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Vive Catherine! Piolet d’or für La Destivelle

11.09.2020, 15:21 Uhr

Am Freitag, den 11. September, hat Catherine Destivelle den berühmten piolet d’or für ihre alpine Lebensleistung erhalten. Damit ist sie die erste Frau in einer Reihe berühmter Männer wie Reinhold Messner, Doug Scott oder Jeff Lowe.


Dabei ist „die erste Frau“ zu sein gar kein erstrebenswertes Ziel für sie. „Etwas als erste Frau machen ist relativ einfach; um von den Jungs akzeptiert zu werden, muss man schon was reißen“, sagte sie in einem Interview mit der Zeitschrift „Bergsteiger“. Und so hat sie eine Reihe eigener bedeutender Spuren hinterlassen.

 

Geboren in Algerien und aufgewachsen in Paris, ist sie quasi zwischen und mit den Boulderblöcken von Fontainebleau großgeworden. Als Dreizehnjährige wanderte sie alleine zehn Tage durch die Dauphiné-Alpen; mit 16 wiederholte sie dort zwei der schwierigsten Klassiker, am Pic d’Olan und an der Ailefroide, mit 17 die Amerikanische Direkte am Dru. Nach ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin wurde sie Anfang der 1980er eine der prägenden Frauen in der Sportkletterbewegung. Zusammen mit Lynn Hill (USA) dominierte sie die ersten Wettbewerbe, mit „Chouca“ kletterte sie als erste Frau die Schwierigkeit 8a+ (X-).

 

In den 90ern wollte sie sich noch einmal „selbst beweisen, dass ich eine richtige Alpinistin sein kann“: zweite freie Begehung der Slowenenroute am Nameless Tower of Trango mit Jeff Lowe; solo durch den Bonattipfeiler (4 Std.); eine Erstbegehung im Alleingang an der Dru-Westwand (800 m, VIII, A5, elf Tage). Viel Aufsehen erregten ihre Winter-Alleinbegehungen der drei großen Nordwände: Eiger in 17 Stunden, Grandes Jorasses, Matterhorn über die Bonattiroute (eine der ganz wenigen Wiederholungen überhaupt). Sie versuchte sich an der Annapurna-Südwand und am Makalu-Westpfeiler, erreichte aber von den Achttausendern „nur“ die Shishapangma. Nach einem Unfall mit abenteuerlichem Rückzug in der Antarktis entschloss sie sich, ein Kind zu bekommen; heute betreibt sie einen kleinen Verlag für alpine Literatur.

 

In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ sagt sie, sie wolle nur „für meine Leistungen respektiert werden“. Das wurde sie spätestens mit der Wahl zur Vizepräsidentin der berühmten „Groupe de Haute Montagne“ 2008. Auch wenn sie gelegentlich ihr gutes Aussehen fotografisch gezielt inszenierte: Sie hat gezeigt, dass Frauen nicht hinter Männern hersteigen und zurückstehen müssen – in einer Zeit, in der diese Selbstverständlichkeit noch nicht als solche erkannt war. „Dieses Rollenverständnis gehört nicht mehr in den Bergsport“, sagt sie dazu.

 

Für ihren Beitrag zu dieser geistigen Öffnung des Bergsports dürfen ihr nicht nur viele Frauen dankbar sein, die sie inspiriert hat. Wir gratulieren zum hochverdienten „piolet d’or“ – und nachträglich zum 60. Geburtstag am 24. Juli. Und wünschen noch viele schöne Tage in den Bergen!