Moorlandschaft – links eine junge Birke, rechts ein Moorsee – mit Alpengipfeln im Hintergrund. Eine Morgenstimmung bei bewölktem Himmel.
Geheimnisvoll: Morgens in den Kendlmühlfilzen in Oberbayern. Foto: AdobeStock
Biologische Vielfalt – Faszination Moor

Annäherung an einen ungewöhnlichen Ort

Einst fürchtete der Mensch das Moor, später legte er es großräumig trocken und nutzte es fortan für seine Zwecke. Längst ist aber klar: intakte Moore können auf ganz natürliche Art und dazu noch kostenlos wichtige Aufgaben übernehmen. Vielerorts werden Moore inzwischen renaturiert und erlebbar gemacht.

Hörst dumpf du es rauschen am trüben Sumpf, bei sinkender Nacht um den Weidenstumpf? Es stöhnet die Dommel im zitternden Rohr, es rufen die Unken im traurigen Chor ...
- Anna Esser

So wie die Lyrikerin Anna Esser in ihrem Gedicht „Im Moor“ denken viele Menschen beim Stichwort „Moore“ an düstere, wenn nicht sogar unheilbringende, gefährliche Orte. Umso erstaunlicher ist da ein Blick bei Tageslicht in eines der ausgedehnten Moore im Voralpenraum: Leuchtend weiß wiegt sich ein Meer aus Wollgräsern im Wind, zwischen dunkelgrünen Seggen finden sich pinke oder lilafarbige Orchideen und dicht an den Boden gedrängt wachsen Moosbeeren und Rosmarinheide. Seltene Vögel wie der Große Brachvogel oder die Bekassine brüten auf den baumfreien Flächen, eine Kreuzotter versteckt sich zwischen Heidesträuchern und in Tümpeln fühlen sich Frösche wohl. Darüber schwirren prächtig schillernde Libellen und Schmetterlinge in den unterschiedlichsten Farben.

Lebensraum für Spezialisten

Charakteristisch für alle Moore ist der dauerhafte Einfluss von Wasser. Sogenannte Niedermoore entstehen an Orten, die durch oberflächennahes Grundwasser, Quell- oder Sickerwasser ganzjährig vernässt sind. In solchen Niedermooren können verschiedenste Tiere und Pflanzen einen Lebensraum finden. Eine Voraussetzung müssen sie dafür allerdings erfüllen: mit der dauerhaften Nässe der Moore zurechtzukommen.

In Gebieten mit hohen Niederschlägen können aus Niedermooren Hochmoore entstehen. In diesen wachsen die typischen Torfmoose so hoch, dass sie den Kontakt zum Grundwasser verlieren. Hochmoore sind fortan nur noch von Regenwasser gespeist und sehr nährstoffarm. Aus diesem Grund können sich hier nur einige wenige, jedoch hoch spezialisierte Arten halten. – So wie der Rundblättrige Sonnentau, der die Nährstoffarmut seines Lebensraums auf ganz besondere Art meistert: Mit Hilfe von glitzernden Perlen, die Tautropfen ähneln, lockt die Pflanze durstige Insekten an. Die vermeintlichen Tautropfen bestehen jedoch aus einem klebrigen Schleim, aus dem sich die angelockten Insekten nicht mehr befreien können. Durch die Verdauung seiner Beute kann der fleischfressende Sonnentau obendrein Nährstoffe gewinnen, die er zum Überleben im kargen Moor benötigt.

Glitzernd schön – und schleimig: einmal auf einem der Leimtentakel des Sonnentau gelandet, kleben kleine Insekten fest. Foto: AdobeStock

Natürlicher, kostenloser Hochwasserschutz und CO2-Speicher

Moore bringen jedoch nicht nur eine faszinierende Vielfalt an speziell angepassten Arten hervor. Auch für den Menschen sind sie von enormer Bedeutung und übernehmen wichtige Funktionen für die Gesellschaft. Zum Beispiel als natürliche und dabei kostenlose Hochwasservorsorge: In den mächtigen Torfschichten der Moore können große Wassermengen gespeichert werden. Bei Starkregenereignissen wird so der Abfluss des Regenwassers verzögert und  Überflutungen können verhindert werden.

Außerdem sind intakte Moore wichtige Bausteine im Kampf gegen den Klimawandel. Unter dem ständigen Einfluss von Wasser und dadurch herrschenden Sauerstoffmangel werden abgestorbene Pflanzen nicht zersetzt, sondern in Form von Torf konserviert. Große Mengen an Kohlenstoff, die in allen organischen Materialen enthalten sind, werden so über viele Jahrtausende in den Torfschichten der Moore gespeichert. In den vergangenen Jahrhunderten jedoch wurden viele Moore entwässert, um Torf zu gewinnen und um die Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Das Resultat: die konservierte organische Substanz kommt nun mit Sauerstoff in Kontakt und wird fortlaufend abgebaut. Der gespeicherte Kohlenstoff wird dabei als klimaschädliches Gas, Kohlendioxdid, freigesetzt und der Klimawandel weiter verstärkt. Die Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren ist deshalb ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel. Ganz nebenbei können sich hierdurch auch die Bestände zahlreicher Arten erholen, die durch die Entwässerung und Nutzung der Moore vielerorts in Bedrängnis geraten und vom Aussterben bedroht sind.

Moore erleben und schützen

Wer dazu beitragen möchte, die wichtigen Funktionen der Moore zu erhalten, sollte zukünftig auf Blumenerde mit Torfzusatz verzichten. Denn wird weiterhin Torf gewonnen, werden auch weiterhin Moore entwässert und verbraucht.

Und wer sich davon überzeugen möchte, dass Moore ganz und gar keine düsteren Orte sind, sie vielmehr durch eine ganz besondere Vielfalt faszinieren, schaut bei einem der nächsten Ausflüge Richtung Alpen bei einem der vielen Moorschutzprojekte im Alpenvorland vorbei.

Faszinierendes Detail: Wollgras im Moor. Foto: AdobeStock

Die Projektgruppe NaturVielfaltBayern arbeitete für das bayerische Umweltministerium. Logo: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

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