Im Schlafsack beim Notbiwak
Guter Schlafsack sorgt für gute Nachtruhe. Illustration: Georg Sojer
Materialkunde Schlafsäcke

Guten Abend, gute Nacht

In der Ruhe liegt die Kraft, ohne Ruhe keine Erholung. Und ohne Erholung keine Leistungsfähigkeit. Doch was, wenn eine warme Unterkunft fehlt? Dann schlägt die Stunde der Schlafsäcke.

Wie finde ich den richtigen Schlafsack?

Wer sich Gedanken über Einsatz und Verwendungszweck macht, ist auf der Suche nach dem passenden Schlafsack im Vorteil. Folgende Aspekte können bei der Entscheidung für ein bestimmtes Modell helfen, wenn man die Vor- und Nachteile von Kunstfaser gegenüber Daune berücksichtigt (s. Tabelle).

Aktivität: Muss der Schlafsack über weite Strecken getragen werden? – Wie steil ist das Gelände, in dem der Schlafsack transportiert werden muss? Herrscht Platzmangel beim Transport (Fahrrad, Kajak, Rucksack, etc.)?

Platzbedarf: Deckenförmige Schlafsäcke bieten am meisten Bewegungsfreiheit, eignen sich aber höchstens für den Campingplatz. Eiförmige Schlafsäcke bieten einen Kompromiss aus Platzangebot und Bewegungsfreiheit einerseits und Wärmeleistung andererseits. Sie sind für Kinder meist ideal. Mumienförmige Schlafsäcke bieten optimale Wärmeleistung, geringes Gewicht und kleines Packmaß. Zur Verbesserung der Bewegungsfreiheit von Mumienschlafsäcken verwenden manche Hersteller elastische Materialien bei Außenhülle, Stegen und Liner.

Tipp

Schlafsäcke nicht zu kurz wählen, v.a. wenn bei alpinistisch anspruchsvollen Unternehmungen Bergschuhe und Kleidung mit in den Schlafsack müssen, um nicht zu gefrieren.

Feuchtigkeit: Ist viel Regen oder hohe Luftfeuchtigkeit zu erwarten? Übernachtet man oft in unmittelbarer Nähe zu Gewässern? Wie oft übernachtet man, bis man den Schlafsack wieder vollständig trocknen lassen kann?

Temperatur: Welchen Temperaturen muss der Schlafsack standhalten? Die namhaften Hersteller geben drei Temperaturbereiche pro Modell an:

  • T(Com) – Komfortbereich: Ein eher kälteempfindlicher Mensch kann bei dieser Temperatur eine Nacht komfortabel durchschlafen.

  • T (Lim) – Limitbereich: Ein eher kälteresistenter Mensch kann bei dieser Temperatur eine Nacht komfortabel durchschlafen

  • T (Ext) – Extrembereich: Von Schlaf kann hier keine Rede sein. In diesem Bereich geht es darum, ohne markante Folgeschäden zu überleben.

Tipp

Um die Wärmeleistung des Schlafsacks bestmöglich auszunutzen, windgeschützte Stellen suchen, in trockener Funktionskleidung inkl. Mütze schlafen, Alkohol meiden, ausreichend essen und trinken!

Ökologie: Siegel wie z.B. RDS (Responsible Down Standard) garantieren den Verzicht auf Lebendrupf und Stopfhaltung. Daune und Kunstfaser sind recyclebar.

Aus welchen Materialien bestehen Schlafsäcke?

So sind hochwertige Schlafsäcke aufgebaut:

Außenmaterial: Beinahe alle Hersteller verwenden für die Außenseite von Schlafsäcken robustes PA (Polyamid). Durch die Integration dickerer Fäden im Abstand von wenigen Millimetern in das ansonsten dünne PA-Gewebe ergibt sich eine kästchenartige Ripstop-Struktur mit hoher Reiß- und Abriebfestigkeit. Beschichtungen aus PU (Polyurethan) machen das Außenmaterial winddicht und wasserabweisend.

Liner: Die innere Auskleidung besteht meistens ebenfalls aus PA. Allerdings handelt es sich dabei um besonders feine und geschmeidige Ausführungen des Werkstoffs, die in Bezug auf die Haptik Seide ähneln.

Füllung: Als Füllmaterialien dominieren Kunstfaser und Daune. Sehr selten kommen Wolle oder Kombinationen aus Daune und Wolle zum Einsatz.

Daune

Kunstfaser

Vorteile

  • Optimale Isolation dank hoher Bauschkraft (650 bis 900 cuin)

  • Sofortige Wärme

  • Niedriges Gewicht

  • Kleines Packmaß

  • Hervorragender Transport der Körperfeuchtigkeit

  • Isolation auch bei Feuchtigkeit

  • Schnelles Trocknen

  • Geringer Pflegeaufwand

Nachteile

  • Keine Isolationswirkung bei zu viel Feuchtigkeit (Verklumpung der Daune)

  • Langsames Trocken

  • Schäden bei häufigem Waschen

  • Größeres Packmaß (geringere

    Komprimierbarkeit)

  • Etwas geringerer Isolationswert

  • Längere Aufwärmphase

  • Höheres Gewicht

So sind Schlafsäcke aufgebaut

Zwischen Außenmaterial und Liner befindet sich das Füllmaterial. Die einfachste Art, das Füllmaterial an Ort und Stelle zu halten, besteht darin, den Schlafsack komplett durchzusteppen. Dabei ergibt sich eine Naht, die von der Außenhülle bis auf den Liner durchgeht. Eine solch simple Konstruktion eignet sich allerdings bestenfalls für Hochsommerschlafsäcke. Denn die durchgesteppten Nähte ergeben Kältebrücken. Schlafsäcke mit akzeptablen Isolationswerten haben eine Kammerkonstruktion: Das Füllmaterial wird hier in mehreren Kammern verstaut, die durch Wände aus einem sehr dünnen Material – sogenannte Stege – voneinander getrennt werden. Diese Stege sind mit Außenmaterial und Liner verbunden.

1 Vliesartige Füllungen von Kunstfaserschlafsäcken sind ausreichend fest, sodass sie schindelartig in Schrägkammern angeordnet werden können. Diese Konstruktion führt aber meistens zu einem recht hohen Gewicht.

Die vliesartige Füllung von Kunstfaserschlafsäcken ist in Schindeln angeordnet. Illustration: Georg Sojer

2 Loses Füllmaterial wie synthetische oder natürliche Daune ist locker und leicht. Daher benötigt es eine Vielzahl an Kammern. V-förmige oder trapezförmige Kammern isolieren besonders gut.

Trapezförmige Kammern für loses Füllmaterial (synthetische oder natürliche Daune). Illustration: Georg Sojer
V- oder trapezförmige Kammern isolieren besonders gut. Illustration: Georg Sojer

3 Am besten isolieren Expeditionsschlafsäcke mit einer überlappenden Konstruktion der Kammern. Zu den Merkmalen hochwertiger Schlafsäcke zählen eine anpassbare Kapuze, ein Wärmekragen und eine isolierende Abdeckung des seitlich platzierten Reißverschlusses.

Überlappende Kammern für maximale Isolationswerte. Illustration: Georg Sojer
Bei Expeditionsschlafsäcken sind die Kammern in mehreren Schichten übereinander angeordnet. Illustration: Georg Sojer

Zu den Merkmalen hochwertiger Schlafsäcke zählen eine anpassbare Kapuze, ein Wärmekragen und eine isolierende Abdeckung des seitlich platzierten Reisverschlusses.

Tipp

Der Reißverschluss eines Schlafsacks befindet sich entweder auf der rechten oder der linken Seite. Zwei Schlafsäcke desselben Modells lassen sich bei wechselseitigen Reißverschlüssen bequem koppeln. Dadurch wird das gegenseitige Wärmen erleichtert.

Schlafsack und Unterlage gehören zusammen

Eine ausreichend erholsame Nacht verbringt nur, wer sich vor Bodenkälte schützt: Das Füllmaterial des Schlafsacks wird durch das eigene Körpergewicht plattgedrückt. Somit geht die isolierende Luftschicht verloren. Daher ist eine isolierende Schlafunterlage sehr wichtig.

 Drei Grundkategorien von Isomatten lassen sich unterscheiden:

Selbstaufblasbare Isomatten beinhalten Schaum, der sich bei geöffnetem Ventil entfaltet und Hohlräume bildet. Die darin enthaltene Luft isoliert und dämpft. V.a. die sehr leichten Varianten sind etwas anfällig für Beschädigungen durch schroffen Untergrund oder spitze Gegenstände. Einmal undicht, verlieren diese Matten ihre Wirkung.

Luftmatten funktionieren scheinbar wie Luftmatratzen für den Badeurlaub. Tatsächlich beinhalten sie aber ein ausgeklügeltes System von Zellen. Bei einigen Modellen sind diese Zellen zusätzlich mit Daune befüllt. Das sorgt für optimale Isolation und Komfort. Aufgeblasen werden solche Matten mittels Pumpsack. Doch auch hier gilt: Die Ultraleichtversionen sind nicht besonders robust.

Schaumstoffmatten aus geschlossenporigem EVA (Ethylen-Vinylacetat) sind günstig, leicht und langlebig. EVA-Matten mit hohem Isolationswert haben leider oftmals ein etwas unhandliches Packmaß. Tipp: Viele Nordwandaspirant*innen beschränken sich beim Biwakieren auf kurze, maximal 120 cm lange Versionen moderner EVA-Matten, die sich falten und rollen lassen. Es geht darum, v.a. den Rumpf vor Kälte zu schützen. Zusätzlich benutzen sie Rucksack und Seile als Unterlage.

Tipp

Mit dem R-Wert wird das Wärmedämmvermögen einer Matte angegeben. R steht dabei für resistance (Widerstand). Je höher der R-Wert der Unterlage, desto höher ihr Wärmedämmvermögen! Eine Isomatte mit dem Wert R 1 ist für eine Bodentemperatur nicht kleiner als +7°C geeignet. Das entspricht der Situation in milden Frühjahrs- oder Herbstnächten. R 10 haben Produkte, die für extreme Expeditionen geeignet sind; sie dämmen ausreichend bis ca. -50°C. In den letzten Jahren wurde das Verfahren zur Ermittlung des R-Werts standardisiert. Die Angaben der verschiedenen Hersteller sind seitdem vergleichbar.

Wie pflegt man seinen Schlafsack?

Kunstfaserschlafsäcke gelten als robust. Auf jeden Fall stecken sie häufiges Waschen besser weg als Daunenschlafsäcke. 

Daunenschlafsack

  • Beim Verpacken stopfen statt rollen (so wird vermieden, das Material immer an den gleichen Stellen zu knicken/schwächen)

  • Wenn immer möglich aus dem Packsack nehmen, auslüften, einzelne Flecken von Hand entfernen, in einem großen, luftdurchlässigen, meist mitgelieferten Beutel trocken und luftig lagern

  • Nach ca. 60 Übernachtungen, alle Reißverschlüsse schließen, auf links drehen und waschen

  • Waschanleitung des Herstellers beachten

  • Daunenwaschmittel und Waschmaschine mit mindestens 10-Liter-Trommel verwenden

  • Schonwaschgang, 30 °C, niedrigster Schleudergang, 2 x spülen

  • Trocknen im Wäschetrockner bei max. 30 °C, 2-3 Tennisbälle dazu geben

  • Anschließend flächig für 1-2 Tage über einen Wäscheständer legen und danach aufschütteln, sodass sich die Daune gleichmäßig verteilen und vollständig trocknen kann.  

Kunstfaserschlafsack

  • Was dem Daunenschlafsack hilft, kann dem Kunstfaserschlafsack nicht schaden!

  • Häufigeres Waschen ist möglich!

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