Leistungssport im DAV: Engagement für die Besten

Leistungsgedanke und Bergsport – für die einen Widerspruch, für die anderen ganz selbstverständlich. Im DAV sind viele Leistungs- und Spitzensportler*innen organisiert, wir geben einen Überblick.

Wer über sanfte Almen wandert, wird sicher nicht denken: Das hätte ich auch schneller schaffen können! Und doch, wer ganz ehrlich zu sich ist, hat sich bestimmt auch schon einmal mit dem Thema Leistung am Berg beschäftigt. Und sei es nur für die Tourenplanung: 1500 Höhenmeter hat die Bergtour, schaffe ich das? Auch historisch betrachtet ist der Leistungsaspekt tief im Bergsport verankert. Wir kennen die dramatischen Wettrennen um Erstbesteigungen von Paradegipfeln wie dem Matterhorn in den 1860er oder die in der Eigernordwand in den 1930er Jahren – Wettkampf pur, um Ruhm und Ehre ging es, um Ehrgeiz und um einen Eintrag in die alpinen Geschichtsbücher. Auch Schwierigkeitsgrade beim Klettern dienen letztlich der Vergleichbarkeit von Leistung. Und bis heute ist der indirekte Wettkampf um die schwersten Routen ein wichtiger Motor für Spitzenleistungen am Fels. 1985 fand der erste Kletterwettkampf im italienischen Bardonecchia statt. Heute unvorstellbar, damals an echtem Fels mit angeklebten Griffen und geschlagenen Tritten. Auch das Skitourengehen hat schon lange einen Leistungsaspekt, praktisch jeder Hausberg hat eine inoffizielle Bestzeit eines Locals, die Ursprünge der Skimo-Wettkämpfe (Skimo steht für Skimountaineering, zu deutsch Skibergsteigen) gehen zurück auf Patrouillenläufe des Schweizer Militärs.

Lucia Dörffel bei den Deutschen Meisterschaften Bouldern 2023 in Duisburg. Foto: DAV/Thomas Schermer

Spitzensport ist nicht gleich Leistungssport

Es ist wie beim sprichwörtlichen Eisberg: Wirklich sichtbar ist vor allem die kleine Spitze. Die Spitze, das sind im Wesentlichen die Athlet*innen der DAV-Bundeskader, die zu Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen fahren. Und darunter? Dort befindet sich „das breite Kreuz“ des Leistungssports: in speziellen Klettergruppen oder bei Trainingsgruppen im Skimo, beim Mountainbiken oder Trailrunning ist das nicht anders. Wettkämpfe finden auf allen Ebenen statt: von regional bis international. Organisiert sind die Athlet*innen von Sektionskadern über Landeskader bis zum Nationalkader, unterstützt werden sie von den Bundestrainer*innen bis zu den vielen ehrenamtlichen Trainer*innen. Aktuell gibt es im Sportklettern etwa fünfhundert aktive ehrenamtliche Leistungssport-Trainer*innen, die Athlet*innen in den Sektionen und an den Stützpunkten trainieren. Ohne sie gäbe es keine Nachwuchsarbeit – hauptberufliche Trainer*innen sind bislang die absolute Ausnahme. Sie schaffen das Fundament, auf dem sich junge Talente für den Spitzensport entwickeln können. Umgekehrt liegt in der Präsenz der DAV-Sportarten auf großen Bühnen wie Olympia eine große Chance, die Bekanntheit für das Klettern, das Para Climbing und das Skibergsteigen zu steigern, den Sport damit auf eine neue Ebene zu bringen und mehr Menschen für das Engagement des DAV zu begeistern.

Burgi Beste ist seit 2015 DAV-Vizepräsidentin und seit April 2025 Mitglied im Präsidium des Internationalen Kletterfachverbands IFSC. Foto: DAV/Tobias Hase

„Die Stimme des DAV im Leistungssport wird gehört – auch international!“

DAV-Vizepräsidentin Burgi Beste im Gespräch

Leistungssport und DAV, warum passt das gut zusammen?

Erstbesteigungen, neue Kletterrouten, Bestzeiten – schon immer haben sich Bergsportler*innen Ziele gesetzt. Leistungsorientiertes Sporttreiben ist daher auch Teil unserer Alpenvereins-DNA. Im Laufe der Jahrzehnte änderten sich die sportlichen Spielarten, neue kamen hinzu, der Leistungsgedanke aber blieb.

Ohne Breitensport gibt es keinen Spitzensport und Spitzensport wirkt immer auch in die Breite. Wie macht sich das im DAV bemerkbar?

Einmal angesteckt von einer faszinierenden Sportart wie dem Klettern, zum Beispiel durch Idole wie Alex Megos, spielt die Leistung eine Rolle und ist auch tief im Breitensport verhaftet. Hier kristallisieren sich dann diejenigen heraus, die, intrinsisch motiviert, mehr Leistung anstreben. Sie werden durch die Trainingsstrukturen in den Sektionen und den Landesverbänden gefördert. Der Spitzensport kommt dann noch obendrauf, eine erfolgreiche Nachwuchsförderung ist dafür die Basis.

Wie kann sich der DAV als Fachverband im Leistungssport positionieren, um seinen Einfluss bei Natur- und Umweltschutzfragen und für einen zukunftsfähigen Leistungssport geltend zu machen?

Der DAV ist der drittgrößte Sportverband im DOSB, seine Stimme wird gehört. Geht es um Naturschutzregeln für das Skibergsteigen oder um den Ausbau eines nachhaltigen Event-Konzepts für Kletterwettkämpfe, wird auf den DAV und seine Expertise geschaut, auch international. Das macht den DAV zu einem wichtigen Verbündeten, über die deutsche Sportwelt hinaus, auch Richtung Politik und Gesellschaft. Wie der Leistungssport im DAV strukturiert sein muss, um langfristig und nachhaltig erfolgreich sein zu können, ohne die Werte des DAV aus den Augen zu verlieren, wird derzeit geprüft. Für den Leistungssport soll eine Struktur mit bestmöglichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, auch die für die Nachwuchsarbeit zuständigen Landesverbände werden hierbei eingebunden. Die Athlet*innen werden eine Stimme in einem Führungsgremium bekommen, zudem wird ein durchdachtes Finanzierungskonzept aufgestellt werden.

Skimo-Athletin Anna-Maria Michel vom DAV Berchtesgaden. Foto: ISMF Media

DAV goes Olympia

Ganz oben, das sind für viele Athlet*innen die Olympischen Spiele. In Tokio 2021 war Sportklettern erstmals olympisch, nach Paris 2024 werden die Teilnehmer*innen 2028 in Los Angeles antreten. 2028 wird Para Climbing außerdem erstmals bei den Paralympischen Spielen vertreten sein, ein toller Erfolg für die relativ neue Sportart.

2011 nahmen DAV-Athlet*innen an den ersten internationalen Para Climbing-Wettkämpfen teil, seit 2015 gibt es einen Bundestrainer und Ansprechpartner für alle wettkampforientierten Para Kletter*innen. Und schon nächsten Februar werden bei den Spielen von Mailand und Cortina d’Ampezzo im Skimo erstmals olympische Medaillen vergeben. Der DAV ist damit der einzige Sportverband, der Athlet*innen sowohl zu den Olympischen Winter- wie Sommerspielen entsenden wird. Und eine weitere Sonderrolle hat der Alpenverein in der Verbändelandschaft: Er ist eben nicht nur Sport- sondern auch Naturschutzverband. Mit entsprechender Verantwortung. Und die fängt im Leistungssport bei der Emissionsbilanzierung an, reicht über möglichst klimaschonende Veranstaltungen und Trainingsmaßnahmen bis hin zur Aufgabe, als zuständiger sportlicher Fachverband in Natur- und Umweltschutzfragen bei Großveranstaltungen wie Olympia Einfluss zu nehmen