Ingo Filzwieser: Ein Zufall wird zum Beruf
Dass Ingo Filzwieser zum Klettern fand, ist einem großen Zufall zu verdanken. Seitdem aber dominiert es das Leben des Österreichers: zunächst privat, später dann auch beruflich. Er war Landestrainer Tirol, Trainer der österreichischen Jugendnationalmannschaft und österreichischer Nationaltrainer Bouldern. Seit diesem Jahr arbeitet der 37-Jährige als Trainer des Stützpunktes Süd in München und betreut dort gemeinsam mit Urs Stöcker, leitendem Bundestrainer, die Kaderathletinnen und Athleten Deutschlands.
Mit einem Ferienjob in einer Kletterhalle im österreichischen Judenburg begann eine große Leidenschaft, die das Leben des damals 18-Jährigen veränderte. Filzwieser sprayte gemeinsam mit einem Freund Graffitis auf die Wände. „Der Hallenwart drängte uns immer, das Klettern zu probieren - wir wollten aber eigentlich gar nicht“, erzählt Ingo. Bis sie es dann am letzten Tag doch taten: „Und das war`s dann, danach war ich dort jede Woche fünf bis sechs Mal klettern.“
Irgendwann kam der Anruf des Nationaltrainers
Parallel zu seinem Studium Sportwissenschaft Leistungssport in Graz machte der Steiermarker seine Trainerausbildung in Innsbruck. Irgendwann kam dann der Anruf des damaligen Nationaltrainers Reinhold Scherer, der Filzwieser fragte, ob er nicht Landestrainer werden wollte. Der wollte – und das war der Beginn einer erfolgreichen Trainerkarriere.
Vor etwa zweieinhalb Jahren trennte er sich schließlich vom österreichischen Team und arbeitet seitdem als selbständiger Coach; er betreut weltweit Nationalteams und private Kletterinnen und Kletterer, wie Sandra Lettner und den südafrikanischen Olympioniken Christopher Cosser.
In München trainiert Filzwieser nun den deutschen Bundeskader– sechs Damen und einen Herren. Für sie erstellt er die Trainingspläne und gestaltet gemeinsam mit Urs Stöcker die Trainings. „Die Athletinnen und Athleten sind unglaublich motiviert“, sagt Filzwieser. „Sie haben eine sehr gute Einstellung zum Training, sind sehr ambitioniert.“ Es mache ihm unheimlichen Spaß, am Olympiastützpunkt zu arbeiten. Freundlichkeit, Offenheit und eine gute Einstellung zum Sport prägten diesen.
"Punktgenau beim Wettkampf abliefern"
In den vergangenen Jahren sei in München ein kleines Kletterzentrum entstanden, Sportlerinnen und Sportler aus ganz Deutschland sind inzwischen dorthin gezogen. Dort gebe es mit dem Olympiastützpunkt und den vielen Boulder- und Kletterhallen auch hervorragende Trainingsmöglichkeiten, sagt Filzwieser. „Starke Athleten trainieren gemeinsam und pushen sich gegenseitig. Das bringt sehr viel.“
Seine Trainingsphilosophie sei, immer erst einmal seine Schützlinge zu beobachten, zu schauen, was sie können, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. „Das Ziel ist dann, das Maximum aus ihnen herauszuholen - sie sollen punktgenau beim Wettkampf abliefern können“, erklärt Filzwieser. Dazu gehört, sie zu fordern, manchmal auch zu überfordern - aber gleichzeitig Spaß beim Training zu haben. Wichtig sei, auf jeden individuell einzugehen: „Manche sind so motiviert, dass man sie eher bremsen muss, bei anderen dagegen muss man mehr herauskitzeln, das ist typabhängig.“ Großen Ehrgeiz aber würden alle besitzen, „gewinnen will jeder.“
Das Klettern entwickle sich immer weiter, „das ist ein sehr dynamischer Prozess“. Er als Coach müsse die neuesten Trainingsmethoden kennen.
„Wir müssen up to date sein, uns anpassen und sehen, in welche Richtung es geht.“ In Zukunft, so sagt er, werde beispielsweise die Kraftkomponente beim Bouldern wieder eine größere Rolle spielen. „Daran werden wir dann in den Trainings verstärkt arbeiten müssen.“ Bei der Betreuung der Athleten sei das gemeinsame Brainstorming mit dem Bundestrainer hilfreich, sagt Filzwieser. Mit diesem tauscht er sich viel aus - es sei für beide eine Win-Win-Situation. Auch Urs Stöcker sieht das sehr positiv: „Es funktioniert echt gut mit Ingo. Es ist cool, einen hochkarätigen Sparringspartner zu haben – das motiviert.“
Filzwieser lebt noch immer in Innsbruck, pendelt aber jede Woche für zwei bis vier Tage nach Deutschland. Momentan vor allem zu den Trainings am Olympiastützpunkt, später in der Saison wird er dann auch Athletinnen und Athleten bei den Lehrgängen und Wettkämpfen betreuen. Filzwieser verbringt die meiste Zeit in den Hallen, privat aber versucht er, so oft wie möglich an den Fels zu kommen. „Ich versuche immer, meine Zeit optimal zu nutzen.“ Wenn er es aber doch nicht an den Fels schafft, dann gibt es zumindest eine einstündige Klimmzug-Session in der Mittagspause.
Schnell gefragt: Sechs Antworten von Ingo Filzwieser
- Halle oder Fels?
Beruflich Halle, Freizeit Fels
- Sloper oder Leisten?
Sloper
- Pizza oder Salat?
Pizza
- Laufen oder Couch?
Couch
- Auto oder Rad?
Rad
- Abendgarderobe oder Kletterhose?
Kletterhose