar. Die Bruchfestigkeit ist dort reduziert, die Bedienbarkeit eingeschränkt – ausmustern.

Schaden an einer Bandkante. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Bei Bandmaterial gibt es keinen Mantel, der den tragenden Teil schützen würde. Jede Verletzung (Risse, Schnitte, Abrieb, …) des Materials wirkt sich also direkt auf die Festigkeit aus. Besonders heikel sind Beschädigungen an der Bandkante. Sie wirken wie eine Perforation und senken die Festigkeit drastisch! Jegliches Bandmaterial mit Bandkantenverletzungen an tragenden Teilen sollte deshalb sofort aussortiert werden!

Riss im Helm durch einen Steinschlag. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Nach einem Steinschlagereignis hat dieser Helm eine deutliche Delle mit einem ca. 3 cm langen Riss im zentralen Schutzbereich. Aussortieren!

Helm mit gebrochenem Verstellmechanismus. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Der Verstellmechanismus dieses Helms ist gebrochen. Der Helm kann nicht mehr verrutschsicher getragen werden. Aussortieren!

Kletterseil mit Schaden durch einen Steinschlag. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Bei Kernmantelkonstruktionen (Seile und Reepschnüre) wird der tragende Teil (der Kern) vom Mantel geschützt. Sie sollten spätestens dann ausgesondert werden, wenn der Kern sichtbar wird, etwa nach einem Steinschlagtreffer. Ein Seil kann man eventuell abschneiden, wenn der verbleibende Rest noch ausreichend lang für eine sinnvolle Verwendung ist.

Der Bandfalldämpfer des Klettersteigsets ist aufgerissen. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Der Bandfalldämpfer dieses Klettersteigsets ist ein kleines Stück aufgerissen. Sein Auslöseverhalten ist dadurch beeinträchtigt. Aussortieren!

Mechanischer Verschleiß bei Kunststoffen

Beschädigungen und Verschleiß können durch zweierlei Mechanismen ausgelöst werden: durch mechanische Belastungen oder durch Umwelteinflüsse. Typische mechanische Beschädigungen entstehen durch Lasteinträge wie z. B. Steinschlag; normale Gebrauchs-Belastungen tragen zum Verschleiß bei. Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung oder chemische Verunreinigungen (insbesondere Säuren!) sind schwieriger zu erkennen. Der beste Schutz dagegen ist die sachgerechte Lagerung – dunkel, kühl und trocken. Auch hierzu gibt die GAL produktspezifisch genauere Hinweise.

Verschleiß an einer Bandschlinge. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Auch der langsame Verschleiß durch normalen Gebrauch schwächt Bandmaterial. Vor allem dünne Polyethylen-(Dyneema-) Schlingen sind so knapp am Normwert ausgelegt, dass sie schon bei wenig Aufpelzung schnell kritisch geschwächt werden. Empfehlung: Dünne DyneemaSchlingen schon nach 3-5 Jahren Gebrauch aussortieren.

Kontrastnaht bei einer Expresschlinge. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Tragende Nähte bestehen bei textilen Ausrüstungsgegenständen immer aus Fäden in Kontrastfarbe. Verletzungen dieser Nähte sind ein Aussonderungsgrund.

Der Abriebschutz am Klettergurt ist abgewetzt. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Anseilgurte haben oft einen Abriebschutz im Bereich des Anseilrings – dort, wo das Seil ständig reibt. Sobald dieser Schutz durchgescheuert ist, sollte der Gurt ausgesondert werden. Dringend abzuraten ist davon, den Abriebschutz mit Klebeband zu verstärken oder zu „erneuern“! Die chemischen Bestandteile des Klebstoffs können das Material zusätzlich schwächen.

Knicktest: Das Kletterseil kann man noch benutzen. Foto: DAV-Sicherheitsforschung
Knicktest: Dieses Seil darf man nicht mehr benutzen. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Ist der Seilmantel leicht aufgepelzt, muss man es nicht gleich aussortieren, solange der Kern unbeschädigt ist. Meist wird eher das Handling problematisch. Spürt man beim Durchziehen des Seils „weiche“ Stellen, hilft der „Knicktest“: Sobald sich das Seil mit zwei Fingern leicht komplett zusammendrücken lässt (im Knick bleibt kein „Auge“ mehr offen), hat der Mantel hier seine Schutzfunktion verloren und es ist Zeit zum Austausch. Sportkletterseile verschleißen besonders stark nahe den Enden – wenn man diese abschneidet, kann das Seil für kürzere Touren noch gut sein.

Aufgepelzte Expressschlinge. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Diese ca. 20 Jahre lang von einem Bergführer benutzte Expressschlinge sah auf den ersten Blick noch ganz gut aus. Bei genauem Hinsehen erkennt man jedoch Aufpelzung/Abrasion. Im statischen Zugtest hielt sie nur noch knapp 10kN (die Norm fordert für Schlingen 22kN). Aussortieren!

Klettersteigset mit aufgepelzten Lastarmen. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Die Lastarme dieses Klettersteigsets sind stark aufgepelzt – die Festigkeit ist reduziert. Aussortieren!

Klettergurt mit beschädigtem Gurtband. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Dieses Gurtband ist nach einer Bandkantenverletzung weiterverwendet worden. Dadurch ist die Bandkante immer stärker beschädigt worden. Dieser Gurt hätte schon früher aussortiert werden müssen!

Schäden durch Umwelteinflüsse bei Kunststoffen

Die wichtigsten Umwelteinflüsse, die sich schwächend auf Kunststoff-Ausrüstung auswirken, sind UV-Strahlung, Hitze und Schadstoffeintrag (Chemikalien). Bei jeglicher Art von Verfärbung sollten die Alarmglocken schrillen: Hier hat sich was verändert! UV-Strahlung betrifft in erster Linie Material, das permanent der Sonnenstrahlung ausgesetzt ist, persönlich mitgeführte Ausrüstungsgegenstände also weniger. Hitzeverformungen sind leicht wahrzunehmen; Batteriesäure ist besonders heikel. Schmutz und Dreck machen vor allem das Handling eines Seils schwieriger, Sand- und Granitkristalle können selbst bei Seilen mit Kern-Mantel Konstruktion durch den Mantel eindringen und das Material schädigen; sogar Chalk kann die Festigkeit geringfügig reduzieren.

Bei dieser Expressschlinge ist die Farbe verblasst. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Fix-Exen, Sanduhrschlingen und Abseilstände, die permanent den Witterungsbedingungen ausgesetzt sind, leiden unter den Umwelteinflüssen (z. B. UV-Strahlung). Stark ausgeblichene Farben sind eindeutige Warnzeichen und eine Empfehlung, sie durch eigenes Material zu ersetzen. Kernmantelmaterialien sind hier besser, da der Mantel den tragenden Kern schützt.

Dieser Helm hat eine Verfärbung durch UV-Strahlung. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Von der persönlichen Ausrüstung werden eigentlich nur häufig benutzte Helme nennenswert von UV-Strahlung geschwächt (Versprödung), weil sie der Sonne maximal exponiert sind. Auch hier ist die Verfärbung das Warnsignal.

Dieser Helm wurde durch Hitze veformt. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Die Hitze, die man körperlich beim Bergsteigen aushält, schadet der Ausrüstung nicht. Aber wenn man den Helm unter der Windschutzscheibe des Autos in der Sonne vergisst und danach eine Delle sieht, ist es Zeit zum Aussortieren.

Dieser Gurt wurde durch Chemikalien verfärbt. Foto: Black Diamond

Säureeinfluss ist noch heute gelegentlich Grund für Seilrisse; alleine die Dämpfe von Autobatteriesäure können schon ausreichen – und die Schädigung ist nicht immer so erkennbar wie im Fotobeispiel! Wird Säurekontakt vermutet, sollte textiles Material deshalb umgehend entsorgt werden. Die rechte Naht dieses Gurtes wurde absichtlich mit Säure kontaminiert, um einen Unfallhergang zu rekonstruieren – sie verfärbte sich dadurch von Grau zu Pink. Die Naht des Original-Unfallgurts brach bei Belastung durch das Körpergewicht ohne Sturz!

Wie Ausrüstung aus Kunststoff altert - und wann sie weg muss

Lebensdauer

Ursachen für den Verschleiß:

  • Alterung des Kunststoffs durch physikalisch-chemische Prozesse

Konsequenzen:

  • Lebensdauerangabe in Gebrauchsanleitung überprüfen

  • Bei Kunststoffen/Textilausrüstung beträgt die Lebensdauer meist 10 Jahre

  • Für den Verleih gilt eine verpflichtende Frist

Gebrauchsdauer

Ursachen für den Verschleiß:

  • Aufpelzen von Seil/Schlingen

  • Aufscheuern von Nähten

  • UV-Strahlung auf Fix-Exen

Konsequenzen:

  • 1 x jährlich gründlich prüfen

  • Kurzcheck vor Benutzung

Ursachen für eine Beschädigung:

  • Steinschlag (Helm, Seil)

  • Kantenverletzungen bei Bandschlingen

  • Hitzeverformung (Helm)

  • Säure (Seil, Band, Gurt)

Konsequenzen:

  • Nach konkretem Ereignis sofort entscheiden und Ausrüstung gegebenenfalls erneuern

Ausrüstung aus Metall

Bei den im Bergsport eingesetzten metallischen Werkstoffen handelt es sich im Wesentlichen um Aluminiumlegierungen (z. B. für Karabiner, Leichtsteigeisen) und Stahl (z. B. Eisschrauben, Steigeisen). Werkstoffe auf Basis von Aluminium werden bevorzugt verwendet, da Alu wesentlich leichter ist als Stahl. Allerdings ist es weniger abriebbeständig und bruchfest, weshalb oft auch schwerere Stahllegierungen verbaut werden, häufig kombiniert mit Aluminium. Einige Ausrüstungsgegenstände haben Bestandteile aus Textil und aus Metall (z. B. Gurte, Klettersteigsets, Klemmgeräte). Zur Beurteilung der textilen Bestandteile sei auf den Absatz „Ausrüstung aus Kunststoff“ hingewiesen.

Mechanische Belastungen

Relevante mechanische Beschädigungen können durch einmaligen Lasteintrag wie zum Beispiel bei einem heftigen Sturz entstehen, oder durch dauerhaften Verschleiß im regulären Gebrauch. Große Lasteinträge führen zu Deformationen wie Kerben oder verbogenen Teilen. Solch eine Deformation (aber natürlich nicht jeder kleine Kratzer!) kann die Funktion einschränken und die mechanischen Eigenschaften verändern, also ein Aussonderungsgrund sein. Klettersteigsets müssen übrigens selbst dann aussortiert werden, wenn der Bandfalldämpfer nur zu einem kleinen Teil ausgelöst wurde! Wer ein Set verleiht, der sollte danach den Bandfalldämpfer auf Unversehrtheit überprüfen.

Durch häufige Benutzung des Materials oder z. B. beim Klettern mit einem mit Sand oder Steinmehl (Gletscher!) verunreinigten Seil schleift sich Metall, vor allem Aluminium, schnell ein. Bei Fixexen (vor allem die erste Exe einer Route oder vor einem Dach) entstehen so scharfe Kanten an den Rändern der Einschleifspur. Dies hat schon zu Unfällen mit Seilrissen geführt. An der Umlenkung entstehen in der Regel keine scharfen Kanten, da das Material hier „rund“ abgetragen wird. Der Materialabtrag bei eingeschliffenen Karabinern reduziert die Bruchfestigkeit kaum. Dennoch sollten Umlenker aus Stahl spätestens bei 50 Prozent Querschnittsminderung aussortiert werden, Alukarabiner bei etwa 25 Prozent. Bei Karabinern ist zudem sicherzustellen, dass die Rückstellfeder noch ausreichend hart ist, sodass der Karabiner zuverlässig selbstständig schließt. Dazu lässt man bei der Funktionsprüfung den Schnapper langsam zurück in die geschlossene Position gleiten und überprüft, ob er auch „ohne Schwung“ vollständig zugeht.

Auch Sicherungsgeräte nutzen sich ab. Sind beispielsweise die Bremsrillen eines Tubes stark abgeschliffen, ist die Bremskraft deutlich reduziert. Oder bei Autotubes: Die karabinerabhängige Bremskraft sinkt in der Regel, wenn das Gerät und der Karabiner stark eingeschliffen sind!

Bei Steigeisen und Eisgeräten gibt es immer wieder Ermüdungsbrüche von Stahlteilen, manchmal in Verbindung mit Konstruktions-, Fertigungs- oder Materialmängeln, kombiniert mit ungünstiger Anwendung. Verwendet man z. B. ein starres Steigeisen mit einem weichen Schuh, so führt die Dauerbelastung im elastischen Bereich erst zum Riss, dann zum Bruch. Sind die Hauen von Eisgeräten oder die Zacken von Steigeisen stumpf, können sie von Hand nachgefeilt werden. Dies sollte allerdings nur tun, wer es beherrscht, und nur bis zu einem gewissen Grad, bevor eine relevante Funktionseinschränkung eintritt.

Übrigens: Wenn Gegenstände aus Metall herunterfallen, dann entstehen keine Haarrisse! Solche Risse können bei der Produktion entstehen und beim Aufprall nach einem Fall aus großer Höhe vergrößert und dadurch sichtbar werden oder zum Bruch führen. Sieht das Teil nach dem Herunterfallen noch in Ordnung aus, dann ist es das in der Regel auch noch!

Und: Aluminiumkarabiner aus dem Bergsport eignen sich nicht für Slacklines und vergleichbare Seilaufbauten. Die auftretenden Dauerschwellbelastungen reduzieren die Bruchfestigkeit!

Beispiele: Mechanischer Verschleiß

Gebrochener Mittelsteig eines Steigeisens. DAV-Sicherheitsforschung

Typischer Ermüdungsbruch des Mittelstegs bei Steigeisen: Das Steigeisen wurde mit einem weichen Schuh zum Gletschertrekking verwendet. Viele Steigeisen haben zwei Befestigungspunkte für den Mittelsteg je nach Anwendung (flexibel: Gehen mit weicher Sohle; starr: Klettern mit steifer Sohle)

Die Bremsrillen des Tubes sind stark abgeschliffen. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Je mehr die Bremsrillen bei Tubes abgeschliffen sind, desto niedriger ist die Bremswirkung des Tubes und umso höher ist die Anforderung an die Handkraft des oder der Sichernden.

Karabiner mit eingeschliffener Kerbe. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Alle Stähle, noch mehr aber Aluminium, sind anfällig auf Materialabtrag durch Einschleifen. Scharfe Kanten können zu Seilrissen führen. Die Querschnittsminderung bei Alukarabinern ist ab 25% bedenklich, bei Umlenkern aus Stahl ab ca. 50%. Vorsicht auch vor Funktionsbeeinträchtigungen durch Einschleifen (z. B. Sicherungsgeräte)!

Defekte Verschlusskarabiner mit Selbstverschluss: links ein „Magnetron“, rechts ein „Pinch Lock II“. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Achtung bei selbstschließenden Verschlusskarabinern: Durch häufigen Gebrauch können die Verschlüsse verschleißen. Entweder durch Reinigen reparieren oder aussondern!

Defekter Ball-lock-Karabiner. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Dieser Ball-Lock-Verschluss ist so stark verschlissen, dass man den Verschluss ohne den grünen Ball drücken zu müssen wie einen Twistlock-Karabiner öffnen kann. Der Ball-Lock wird so vom Safelock-Karabiner zu einem Twist-Lock (niedrige Verschlusssicherheit). Aussortieren!

Karabiner mit verschlissener Mechanik. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Der Verschlussmechanismus ist so stark verschlissen, dass er nicht mehr zuverlässig schließt. Am besten durch reinigen und schmieren (kein WD 40) reparieren oder aussortieren.

Steigeisen mit stark abgenutzten Zacken. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Bei diesem alten Steigeisen sind die Zacken sehr stark abgenutzt. Würde man versuchen, sie wieder scharf zu bekommen, wären sie am Ende so kurz, dass sie keinen zuverlässigen Halt mehr bieten können. Aussortieren!

Beispiele: Mechanische Beschädigungen

Beschädigtes Stahlkabel an einem Klemmkeil. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Stahlkabel sind auf Knickbelastungen empfindlich. Ausstehende Litzen bedeuten ein Verletzungspotenzial und vermindern die Bruchfestigkeit des Kabels. Aussondern!

Karabiner mit verformter Geometrie. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Sichtbare Veränderungen der Geometrie oder markante Kerben (nicht: leichte Kratzer!) sind ein Hinweis auf außerordentlich große Lasteinträge bei metallischen Gegenständen und daher ein Grund zum Ausmustern.

Karabiner mit Riss an der Niete. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Wie genau der Riss an der Niete entstanden ist, ist nicht bekannt. Erkennen kann man ihn nur bei genauem Hinsehen. Aussortieren!

Schäden durch Umwelteinflüsse

Rost und Dreck sind die Umwelteinflüsse, die Metallteile vorzeitig reif fürs Recycling machen können. Fast alle Metalle rosten – auch sogenannte „Edelstähle“ in bestimmten Umgebungen, etwa in Meeresnähe. Dies betrifft aber weniger die persönliche Ausrüstung, sondern vor allem Fixmaterial am Fels (Fixexen, Bohrhaken, Umlenkketten etc.). Sogenannte Kontaktkorrosion (auch: „galvanische Korrosion“) findet statt, wenn zwei unterschiedlich edle Metalle (z. B. Aluminium und Stahl) dauerhaft in Kontakt und dabei feucht sind. Durch eine elektrochemische Reaktion zersetzt sich dabei das unedlere Metall und löst sich langsam auf. Dieses Problem ist bei Fixexen im Outdoorbereich und bei alten Bohrhaken (v.a. Bohrkronenhaken aus den 1980er und 1990er Jahren) zu beachten.

Persönliche Ausrüstung sollte man vor dem Einlagern trocknen und nach Verwendung in korrosionsfördernder Umgebung (etwa in unmittelbarer Meeresnähe) sorgfältig inspizieren und gegebenenfalls reinigen (Abwaschen mit Leitungswasser, evtl. auch mit Neutralseife).

Auch Schmutz kann zu Funktionseinschränkungen führen und beispielsweise Karabinerverschlüsse oder Sicherungsgeräte in ihrer Funktion beeinträchtigen. Stark verschmutzte Klemmgeräte (Friends, Camalots, etc.) können schwergängig auf und zu gehen. Nach einer gründlichen Reinigung mit Bürste und Leitungswasser lassen sich die Gelenke und Federn mit säurefreiem Öl oder Schmiermittel auf Silikonbasis wieder gängig machen (kein WD 40 – das beschleunigt die Alterung!). Nach dem Schmieren verbleibende Fettspuren gründlich entfernen!

Beispiele: Korrosion

Korrosionsschaden an einem Aluminiumkarabiner. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Durch Kontaktkorrosion zwischen dem Aluminiumkarabiner und dem Bohrhaken löste sich diese Fixexe am Schleierwasserfall sprichwörtlich auf.

Flugrost an einer Eisschraube. Foto: DAV-Sicherheitsforschung

Flugrost ist kein ernsthafter Grund zur Aussonderung; er kann mit einem Scheuerschwamm problemlos wieder entfernt werden.

Tipps zum Markieren von Bergsportausrüstung

Wer seine persönliche Ausrüstung dauerhaft markieren möchte, der sollte aufpassen, dass er sie dabei nicht versehentlich beschädigt!

Kunststoff

Chemische Bestandteile von Klebeband, Aufklebern, Markern etc. können textile Ausrüstung möglicherweise schädigen, deshalb:

  • Markierungen nicht auf den tragenden Sicherheitselementen, sondern auf den Komfortelementen oder Etiketten anbringen.

  • Manche Hersteller haben für Markierungen eigene Flächen vorgesehen, z.B. auf dem Etikett (siehe GAL)

  • Seil: Markierung am besten am Seilende > Mittelmarkierung von Seilen und Markierung tragender Teile: nur vom Hersteller zugelassene Tinte oder Edding 3000 verwenden

Metall

  • Wichtig: kein Stanzwerkzeug, keine Schlagbuchstaben

  • Markierungen nicht an Funktionsbereichen oder an Stellen an denen Reibung mit anderen Produkten auftritt – Seile und Bänder können sonst unnötig schnell verschleißen

  • problemlos: elektrischer Gravierstift (Tiefe unter 0,1mm) oder Lasergravur

  • ein kleiner Farbtupfer mit Metallkompatibler Farbe (Lackierstift oder Stempelpaste für Metall)

  • farbiges Tape an Stellen die nicht mit dem Seil oder anderen Produkten in Berührung kommen.

Hintergrundwissen: PSA, CE, EN, UIAA und GAL

Bei der Ausrüstung, die wir im Bergsport verwenden, muss zwischen Sport- und Schutzausrüstung unterschieden werden. Kletterschuhe beispielsweise dienen in erster Linie der Ausübung des Sports. Vorschriften für Stabilität etc. gibt es nicht. Ausrüstungsgegenstände, bei denen hingegen die Schutzfunktion im Vordergrund steht, werden als „Persönliche Schutzausrüstung“ (PSA) bezeichnet. Die gesetzlichen Regeln für PSA sind EU-weit in der sogenannten PSA-Verordnung festgeschrieben. Je nachdem, wie groß die Gefahr ist vor welcher der Gegenstand schützen soll, wird PSA darin in drei Schutzklassen eingeteilt. Schützt die Ausrüstung vor tödlichen Risiken – z. B. vor Absturz – dann handelt es sich um PSA der Kategorie III, der höchsten Schutzklasse mit den strengsten Anforderungen. Alle Gegenstände, die als PSA eingestuft sind, müssen das „CE“-Symbol tragen („Communauté Européenne“). Der Hersteller zeigt damit, dass sein Produkt den europaweit harmonisierten Anforderungen entspricht. Bei Produkten der Kategorie I (z. B. Gletscherbrille) kann der Hersteller das „CE“ eigenverantwortlich anbringen. PSA der Klassen II und III muss vor der In-Verkehr-Bringung zusätzlich durch eine unabhängige Prüfstelle zertifiziert werden. Bei Klasse III verlangt die Verordnung sogar jährlich eine erneute Stückprüfung (alternativ dazu kann der Hersteller seinen Produktionsprozess Iso-zertifizieren lassen). Als Grundlage für die Zertifizierung dienen den Prüfstellen in der Regel die Europäischen Normen (EN), die auf europäischer Ebene von einem Fachgremium bestehend aus Beauftragten der europäischen Bergsportverbände und Vertretern von Herstellern und Zertifizierungsstellen erarbeitet werden. Sie beschreiben Mindestanforderungen an die Sicherheit der Produkte. Die Normen definieren auch, welche Angaben in einer Gebrauchsanleitung (GAL) von PSA gemacht werden müssen – z. B. eine Angabe zur Lebensdauer des Produkts. Zusätzlich gibt es die weltweit beachtete Norm der UIAA, welche noch höhere Anforderungen an die Produkte stellt, aber von den Herstellern nicht verpflichtend eingehalten werden muss. Trägt ein Gegenstand den UIAA-Schriftzug, dann zeigt dies, dass er die höchsten Anforderungen erfüllt.

Wer trägt die Verantwortung?

Die Frage, wer für die Intaktheit von PSA im Bergsport verantwortlich ist, hat in unserer Gesellschaft immer mehr auch einen finanziellen Hintergrund: wer bezahlt, wenn was passiert ist? Diese Frage ist allerdings vor Gericht immer im Einzelfall zu klären. Um zu verhindern, dass keine Ausrüstung verwendet wird, von der Gefahr für den Anwender ausgeht, ist die ex-post Perspektive wenig hilfreich. Trotzdem sei an dieser Stelle kurz skizziert, wie der rechtliche Rahmen aussieht, in dem wir uns hier bewegen, bevor im Anschluss gezeigt wird, welche Mechanismen zu relevanten Schäden führen und wie diese erkannt werden können, damit kein Unfall passiert.

Der Hersteller trägt die Verantwortung dafür, dass seine Produkte bis zum Ende der Lebensdauerangabe gefahrlos verwendet werden können. Davon ausgenommen sind natürlich alle externen Einflüsse wie z. B. Manipulation seitens des Anwenders, Verschleiß durch häufigen Gebrauch oder UV-Strahlung. Falls bei Produkten, die bereits im Umlauf sind, ein sicherheitsrelevantes Problem seitens der Produktion entdeckt wird, ist der Hersteller im Rahmen der Produkthaftung dafür verantwortlich, dieses zu kommunizieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen (z. B. ein Überprüfungsaufruf oder ein Rückruf). Sobald die offizielle Lebensdauer des Produkts überschritten ist endet die Produkthaftung des Herstellers. Selbst wenn ein Problem mit einem Produkt gemeldet wird ist der Hersteller dann nicht mehr dazu verpflichtet, dieses zu kommunizieren oder gar eine Rückrufaktion zu starten – mit der Produkthaftung endet also auch die Produktbetreuung seitens des Herstellers.

Ab dem Zeitpunkt, an dem ein Produkt auf dem Markt ist, wirken externe Einflüsse auf das Produkt, für die der Hersteller natürlich nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann. Deshalb gibt es seit 2017 eine Ausbildung zum PSA Sachkundigen für Bergsportausrüstung (betrifft vor allem den kommerziellen Bereich wie z. B. Ausrüstungsverleih in einer Kletterhalle). Früher gab es die Qualifikation zum Sachkundigen für PSA gegen Absturz nur im Bereich der Arbeitssicherheit, also für Industriekletterer. Da jedoch Bergsportausrüstung auch gewerblich verwendet wird, wurde von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), bei der sowohl alle Arbeitnehmer wie auch alle ehrenamtlich Tätigen – also auch alle Trainerinnen und Trainer im DAV - gesetzlich gegen Unfall versichert sind, ein Grundsatz veröffentlicht, der die Ausbildung und Qualifizierung zur Sachkunde für PSA im Bergsport regelt. Ein dementsprechend ausgebildeter und geprüfter Sachkundiger ist dazu qualifiziert, Bergsportausrüstung (kommerziell) zu überprüfen und zu bestimmen, welche Gegenstände noch verwendet werden können und welche aussortiert werden müssen, damit die gesetzliche Unfallversicherung auch im Falle von Ausrüstungsversagen greift.

Warnhinweise und Rückrufe

Die DAV-Sicherheitsforschung informiert aktuell über Warnhinweise und Rückrufe seitens der Hersteller.

Gebrauchsanleitung und Allgemeine Hinweise

Die zentrale Informationsquelle zur Überprüfung aller PSA-Gegenstände ist die GAL, die beim Kauf aller PSA-Gegenstände enthalten sein muss – also bitte nicht gleich ins Altpapier geben, sondern lesen. Sie informiert unter anderem über die Lebensdauer, die richtige Anwendung, Lagerung und Pflege und gibt obendrein spezifische Hinweise zur richtigen Überprüfung des Produkts auf Intaktheit. Manche Produkte müssen nach einem Sturz sofort ausgesondert werden, etwa Klettersteigsets – wer ein solches Produkt besitzt, der sollte das wissen! Diese Information steht natürlich auch in der GAL. Wer im kompetenten Fachhandel einkauft, muss in der Regel nicht überprüfen, ob neu angeschaffte PSA normkonform ist, denn nicht-normkonforme PSA wird dort nicht verkauft. Das ist nur einer von vielen Gründen, nicht billig online einzukaufen – im Netz kursieren teilweise fragwürdige Anbieter und illegale Produkte! Man sollte sich außerdem regelmäßig informieren, ob es einen Produktrückruf gibt, den es zu beachten gilt.

Lebensdauer versus Gebrauchsdauer

Auch die Lebensdauerangabe findet man in der GAL. Nach den aktuellen Normen müssen Gurte, dynamische Seile, Helme, Bandfalldämpfer (der textile Teil von Klettersteigsets) und vernähte Schlingen mit dem Herstellungsjahr gekennzeichnet sein. Offenes Bandmaterial und Reepschnur sind auf der Trommel, auf welcher sie ausgeliefert werden, gekennzeichnet. In Kombination mit der GAL ist dadurch der Zeitpunkt des Endes der Produkthaftung seitens des Herstellers leicht ermittelbar. Für den Hersteller ist die Lebensdauer textiler Materialien nicht leicht zu bestimmen, da es seitens der Norm keine Tests gibt und der Alterungsprozess primär von den Lagerungsbedingungen und der Art und Häufigkeit des Gebrauchs (Verschleiß) abhängt. Die Angabe zur Lebensdauer kann von Hersteller zu Hersteller und von Produkt zu Produkt unterschiedlich sein und sollte daher in der zugehörigen GAL recherchiert werden. Allerdings geben die meisten Hersteller für ihre textile PSA eine maximale Lebensdauer von ca. 10 Jahren ab Herstellungsdatum an. Auch bei Metallprodukten ist in der GAL immer eine maximale Lebensdauer angegeben – oft ist sie unbegrenzt. Denn Metall unterliegt keinen nutzungsunabhängigen Alterungsprozessen; deshalb muss bei Gegenständen aus Metall auch nicht das Herstellungsjahr auf dem Produkt vermerkt sein.

Für Ausrüstungsgegenstände, die textile und metallische Bestandteile kombinieren, ist die Lebensdauer in der Regel durch die nicht-metallischen Bestandteile begrenzt. Und natürlich gilt auch hier: Nach Ablauf der Lebensdauer erlöschen Produkthaftung und Produktbetreuung des Herstellers – falls also beispielsweise Produktionsmängel nach Ablauf der Lebensdauer aufgedeckt werden, gibt es keinen Rückruf mehr und der Besitzer haftet selbst! Im Internet werden immer wieder dubiose Produkte zum Kauf angeboten. Vor allem bei teuren Klemmgeräten ist es ärgerlich, wenn man sie wegen der Schlinge aussortieren muss, obwohl der eigentliche Klemmkörper noch völlig unversehrt ist. Wer die Schlinge dann gegen eine neue austauscht (am besten mit einer kurzen vernähten Kevlar- oder Dyneema-Reepschnur), der manipuliert dadurch das Gerät und haftet selbst. Einige Hersteller bieten allerdings einen Austauschservice für die Schlingen ihrer Klemmgeräte an.

Ein Produkt versagt natürlich nicht automatisch, wenn die Lebensdauer ein paar Tage abgelaufen ist. Der Übergang vom Neuzustand bis zur Ablegereife ist fließend. Als grobe Empfehlung geben Hersteller deshalb zusätzlich zur maximalen Lebensdauerangabe oft Gebrauchsdauerangaben. Diese helfen vor allem den weniger erfahrenen Anwendern bei der Einschätzung, wann ein Produkt aussortiert werden sollte. Die Gebrauchsdauerangabe dient als Hilfestellung um zu zeigen, dass ein Produkt auch innerhalb der offiziell angegebenen maximalen Lebensdauer in Abhängigkeit der Nutzhäufigkeit und -intensität früher aussortiert werden muss.

Manchmal ist es sogar sinnvoll, Ausrüstung auszusortieren, selbst wenn keine Beschädigung erkennbar und die Lebensdauer unbefristet ist. Über die Jahre entwickelt sich nämlich die Technik weiter (z. B. höhere Schnapper-offen-Festigkeit von Karabinern, verbesserte Technik bei Sicherungsgeräten), so dass alte Produkte nicht mehr dem aktuellen „Stand der Technik“ entsprechen. Moderne Produkte bieten dann mehr Sicherheit oder eine komfortablere Bedienung. Die Entscheidung, wann man als Privatperson ein Produkt aussortiert, liegt aber letztlich beim Besitzer und sollte bewusst getroffen werden. Deswegen ist es wichtig, dies auch angemessen beurteilen zu können.