Sammlungs­geschichte

Edward Theodore Compton. Die Aiguilles Dorées, Gouache, Illustrationsvorlage für das Alpenvereinsjahrbuch 1906. Foto: DAV/Wolfgang Pulfer

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sammelt der Alpenverein: Zunächst für seine 1901 gegründete Bibliothek, später auch für das 1911 eröffnete Museum. In die Sammlungen ging neben Objekten aus der Arbeit der Alpenvereine – wie Illustrationsvorlagen für Mitgliederpublikationen – auch Anschauungsmaterial aus der wissenschaftlichen Arbeit des Vereins und seiner Mitglieder ein. Einen bedeutenden Zuwachs brachte die Gründung des Alpinen Museums mit sich. Gesammelt und ausgestellt wurden nicht nur Objekte zu einzelnen Bergregionen sowie zur Geschichte des Bergsteigens, sondern auch Stücke, die einen Einblick in alpenkundliche Themen von der Volkskunst bis zur Gletscherforschung gaben.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges lagerte der Alpenverein den transportablen Teil seiner Sammlungen nach Innsbruck aus, wohin der Hauptsitz des Alpenvereins nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland verlegt worden war. Ein Großteil der Gemälde und der Grafik blieb erhalten.

Erzherzogin Marie Therese (spätere Königin von Bayern). Panorama des Rätikon vom Berg Drei Schwestern aus aufgenommen, Bleistift, laviert, 1879. Foto: DAV/Bettina Warnecke

Nach Kriegsende 1945 lösten die Alliierten den Alpenverein aufgrund dessen Positionierung und Betätigung im NS-Staat auf. Aus dem vormaligen länderübergreifenden "Deutschen und Österreichischen Alpenverein" entstanden nach 1945 drei getrennte Vereine, der Deutsche Alpenverein, der Österreichische Alpenverein und der Alpenverein Südtirol. Die grafischen Bestände gingen teils an den Österreichischen Alpenverein und teils an den Deutschen Alpenverein. Die Gemälde blieben beim Österreichischen Alpenverein.

In Deutschland dauerte die Wiedergründung des Deutschen Alpenvereins mehrere Jahre. So gab es erst 1948 eine Vorläuferorganisation des späteren Deutschen Alpenverein, die sich um den Wiederaufbau des Museumsgebäudes kümmern konnte. Gleichzeitig entschied sich der DAV jedoch, das Alpine Museum aufzugeben. Die wenigen Objekte, die in München den Krieg überstanden hatten (Modelle, ausgestopfte Tiere, Skisammlung) wurden anderen Institutionen übergeben. Anders als das Museum beschloss der Alpenverein jedoch, die Bibliothek fortzuführen. Alpenvereinssektionen und Privatleute stifteten ihre Bibliotheken und Sammlungen, um die zum Teil zerstörten Bestände zu ersetzen. Ein guter Teil der heutigen grafischen Sammlung des Museums resultiert aus diesen Spenden. Anfang der 1950er Jahre veranstaltete der DAV drei Kunstausstellungen mit Werken von Künstler*innen, die dem DAV nahestanden. Der DAV kaufte einige Werke an, die heute ebenfalls Teil der Sammlung sind.

Die 1980er und frühen 1990er Jahre brachten einen Schub in der Kulturarbeit und auch im Ankauf neuer Sammlungsobjekte. Wesentlichen Anteil daran hatte der damalige DAV-Kulturreferent (später DAV-Museumsbeauftragter) Dr. Helmut Zebhauser. Der DAV veranstaltete erneut Kunstausstellungen mit zeitgenössischen Künstler*innen, aus denen er eine Reihe von Werken ankaufte. Für die geplanten Alpinen Museen in Kempten (eröffnet am 9. März 1990) sowie das Alpine Museum in München (eröffnet am 26. Oktober 1996) erstand der Verein weitere Kunst- und Sachgutobjekte als mögliche Ausstellungsstücke.

Albert Stagura. Die Mühlsturzhörner in den Berchtesgadener Alpen, Öl auf Leinwand, 1906. Foto: DAV/Wolfgang Pulfer

Mit einer Überfülle von Objekten und ausführlichen Texten versuchte Zebhauser in Kempten „die Einstellung zu zeigen, die der Mensch jeweils zum Gebirge hat, Bilder, die sich der Mensch vom Berg macht, Mittel, die der Mensch benutzt, um über die Gebirge zu kommen oder auf die Berge zu steigen – im Laufe der Zeit.“ (Handbuch zur Alpingeschichte im Museum, Katalog der Säle 2–7 des Alpinmuseums Kempten, hrsg. von Helmuth Zebhauser für den Alpenverein, München 1991, S. 12). Zebhausers Anliegen war „eine didaktisch geordnete Darstellung zum Thema Alpen und Alpinismus.“ (ebda.). Auf der wesentlich kleineren Ausstellungsfläche des Alpinen Museums auf der Praterinsel in München orientierten sich Zebhauser und die Museumsleiterin Maike Trentin-Meyer am Konzept der Kemptener Ausstellung in reduzierter Form. Erstmals reflektierten sie mit einigen Objekten die Rolle des Alpenvereins und des Bergsteigens im NS-Staat.

Wegeschild zur Glorer Hütte des Alpenvereins Donauland. Foto: DAV

Parallel erweiterten Trentin-Meyer und Zebhauser die Druckgrafiksammlung. Ihr Ziel war, die Geschichte der Bergdarstellung abzubilden. Die bedeutendsten Blätter aus diesem Bestand setzte ein Seminar des Kunsthistorischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München unter Leitung von Prof. Dr. Robert Stalla in ihren historischen Kontext (Robert Stalla (Hg.). Ansichten vom Berg. Der Wandel eines Motivs in der Druckgrafik von Dürer bis Heckel. München, Berlin 2011).

Rudolf Sieck, Vorfrühling im Chiemgau. Farbaquatinta, Radierung, 1914. Foto: DAV

Mit der Wiedergründung des Alpinen Museums auf der Praterinsel setzte sich eine Gruppe von Ehrenamtlichen unter dem Archivleiter Johannes Merk für den Aufbau einer Sammlung von Sachgutobjekten zum Bergsport ein. Die heute rund 3.000 Objekte bilden insbesondere die Zeit der 1920er bis 1970er Jahre ab.

Seit den 2000er Jahren lag der Schwerpunkt der Arbeit vor allem auf der Erfassung und Erschließung der vorhandenen Sammlungen. Mithilfe eines EU-Projektes konnten die Mitarbeiter*innen der Kulturbereiche von ÖAV, DAV und AVS die ehemals gemeinsamen und heute getrennt weitergeführten Sammlungen in einer gemeinsamen Datenbank abbilden und online stellen (www.historisches-alpenarchiv.org). 

Das Nummerieren, Umlagern, Fotografieren, Nacherfassen und die Provenienzforschung waren über Jahre ein bedeutender Bestandteil unserer Arbeit und sind noch nicht abgeschlossen. In den nächsten Jahren sind Nachrecherchen zu einzelnen Objektgruppen geplant sowie der gezielte Ausbau der Sammlung in einzelnen Bereichen. Dazu wurde im Februar 2022 das Archiv- und Sammlungskonzept 2030 verabschiedet.