Was ist Olympic Combined?
Im Sommer 2016 beschloss das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Aufnahme von Sportklettern in das Olympische Programm. Bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio 2021 wird die Premiere stattfinden. Der Wettkampfmodus für Tokio ist ein neu geschaffenes Kombinationsformat, das Olympic Combined, das sich aus den drei Disziplinen Lead, Bouldern und Speed zusammensetzt.
Der Wettkampf bei Olympic Combined läuft über zwei Runden: Qualifikation und Finale, die an unterschiedlichen Tagen stattfinden. Jede Athletin und jeder Athlet muss in allen drei Disziplinen starten. Die Abfolge ist festgelegt: Begonnen wird mit Speed, danach kommt Bouldern und als letzte Disziplin Lead.
Die Ergebnisse aus der Qualifikationsrunde werden multipliziert und daraus ein Ranking erstellt. Kletterer A hat beispielsweise in den drei Disziplinen die Platzierungen 2, 5 und 10, die multipliziert eine Punktezahl von 100 ergeben. Kletterer B landet in allen drei Disziplinen auf Platz 6 und erhält 216 Punkte. Kletterer A hat weniger Punkte, landet in der Gesamtwertung also vor Kletterer B und hat bessere Chancen, ins Finale einzuziehen. Die acht Athleten mit der niedrigsten Punktezahl werden dort starten. Im Finale werden die drei Disziplinen mit kurzer Pause direkt hintereinander geklettert.
Wege nach Olympia
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich für Tokio zu qualifizieren. Insgesamt dürfen 20 Damen und 20 Herren bei den Olympischen Sommerspielen starten, jeweils maximal zwei Damen und Herren pro Land. Die erste Chance haben die Athletinnen und Athleten in diesem Jahr bei der Weltmeisterschaft (WM) im August in Japan. Dort gibt es einen eigenen Wettkampf im neuen Olympic-Combined-Format. Die jeweils besten sieben Damen und Herren daraus qualifizieren sich für eine Teilnahme.
Eine weitere Möglichkeit gibt es Ende November im französischen Toulouse. Dort treten die 20 besten Athleten aus der Overall-Wertung aller Weltcups in diesem Jahr gegeneinander an. Diejenigen, die sich bereits bei der WM für Olympia qualifiziert haben, werden aus der Overall-Wertung hinausgerechnet. Die jeweils besten sechs Damen und Herren des Combined-Wettkampfs in Toulouse sind dann ebenfalls für Olympia 2020 gesetzt. Die letzte Möglichkeit sich zu qualifizieren, sind schließlich die Kontinentalmeisterschaften 2020: Die fünf Gewinner dürfen ebenfalls in Tokio starten.
Die zwei verbleibenden Plätze werden durch das Gastgeberland Japan und dem IOC vergeben.
Ablauf eines Wettkampfs
In der Qualifikationsrunde der Olympischen Sommerspiele treten die 20 Herren und 20 Damen getrennt voneinander an. Erste Disziplin ist Speed: Beim Speed wird gleichzeitig an zwei parallelen Routen geklettert, der Bahn A und der Bahn B. Insgesamt hat jeder Teilnehmer zwei Gos: einen auf Bahn A und einen auf Bahn B. Vor dem Start müssen die Finalistinnen und Finalisten in die Isolation und werden dann einzeln aufgerufen.
Das Boulder-Format ist das gleiche wie das bei einem Weltcup-Halbfinale. Dort gibt es vier Boulder. Jede Kletterin und jeder Kletterer hat fünf Minuten Zeit, um den Boulder möglichst zu toppen. Hier gilt: je mehr Boulder in möglichst wenigen Versuchen gemacht werden, umso besser ist das für das Ergebnis.
Auch die Lead-Qalifikation läuft wie ein Weltcup-Halbfinale ab. Das heißt, dass eine Tour „onsight“ geklettert werden muss. Kurz vor dem Start haben die Athletinnen und Athleten sechs Minuten Zeit, sich gemeinsam die Route anzusehen und sich die Griffabfolge einzuprägen. Dann geht es wieder zurück in die Iso und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden einzeln aufgerufen. Jede Kletterin und jeder Kletterer hat sechs Minuten zur Verfügung, um die Tour möglichst zu toppen.
In der Qualifikation hat jeder Starter zwischen Speed und Bouldern eine Mindestpause von 30 Minuten, zwischen Bouldern und Lead 120 Minuten.
Im Finale hat dann jeder Athlet zwischen seinen Starts eine Pause von mindestens 15 Minuten.
Im Finale wird wieder mit Speed begonnen. Die Startreihenfolge ergibt sich aus der Qualifikation, das heißt der Schnellste tritt gegen den Langsamsten aus dieser Runde an. Vor dem Start müssen die Finalistinnen und Finalisten in die Isolation. Das Finale findet im sogenannten KO-System statt. Der Schnellere gewinnt und kommt weiter, der andere Teilnehmer scheidet aus. Gesamtsieger wird, wer sich bis ans Ende im KO-System durchsetzt, was nicht immer bedeutet, dass er auch insgesamt der Schnellste war. Im Finale treten immer zwei Athleten parallel gegeneinander an, also einer auf Bahn A, der andere auf Bahn B.
Beim anschließenden Boulder-Finale gibt es eine neue Startreihenfolge. Derjenige, der im Speed-Finale den achten Platz belegte, startet nun als Erster, der Beste als Letzter. Hier gibt es wie in der Qualifikation vier Boulder. Diese dürfen vor dem Beginn gemeinsam zwei Minuten lang besichtigt werden. Maximal vier Minuten hat ein Finalist dann Zeit, um einen Boulder möglichst zu toppen, dann muss er wieder in die Zwischenisolation. Erst wenn alle acht Starter an der Reihe waren, geht es weiter zum nächsten Boulder. Bei einem Gleichstand zwischen zwei Athleten, also wenn beide die gleiche Wertung haben, entscheidet die Vorrunde über die Platzierung. Die Startreihenfolge für das Lead-Finale wird dann aus den Ergebnissen vom Speed- und Boulderfinale errechnet. Derjenige mit der höchsten Punktezahl startet als Erster im Leadfinale. Derjenige, der nach Speed und Bouldern auf Platz eins ist, also die niedrigste Punktezahl hat, als Letzter.
Im Leadfinale gibt es wie in der Qualifikation eine Tour, die vor dem Beginn gemeinsam sechs Minuten lang besichtigt werden kann. Maximal sechs Minuten hat dann jeder Kletterer Zeit, um die Route möglichst zu toppen, danach ist der nächste Starter an der Reihe. Diejenige oder derjenige, der am höchsten kommt, gewinnt. Bei Gleichstand ist hier nicht die Platzierung in der Qualifikation entscheidend, sondern die benötigte Kletterzeit im Finale: Der Schnellere liegt vorne.
Am Ende werden die Ergebnisse aus jeder Disziplin - also Lead, Bouldern und Speed - multipliziert. Derjenige mit der niedrigsten Zahl ist der Sieger und gewinnt als erste Kletterin oder Kletterer Olympia-Gold.
Herausforderungen
Das neue Olympic-Combined-Format bedeutet für die Athleten eine Herausforderung. Da nun drei verschiedene Disziplinen oft parallel trainiert werden müssen, hat sich das Trainingspensum noch einmal deutlich erhöht. Im Wettkampf ist dann viel Schnellkraft, Maximalkraft und Ausdauer gefragt. Die Ressourcen müssen gezielt eingesetzt werden. Und auch die Haut auf den Fingern muss möglichst geschont werden. Das Umstellen zwischen den drei Disziplinen in relativ kurzer Zeit bedeutet zudem eine große mentale Anstrengung. Im besten Fall – bei Finalteilnahme – müssen sich die Athleten sechs Mal erneut auf einen Start fokussieren.
Im vergangenen Jahr wurde das neue Wettkampfformat in Deutschland als eigener Combined-Wettkampf etabliert. Die Premiere der Deutschen Meisterschaft in Augsburg gewann bei den Damen Frederike Fell (DAV Freising) und bei den Herren Jan Hojer (DAV Frankfurt-Main).
Ausblick
Bei den Sommerspielen in Paris 2024 hat Sportklettern ebenfalls gute Chancen, vertreten zu sein. Dann voraussichtlich mit einer Kombination aus Bouldern und Lead und Speed als eigenem Wettkampf. Letztendlich liegt die Entscheidung darüber aber noch beim IOC und fällt erst nach Tokio 2021.