Gesundheit

Bergsport auf Rezept

Gesundheit erfährt in der Gesellschaft einen immer höheren Stellenwert. Dieses gestiegene Interesse fördert die Nachfrage nach Sportarten mit hohem Fitness- und Wellnesswert. Wandern und Klettern gehören nach Expertenmeinung dazu. Wie gesund sind diese wirklich und was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff Gesundheit?

Gesundheit

Nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“. Hier kommt der mehrdimensionale Aspekt von Gesundheit zum Ausdruck, wenngleich sich nur wenige Menschen über vollständiges Wohlergehen erfreuen dürften. Analog zum Bergwetter ist auch die Gesundheit diversen Hochs und Tiefs unterworfen. Diese gilt es auszubalancieren; was bedeutet, man ist nicht entweder gesund oder krank, sondern mal mehr vom einen oder mehr vom anderen. Gesundheitsforschende appellieren deshalb, das Thema ganzheitlich zu betrachten und sowohl persönliche Stressoren zu identifizieren und zu bekämpfen als auch stark machende Faktoren zu pflegen; zu letzteren gehört für viele das Bergsteigen.

Gipfelglück

Regelmäßige körperliche Bewegung ist zweifelsfrei eine Quelle für Gesundheit. Wer passioniert Bergsport betreibt, spürt dies und geht nicht zuletzt deshalb dieser Leidenschaft so gerne nach. Vorausgesetzt die Passung stimmt, dann hilft Wandern und Klettern auch nach Ansicht von Mediziner*innen zur Stressbewältigung und zum „Kraft tanken“. Dass gerade „sanftes“ Bergsteigen diese positiven Effekte erwirken kann, hat dazu geführt, dass Wandern in der Prävention und Rehabilitation und Klettern in der Physiotherapie „verschrieben“ werden.

Gesundes Risiko

Das Besondere am Bergsport ist das Zusammenspiel von Wetter, Flora und Fauna, Höhe, Abgeschiedenheit und das Angewiesen-Sein auf Tourenpartner*innen. Je nach Ort und Schwierigkeit sind objektive und subjektive Gefahren zu berücksichtigen, die ein unterschiedliches Risiko für die Gesundheit ergeben. Abhängig vom persönlichen Können kann eine Tour Genuss sein, aber auch gesundheitliches Wagnis. Liegt die Tour im optimalen Risikobereich jenseits von Angst oder Langeweile, dann stellt sich für Bergsteigende eine hohe Selbstwirksamkeit ein, welche manche als Gipfelglück bezeichnen. Und ist Glücklich-Sein nicht sogar die höchste Stufe von Gesundheit?

Fordern statt Überfordern

Ist Bergsport also per se gesund? Sicher nicht, vor allem, wenn man überholten pseudo-leistungssportlichen Maximen wie „Viel hilft viel“ oder „gesund ist, was hart macht“ auf den Leim geht. Dann stehen den positiven Auswirkungen auch Überlastungen und unfallbedingte Verletzungen gegenüber. Dennoch sollte man sich gelegentlich die Fragen stellen: Gehe ich nicht viel zu schnell den Berg hoch? Muss ich den Griff bis zum Anschlag durchziehen? Mehr Leistung braucht auch mehr Erholung und Regeneration; und die fehlen im hektischen Alltag zwischen Beruf und Familie häufig, so dass die Wahl der richtigen Intensität zur Gratwanderung wird.

Genussbergsteigen

Ein Messinstrument für die richtige Dosierung ist das Genussempfinden: Kann ich mich beim Gehen noch unterhalten? Fühle ich mich erholt? Das Ausbalancieren von Belastung und Überlastung erfordert eine Menge Erfahrung. Es ist keine Schande, diese in professionelle Hände von Bergführer*innen oder Tourenleiter*innen im Verein zu legen. Dies fördert einen weiteren gesundheitlichen Schutzfaktor: den sozialen Austausch. Denn was ebenso wie körperliche Überlastung krank macht, ist Einsamkeit. Diese kann vermeiden, wer in Seilschaft klettert, in der Gemeinschaft wandert oder etwas im Verein unternimmt. Wenn der Begriff auch etwas aus der Mode ist, die Bergkameradschaft hat auch für die „soziale Fitness“ von Bergsteigenden im 21. Jahrhundert noch eine große Bedeutung. Wenn man also bewährte Weisheiten mit neuen Erkenntnissen kombiniert, dann dürften die größten positiven Effekte für die Gesundheit herausspringen. Und so brauchen sich auch arrivierte Bergsteiger*innen nicht schämen, wenn sie nach der Tour etwas Wellness betreiben. 

In die Berge nur der Berge wegen? Mitnichten! – In vielen Sektionen haben sich Gruppen organisiert, in denen sich auf ganz besondere Interessen und Themen konzentrieren lässt.