Selbstsicherungsautomaten: Empfehlungen für Kletterhallen

Selbstsicherungsautomaten in Kletterhallen sind oberhalb der Kletterwand angebracht und ermöglichen das Klettern im Toprope ohne Sicherungspartner*in. Die Ausstattung der Kletteranlagen mit Selbstsicherungsautomaten nimmt weiter zu und damit auch der Bedarf an einheitlichen Sicherheitsstandards. Hinweisschilder und großformatige Einstiegsbarrieren sind ein wichtiger Schritt für mehr Sicherheit in der korrekten Anwendung der Sicherungsautomaten. Ein Video "Selbstsicherungsautomat - So geht's" steht nun auch zur freien Verfügung.

Normativer Hintergrund

Bisher wurden Selbstsicherungsautomaten nach der Europäischen Norm EN 341 als Rückhaltesysteme zertifiziert. Diese Norm ist jedoch nicht für die Prüfung von Auffanggeräten konzipiert, sondern für "Abseilgeräte zum Retten".

Eine neue europäische Norm für Selbstsicherungs­automaten EN 18039:2024 wird voraussichtlich 2026 in Kraft treten. Bis dahin empfiehlt der DAV für das Klettern an Selbstsicherungsautomaten in Kletterhallen nur Geräte zu verwenden, die nach EN 341 Klasse A sowie nach der zusätzlichen Prüfvorschrift RFU PPE-R/11.128 zertifiziert sind.

Verantwortung Kletteranlagenbetreiber

Mit der Installation eines Selbstsicherungsautomaten wird der „Sichernde“ von der Halle zur Verfügung gestellt. Hieraus ergeben sich folgende Verantwortungsbereiche:

  • Regelmäßige Inspektion und Wartung

  • Installation und angepasster Routenbau

  • Einweisung und Informationen zum Gebrauch für Anwender*innen

  • Unfallprävention

Regelmäßige Inspektion und Wartung von Selbstsicherungsautomaten

Wartung und Inspektion müssen ausreichend dokumentiert werden. Die Inspektionszyklen werden vom Hersteller vorgegeben und sind in der Gebrauchsanleitung nachzulesen.

  • Hallenbetreiber müssen unbedingt die vom Hersteller angegebene Lebensdauerangabe beachten. Ist diese überschritten, muss das Gerät außer Betrieb genommen werden.

  • Das Gerät muss in dem vom Hersteller angegebenen Zyklus demontiert und zur Inspektion an die geeignete Service-Stelle eingeschickt werden.

  • Die vom Hersteller vorgeschriebenen Funktionsprüfungen müssen in den angegebenen Intervallen durchgeführt werden. Die meisten Hersteller stellen hierfür detaillierte Anweisungen und Checklisten zur Verfügung. Vor allem müssen die Karabinerfunktion, die Brems-/Ablassfunktion und der Bandeinzug überprüft werden. Beschädigungen und insbesondere Bandverschleiß müssen rechtzeitig erkannt und das Band entsprechend ausgetauscht werden. Bandverschleiß wird beschleunigt durch: starkes Pendeln beim Ablassen, falsche Befestigung, Schmutz, Reibung an einem Hindernis (z. B. Volumen).

  • Karabiner: Um ein unbeabsichtigtes Aushängen zu vermeiden, sollten zum Anseilen zwei gegenläufig eingehängte Karabiner mit Positionierung, ein Safelock-Karabiner oder ein Trilock mit vorgeschaltetem Drehgelenk (Swivel) verwendet werden. Achtung: Geräte die mit Stahlseil (anstelle von Sicherungsband) ausgestattet sind, sollten nicht mit einem Swivel verwendet werden, da der „Drall“ im Seil erhalten bleiben soll. Bei einem Stahlseil ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich dieses ungünstig bewegt, über den Karabiner legt oder hängenbleibt.

Positionierung der Automaten und Routenbau

Ideale Positionierung einer Automatenlinie DAV

  • Mischbetrieb (gleichzeitiges Klettern Vorstieg/Toprope und Automat) und Selbstsicherungsautomaten beweglich an einer Schiene zu befestigen, ermöglichen keine klare Trennung der Kletterlinien und begünstigen Fehlanwendungen. Daher werden diese Anordnungen nicht empfohlen.

  • Zwischen Routen an Selbstsicherungsautomaten und benachbarten Linien anderer Nutzung sollte ein merklich visuell abgetrennter Abstand sein.

  • Einstiegsbarriere: Losklettern darf im Nahbereich nicht möglich sein (Griffe und Tritte werden verdeckt)

  • Keine Griffe und Tritte zu weit seitlich im Routenverlauf (Pendelgefahr vermeiden)

  • Keine Griffe im Topbereich neben dem Automaten. Überklettern des Gerätes sollte unmöglich sein.

  • Vorsicht bei Volumen und großen Griffen: Das Band des Selbstsicherungsautomaten sollte nicht daran scheuern!

Informationen zum Gebrauch und Einweisung für Anwender*innen

Den Anwender*innen müssen Hinweise zur korrekten Bedienung des Geräts gegeben werden. Dazu gehören folgende Hinweise:

  • korrektes Einhängen

  • korrekte Funktionsweise der Apparatur

  • Funktionskontrolle des Bandeinzugs

  • Schlappseil vermeiden

  • nur in vorgesehener Linie Klettern (dadurch pendeln vermeiden)

  • Kein Speedklettern (sofern nicht dafür vorgesehen und geeigneter Automat vorhanden)

  • Gerät nicht überklettern

  • Sturzraum und Landezone beachten

  • Verhalten bei Auffälligkeiten/Defekten

Video

Das von der DAV-Sicherheitsforschung gedrehte Video zum "Klettern mit Selbstsicherungsautomaten - So geht's!", das auf den Info-Screens der Kletterhallen abgespielt werden kann, unterstützt zusätzlich die Sensibilisierung und Einweisung der Kletterhallenbesucher*innen in die korrekte Nutzung des Selbstsicherungsautomaten.  

Das Video steht allen Kletterhallen unentgeltlich zur Nutzung zur Verfügung. Sie können entweder mittels Youtube auf das Video verweisen oder es bei Vimeo downloaden. Auf Skyfish steht das Video in der deutschen und englischen Variante zum Download zur Verfügung.

Hinweise mittels Schild oder Plakat

Am Einstieg der Route sollten für die Anwender*innen möglichst einheitliche Hinweise zur korrekten Bedienung des Geräts gegeben werden, um Unfälle zu vermeiden.  

Im Rahmen der Normenmitarbeit durch den DAV wurden Erklärbilder für die Darstellung der korrekten Anwendung bzw. als Gefahrenhinweis entwickelt. Ziel soll sein, weltweit verständliche und damit möglichst einheitliche Hinweisschilder in den Kletterhallen zu etablieren. Der DAV hat auf Basis dieser Erklärbilder ein Hinweisschild zur Montage am Einstieg und ein Plakat entwickelt und produzieren lassen. Kletterhallen können diese Hinweisschilder/Plakate erwerben. Die Produkte sind neutral ohne DAV-Logo.

Hinweisschild für Kletterhallen. Foto: DAV

Hinweisschild am Einstieg

Das Hinweisschild am Einstieg zeigt die im Rahmen der DAV-Normenmitarbeit entwickelten Erklärbilder ohne Text. Anhand dieser Bilder wird die korrekte Anwendung des Sicherungsautomaten, also das Einhängen, der Selbstcheck, die Bandeinzugsprüfung und das Klettern in der Linie erläutert. Für die gerätetypische Gewichtsangabe sind freie Felder vorgesehen, in die per Hand das zulässige Mindest- und Höchstgewicht eingetragen werden kann. Auch enthalten ist der Gefahrenhinweis auf die mögliche Kollision der sich ablassenden Person mit am Wandfuß stehenden Personen.

Diese Wandtafel besteht aus 2mm-Aluminium-Verbundmaterial in DIN A4 Höhe mit vorgesehener Lochung zur Montage mittels Holzschrauben. Das Material ist abwischbar, so dass Spuren von Kletterschuhen entfernt werden können. Vorgesehen ist die Montage direkt an der Kletterwand am Einstieg der Kletterroute. Der Blick sollte vor dem Einhängen des Karabiners darauf fallen können.

Hinweisplakat

In Ergänzung zur Wandtafel gibt das Plakat die Erklärbilder mit einem erläuternden Kurztext im größeren DIN A2 Format wieder.

Bestellung

Hinweisschild (9,80 € brutto) und Hinweisplakat (4,30 € brutto) je zzgl. Versand können von Kletterhallen beim DAV bestellt werden.

DAV-Sektionen bestellen die Schilder und Plakate bitte über den Sektionen-Shop im DAV-Shop. Zum DAV-Shop.

Andere Kletterhallen, Schulen und Einrichtungen verwenden bitte das Bestellformular - Alles für die Kletterhalle.

Unten am Seitenende steht auch das jeweilige PDF zum Download zur Verfügung, so dass Plakat und Tafel auch selbst ausgedruckt werden können.

Unfallprävention

Aktuelle Unfallerhebungen des DAV zeigen eine erhebliche Problematik mit Unfällen, bei denen Kletternde vergessen, sich am Selbstsicherungsautomat einzuhängen, und damit ungesichert klettern und in der Folge abstürzen.

Da bei Selbstsicherungsautomaten kein Partnercheck im herkömmlichen Sinne möglich ist, sollten die Hinweise zum korrekten Einhängen und zum selbständigen Überprüfen (Selbstcheck) besonders hervorgehoben werden.

Das Anbringen einer Einstiegsbarriere an jeder Selbstsicherungslinie wird ausnahmslos empfohlen.

Einstiegsbarriere

Als Einstiegsbarriere wurde ein großflächiges Trapezprofil (Maßen 1,5 m Höhe und 1,4 m Breite am Boden) entworfen. Mit dieser Fläche sollen alle Einstiegstritte der Routen abgedeckt werden, um ein Vorbeiklettern an der Route zu verhindern. Die Routensetzer*innen sollten ebenfalls darauf achten, die Einstiegstritte entsprechend zu platzieren.

Statt einem Tuch hat sich eine 1 cm dünne Matte als wertiger und stabiler erwiesen. Damit bleibt die Trapezmatte automatisch während des Kletterns sauber auf dem Boden liegen und kann nicht so leicht aus Versehen zusammengeschoben werden.

Auf der Vorderseite der Einstiegsbarriere weist ein Erklärbild auf den Selbstcheck "Korrekt Eingehängt?" hin. Hier ist auch eine Lasche für die Befestigung des Karabiners des Automaten angebracht. Auf der Rückseite, also wenn die Trapezmatte auf dem Boden liegt, ist das Piktogramm "Achtung Kollisionsgefahr!" als Gefahrenhinweis zu sehen. Die ausgebreitete Matte und der auf der Rückseite angebrachte Gefahrenhinweis signalisieren Personen am Wandfuß anschaulich, sich nicht im Nahbereich der Trapezmatte aufzuhalten.

Bestellung

Die Einstiegsbarriere wird unter anderem von Bänfer produziert. Die Kosten pro Einstiegsbarriere liegen bei ca. 200 EUR plus Versandkosten.

Audiovisuelle Warnsysteme

Sensorgestützte audiovisuelle Warnsysteme erkennen ungesicherte, an Selbstsicherungslinien kletternde Personen. Mithilfe eines lauten Audiosignals und einem visuellen Alarm werden die Personen nach Erkennung gewarnt.

Unterschiedliche audiovisuelle Warnsysteme sind zum Teil bereits in wenigen Kletterhallen verbaut und teilweise noch in Entwicklung. Hallenbetreiber sollten sich mit zusätzlichen Präventionslösung dieser Art auseinandersetzen.

Folgende Systeme sind aktuell verfügbar/in Entwicklung:

Hintergrundinformationen

Bisher wurden diese Selbstsicherungsautomaten nach der Europäischen Norm EN 341 als Rückhaltesysteme zertifiziert. Diese Norm ist jedoch nicht für die Prüfung von Auffanggeräten konzipiert, sondern für „Abseilgeräte zum Retten“. Nach EN 341 gibt es vier verschiedene Geräteklassen: A, B, C und D. Die höchsten Anforderungen erfüllt die Klasse A. Geräte der Kategorie D sind beispielsweise für nur einen einzigen Ablassvorgang zertifiziert. Modelle, die nach EN 341 zertifiziert wurden, sind daher nicht automatisch für die Anwendung in Kletterhallen geeignet, wo täglich sehr viele Ablassvorgänge vorkommen können.

Zusätzliche Prüfvorschrift

Damit Geräte für die Anwendung in Kletterhallen und Hochseilgärten auch nach einem einheitlichen Sicherheitsstandard getestet werden, haben die europäischen Zertifizierer eine zusätzliche Prüfvorschrift (RFU PPE-R/11.128) entwickelt. Demnach müssen Geräte für den Klettersport und für Hochseilgärten die 10-fachen Anforderungen der EN 341 Klasse A erfüllen. Geräte für die Anwendung im Klettersport werden seit 2020 europaweit in der Regel nach diesen Anforderungen zertifiziert.