Einführung
Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) zählen nicht zur Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) und deren Richtlinien. Dennoch stellen sie das zentrale Element der Lawinen-Notfallausrüstung dar – ein Versagen im Notfall hätte erhebliche Konsequenzen. Daher ist es unerlässlich, dass ein LVS-Gerät auch stets funktioniert, wenn es in Gebrauch ist.
Wie andere elektronische Geräte auch unterliegen LVS-Geräte im Laufe ihrer Lebensdauer äußeren Einflüssen (z.B. Benutzung, Stöße, Feuchtigkeit, UV-Strahlung, Hitze) und Prozessen (u.a. Alterung von Bauteilen). Erstere haben die Anwender*innen in gewissem Maße selbst in der Hand, letztere hingegen sind nur bedingt beeinflussbar und laufen oft im Verborgenen ab.
Da uns häufig die Frage gestellt wird, wie lange ein LVS-Gerät (in welchem Kontext?!) verwendet werden kann, möchten wir anhand der noch verbreiteten Modelle Pieps DSP 1. Generation, Mammut Element Barryvox und Ortovox 3+ die Performance der ersten Dreiantennen Generation von damals mit aktuellen Geräten vergleichen, und andererseits die Aussagen der Hersteller zu Service, Alterung und Lebensdauer zusammentragen.
Überprüfung der LVS
Zunächst: Über 1- und 2-Antennen-Geräte brauchen wir uns hoffentlich nicht mehr zu unterhalten, oder? (Link: Studie der DAV-Sicherheitsforschung)
Analog zur Überprüfung von PSA gilt auch für LVS-Geräte: Was in der Gebrauchsanleitung (GAL) steht, gilt. Die Hersteller kennen ihre Geräte am besten, gibt ein Hersteller dort eine maximale Lebensdauer an, ist es auch empfehlenswert, dieses nicht darüber hinaus zu verwenden – auch wenn es noch funktioniert.
Die Überprüfung vor jedem Einsatz:
visuelle und manuelle Kontrolle, Funktionskontrolle: Ein- und Ausschalten, Geräte-Selbsttest, Batterieanzeige, Fehleranzeige, LVS-Check (!))
sowie eine eingehende Überprüfung 1x im Jahr – am besten im Sommer! Nicht vergessen, die Website oder App des Herstellers für das neueste Firmware-Update aufzurufen und dieses zu installieren! Manche Apps bieten einen erweiterten Funktionstest des LVS an.
Beim kleinsten Zweifel, dass das Gerät nicht mehr richtig funktioniert oder gar Beschädigungen aufweist, oder ist das Wartungsintervall des Herstellers erreicht, ist eine genauere Überprüfung notwendig. Häufigste offensichtliche Fehler: ausgelaufene Batterien und korrodierte Batteriekontakte (keine Gewährleistung und häufig irreparabel), Fehler am Display oder am Schalter, Sprünge oder abgebrochene Stellen am Gehäuse.
Stichwort Serviceintervalle: Die Hersteller legen diese fest (siehe weiter unten und in den GAL). Auf jeden Fall ist es ein gutes Gefühl bei der ersten Tour im Jahr, wenn das Gerät auf Herz und Nieren durchgecheckt und gegebenenfalls professionell repariert wurde.
Wie performen LVS älterer Generation im Vergleich?
Vorweg: Wir waren positiv überrascht, dass die drei „Altgeräte“ Pieps DSP 1. Generation, Mammut Element Barryvox und Ortovox 3+ im Großen und Ganzen im Vergleich zu den Neugeräten teilweise nicht so schlecht abschnitten. Was die Empfangsreichweite betrifft, sind vor allem der starke Abfall der z-Lage im Vergleich zur eigentlich guten Reichweite in x-Lage zu nennen (3+ und Element hatten hier eine Reduktion um 2/3!).
Auch in der Grobsuche gibt es Unterschiede zu den neuen Geräten, was insbesondere bei senkrechtem Sender offensichtlich wird – der maximale seitliche Versatz ist dabei 5-10 m geringer als bei den aktuellen LVS.
Das 3+ konnte durch einen relativ raschen Prozessor insbesondere in der Feinsuche überzeugen, wo die beiden anderen Geräte gerade bei der tiefen Verschüttung (2 m) nur durchschnittlich ablieferten. Bei der Mehrpersonenverschüttung hatte das 3+ die Nase vorn, aber auch hier merkt man dennoch, dass nach dem Markieren des vorangegangenen Senders einige Zeit vergeht, bis das nächste verfolgbare Signal angezeigt wird. Nahe Störquellen haben auf alte Geräte mehr Einfluss (am meisten war dies beim 3+ merkbar[LB1] ).
Das DSP Standard kann in Anbetracht seines Alters immer noch als grundsolide bezeichnet werden, obwohl einem die Prozessorgeschwindigkeit im direkten Vergleich mit Neugeräten sehr langsam vorkommt – hier muss insbesondere bei der Feinsuche sehr sorgfältig und genau vorgegangen werden. Auch arbeitet die Markierfunktion noch nicht so zuverlässig als bei nachfolgenden Generationen und das Verfolgen von eng beieinander liegenden Sendern gestaltet sich mitunter zum Spießroutenlauf. Sollte ein DSP der frühen 2. Generation im Spätwinter 2025 noch durch’s Service gehuscht sein, so wäre es theoretisch noch diese Saison nutzbar – wir wollen uns aber der Herstellerempfehlung, das Gerät auszutauschen (s.u.), anschließen.
Das 2011 erschienene Element Barryvox von Mammut verfügt bereits über eine Gruppencheck-Funktion. Die Reichweite in x-Lage ist relativ hoch; Die Annäherung in der Grobsuche ist nicht gerade geradlinig, und die Anzeigewerte verharren mitunter länger auf demselben Wert (Plateau). Auffallend ist die Diskrepanz zwischen Anzeigewert und realem Abstand zum Sender. Wenn man präzise und langsam arbeitet, gestaltet sich die Feinsuche effizient. Sowohl das Erkennen von mehreren Sendern in einem einfachen Szenario, als auch insbesondere das Verfolgen in einem komplexen Szenario forderte Gerät (und Tester) heraus.
[LB1]Noch ein bisschen mehr Fazit oder Differenzierung möglich oder sollen wir das offen lassen. Zumindest DSP austauschen als Empfehlung?
Wann tausche ich mein LVS aus?
Wenn mein LVS offensichtlich kaputt ist (Hardware, Display, bleibende Fehleranzeige)
Wenn es der Hersteller empfiehlt: ist eine maximale Gebrauchsdauer angegeben und diese überschritten oder ist das Service eingestellt, das Gerät kann also nicht mehr vom Hersteller überprüft werden (z.B. aufgrund Software-Kompatibilitäten)
Wenn die Funktionen des LVS nicht dem Anforderungsprofil entsprechen vor allem dann, wenn man eine Vorbildfunktion hat, Trainer, Kursleiter etc. Gruppencheck-Funktion, Markierfunktion sind mittlerweile etablierter Standard, Funktionen wie ein Backup / Rescue Send Modus zumindest sinnvoll.
Wenn ich bei LVS-Übungen immer der langsamste bin (und ich ausschließen kann das es nicht nur an mir liegt 😉)
Exkurs: Alterung und das Innenleben eines LVS
Hersteller entwickeln ihre LVS-Geräte nach bestem technischem Stand, doch viele der verbauten Komponenten stammen von Zulieferern und folgen industriellen Standards. Je nach Auswahl und Qualität dieser Bauteile können sich jedoch deutliche Unterschiede in Langlebigkeit, Robustheit und Zuverlässigkeit eines LVS ergeben. Im Folgenden ein kurzer Einblick in Aufbau und Bestandteile eines LVS und die Auswirkung von Alterung:
Das Gehäuse eines LVS kann je nach Material und äußeren Einflüssen altern und dabei spröde werden. Batteriekontakte können korrodieren oder sich lockern, mit entsprechend ungünstigen Folgen für die Stromversorgung. Unter dem Gehäuse (Abb.) ist ein LVS ein elektronisches Gerät mit einer Leiterplatte und zahlreichen Komponenten. Auch diese elektronischen Bauteile können sich durch Umwelteinflüsse oder mit fortschreitender Zeit verändern. Die drei Ferritstäbe und Spulen (Antennen), zuständig für Senden und Empfangen, können brechen oder sich leicht verstimmen. Temperaturwechsel und mechanische Belastungen beanspruchen Lötstellen, Kondensatoren und andere empfindliche Bauteile. Quarze dienen als Taktgeber der Referenzfrequenz (457 kHz). Dass diese Frequenz über die Jahre hinweg um wenige Hertz driftet, ist möglich, stellt jedoch vor allem bei älteren Gerätegenerationen ein Problem dar. Moderne Geräte verzichten teilweise durch intelligente Mikrocontroller-Designs auf dieses Bauteil. Ähnliches gilt für Keramikfilter, die für die analoge Filterung um die Mittenfrequenz zuständig sind bzw. waren: Sie können mit der Zeit ihre mechanischen Eigenschaften verändern und so schleichend zu Reichweitenverlusten beitragen.
Die Entwicklung moderner LVS bewegt sich zunehmend in Richtung digitaler Signalverarbeitung. Dadurch lassen sich Alterungsprobleme und andere Nachteile analoger Bauteile weitgehend vermeiden. Gleichzeitig werden LVS präziser, störresistenter und flexibler. Da viele Funktionen softwarebasiert sind, können Updates Verbesserungen schneller und nachhaltiger umsetzen.
Was sagen die Hersteller zu Service, Lebensdauer und Alterung?
PIEPS
PIEPS empfiehlt, seine Geräte gemäß den vorgegebenen Serviceintervallen, die von der Zugehörigkeit zu einer LVS-Generation abhängen, zu überprüfen.
Generation 1 (1968–2003): Rein analoge 457-kHz-Technik (1- und 2-Antennen-Geräte)
Generation 2 (seit 2003): Analoges Frontend mit drei 457-kHz-Antennen und digitaler Signalverarbeitung. Frühe Gen2-Geräte: Pieps DSP Standard; Bluetooth-fähige Gen2-Geräte: Pro/Powder BT u.a.
Generation 3 (PIEPS ab 2023): IPS und nachfolgende Generationen
Mit zunehmendem Alter sinken die Leistungsmerkmale eines LVS, was sich z. B. in der Reichweite niederschlägt. Für Gen1-Geräte empfiehlt PIEPS den Austausch, da viele Modelle nicht mehr der Norm EN 300 718 entsprechen und aufgrund verminderter Leistung schwer detektierbar sein können. Frühe Gen2-Geräte von PIEPS (DSP STANDARD, DSP TOUR, FREERIDE) sollten nicht mehr eingesetzt werden, da 2025 mangels Verfügbarkeit von Prüfverfahren und Bauteilen der Service für die Geräte eingestellt wurde. DSP Sport, DSP Pro und DSP Ice können aktuell noch gewartet werden. Da ihr Prüfverfahren jedoch über den eingestellten Microsoft Internet Explorer läuft, wird das Service für diese Modelle mit 1. Januar 2027 eingestellt.
Für bluetooth-fähige Gen2-Geräte (PRO/POWDER BT, MICRO-Serie) wird die Überprüfungen zunächst nach drei (Garantieverlängerung) und fünf Jahren sowie anschließend jährlich empfohlen. Für Gen3-Geräte (IPS-Serie) wird die erste Serviceprüfung nach fünf Jahren, anschließend alle drei Jahre empfohlen – vorausgesetzt, der jährliche DeviceCheck über die PIEPS App wurde erfolgreich durchgeführt und das Gerät keiner außergewöhnlichen mechanischen oder thermischen Belastung ausgesetzt war. Grundsätzlich empfiehlt PIEPS für alle Bluetooth-fähigen Geräte einen jährlichen DeviceCheck.
Giang Tran, PIEPS Geschäftsführer:
„Die Bauteile eines LVS-Geräts altern durch UV-Strahlung, Hitze, Kälte und Feuchtigkeit. Besonders betroffen ist das Kunststoffgehäuse, dessen Materialeigenschaften sich im Lauf der Jahre verändern, ähnlich wie bei Schutzhelmen, die laut Herstellern und Arbeitsschutzempfehlungen wegen der Alterung ihres Kunststoffs nach spätestens rund zehn Jahren ausgetauscht werden sollen. Dadurch kann die mechanische Belastbarkeit des Gehäuses nach rund zehn Jahren deutlich reduziert sein und im Ernstfall nicht mehr dem ursprünglichen Schutzniveau entsprechen. Auch elektronische Komponenten altern und können zu einer reduzierten Sendeleistung führen.
Bei außergewöhnlichen Belastungen (z. B. Lawinenverschüttung, starker Aufprall auf harten Untergrund oder schwerer Sturz) muss das Gerät zum Service eingeschickt werden, da der app-gestützte DeviceCheck den mechanischen Zustand des Gehäuses nicht vollständig erfassen kann.“
Mammut
Mammut gibt keine allgemein, maximale Lebensdauerempfehlung für seine älteren 3-Antennen-LVS-Geräte an – sofern sie regelmäßig überprüft werden (jährlich bei > 120 Nutzungen pro Jahr; 3-jährlich für „normale“ Nutzer*innen) und keine Auffälligkeiten, sowohl äußere Beschädigungen als auch wiederholtes Auftreten von Fehlermeldungen betreffend. Konkret heißt dies, dass Element und Pulse Barryvox auch nach über 10 Jahren serviciert und repariert werden können. Der Hersteller berichtet weiters, dass es zu keiner Häufung von altersbedingten Defekten ab einer bestimmten Zeitspanne kommt. Der überwiegende Anteil der Geräte, die zum Service eingeschickt werden und keine offensichtlichen Schäden aufwiesen, würden auch die Überprüfung anstandslos bestehen.
Zu den eigens durchführbaren Checks vor jedem Einsatz empfiehlt Mammut darüber hinaus, regelmäßig – zumindest zu Anfang und Ender der Saison – den Federdruck der Batteriekontakte zu überprüfen.
Michael Vollmer, Team Lead Safety Equipment (PPE), Mammut:
„Es gibt bei Geräten > 10 Jahren, die zu uns zum Service eingeschickt werden, keine Häufung an Fehlermeldungen oder defekten Bauteilen. Deshalb geben wir auch keine maximale Gebrauchsdauer auf LVS-Geräte an, wenn sie einwandfrei funktionieren. Auch Barryvox Element Geräte können noch überprüft und repariert bzw. ausgetauscht werden.“
Ortovox
Bei Ortovox zeigt sich kein gehäuftes Auftreten von Defekten bei Geräten, die über 10 Jahre alt sind und sachgemäß (!) verwendet wurden. Laut Hersteller gibt es auch bei den Keramikfiltern keine alterungsbedingte Häufung von Fehlfunktionen. Für die 3-Antennen-Geräte S1+, 3+ und Zoom (und Diract sowie Diract Voice) bietet der Hersteller weiterhin einen Überprüfungsservice sowie ggf. Reparaturen durch. Für noch ältere Geräte sind nicht immer Ersatzteile verfügbar – so kann das F1 (1-Antennen-Gerät) zwar noch überprüft, aber nicht mehr repariert werden – gehört aber eigentlich in den Müll. Und: Die Befürchtung, dass die Alterung der verbauten Akkus bei den neueren Geräten Diract/Diract Voice zu einer vorzeitigen Ablagefrist führt, ist bei 500 Lade-/Entladezyklen wohl unbegründet (selbst bei fünfmaligem Aufladen pro Saison wäre die Lebenszeit des Akkus theoretisch 100 Jahre – ob’s da noch Schnee in den Alpen gibt?!).
Dieter Kotlaba, Product Manager Safety, Ortovox:
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei sachgemäßer Handhabung und Lagerung (trocken und kühl) sowie Einhaltung des empfohlenen Überprüfungsintervalls und regelmäßiger Kontrolle auf ausgelaufene Batterien aus technischer Sicht nichts gegen eine Verwendung über 10 Jahre hinaus spricht.
Nichtsdestotrotz summieren sich über die Jahre wie oben beschrieben die Ausfallwahrscheinlichkeiten auf. Zudem ist die Anzahl der Personen, die ihr Gerät tatsächlich alle 2 Jahre zum Service schicken, sehr gering. Des Weiteren bietet der LVS-Markt innerhalb von 10 Jahren technologische Fortschritte, die zu einer erhöhten funktionalen Sicherheit und vereinfachten Suche beitragen. Daher erscheint eine an die PSA-Richtlinien orientierte Empfehlung zum Gerätetausch alle 10 Jahre (insbesondere für Personen, die ihr LVS regelmäßig in Gebrauch haben) ebenfalls vertretbar.“
Arva
Der französische Hersteller Arva empfiehlt eine Neuanschaffung nach 10 Jahren ab Kaufdatum. Dies vor allem, um kohärent mit industriellen Standards zu sein. Daraus leiten sich maximal 10 Jahre ab, in denen Arva Reparaturen anbietet, und 15 Jahre, in denen LVS-Geräte überprüft und serviciert werden.
Genauso wie Mammut werden für verschiedene Nutzergruppen unterschiedliche Serviceintervalle empfohlen: alle 3 Jahre für Gelegenheitsnutzer*innen bis zu 1x jährlich bei intensivem Gebrauch (Skiwacht, Bergführer*innen etc.).
Hugo Stalder, Proct Management Lead, Arva:
„Wir haben auch eine Bewertung der mittleren Ausfallzeit (MTBF) durchgeführt, die zeigt, dass unsere LVS theoretisch mehr als 200 Jahre halten könnten. Diese Zahl spiegelt eine enorme Sicherheitsmarge bei Berechnungen auf Komponentenebene unter idealen Bedingungen wider – berücksichtigt jedoch nicht die tatsächliche Belastung durch Schnee, Feuchtigkeit, Stöße usw. Deshalb bleiben wir auf der sicheren Seite und gehen von 10 Jahren aus.“