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Tabuthema: Sexualisierte Gewalt im Sport

14.11.2017, 15:32 Uhr

Das Thema „Sexualisierte Gewalt“ wird derzeit breit in der Öffentlichkeit diskutiert. Wie eine Studie mit dem Titel „Safe Sport“ unter Federführung der Deutschen Sportjugend zeigt, müssen auch zahlreiche und insbesondere junge Athletinnen und Athleten in Sportvereinen immer wieder Übergriffe erleben.

Ermahnende Zahlen

In der Studie wurden über drei Jahre insgesamt 1800 Personen befragt. Die Untersuchungen wurden von Wissenschaftlern der Deutschen Sporthochschule Köln und des Universitätsklinikums Ulm durchgeführt. Mit den vorliegenden Ergebnissen kann nun mehr Aufmerksamkeit auf ein lange tabuisiertes Thema gerichtet werden.

Die Zahlen klingen ermahnend: 37 Prozent der Befragten haben bisher mindestens eine Form von sexualisierter Gewalt im Sport erfahren. 11 Prozent mussten schwere und/oder länger andauernde sexualisierte Gewalt erleiden. Die meisten Opfer waren bei ihrer ersten Erfahrung jünger als 18 Jahre. Körperlicher Gewalt waren 30 Prozent ausgesetzt. Die Athletinnen und Athleten wurden geschlagen, geschüttelt, oder mit Gegenständen beworfen. Des Weiteren zeigt sich, dass auch Formen von emotionaler Gewalt wie Beschimpfungen, Demütigungen oder Mobbing weit verbreitet sind: 86 Prozent der Befragten geben an, dass sie Behandlungen dieser Art erleben mussten. „Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es sich bei jungen Kaderathleten/innen um eine belastete und besonders zu schützende Gruppe handelt“, so Dr. Marc Allroggen vom Universitätsklinikum Ulm.

 

Verantwortliche sind nicht ausreichend informiert

Das Projekt „Safe Sport“ hat ebenfalls untersucht, ob und wie Präventionsmaßnahmen gegen sexualisierte Gewalt im Sport eingesetzt werden. Dazu wurden Verantwortliche in Verbänden, Vereinen, Olympiastützpunkten und Sportinternaten befragt. 85 Prozent der Spitzenverbände, 82 Prozent der Sportinternate und 46 Prozent der Olympiastützpunkte halten die Prävention von sexualisierter Gewalt für ein wichtiges Thema. Allerdings geben nur 39 Prozent der Spitzenverbände und Sportinternate und 23 Prozent der Olympiastützpunkte an, ausreichend informiert zu sein.

Ansprechpersonen für sexualisierte Gewalt gibt es in knapp der Hälfte der Internate und knapp einem Viertel der Olympiastützpunkte. Ein ausgearbeitetes Konzept zur Prävention ist bislang nur bei einem Viertel der Internate im Einsatz. „Die Verantwortungsübernahme und Regelung der Zuständigkeit für den Schutz der Athleten und Athletinnen scheint bisher im Verbundsystem Leistungssport noch nicht hinreichend geklärt“, so Dr. Bettina Rulofs von der Deutschen Sporthochschule Köln.

 

Verbesserte Kultur des Hinsehens

Die Studie zeigt, wie notwendig Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche im Wettkampf- und Leistungssport sind. Auch wenn es bislang bereits gute und erfolgreiche Beispiele gibt, bleibt noch viel zu tun, um Präventionsmaßnahmen flächendeckend im organisierten Sport zu etablieren.

 

Ein von der Deutschen Sportjugend entwickeltes Qualifizierungsmodul wurde bereits erfolgreich eingesetzt. Die Initiatoren sprechen von einer „verbesserten Kultur des Hinsehens“. Auch in fast allen Landessportbünden sei die Thematik in der Aus- und Fortbildung verankert. „An der Basis des Sports“ in den Vereinen müsse hingegen noch viel mehr für die Prävention unternommen werden.

Das Thema „Sexualisierte Gewalt“ wird auch seit vielen Jahren beim Deutschen Alpenverein und der Jugend des Deutschen Alpenvereins diskutiert. 2014 wurde ein Positionspapier überarbeitet und ein „Sensibilisierungsmodul“ in die Trainer-C-Ausbildungen integriert. Die Broschüre „Nicht mit mir“ klärt über das Thema auf und beschreibt den Verhaltenskodex für alle ehrenamtlich und hauptberuflich Beschäftigten. Außerdem werden Ansprechpartner bei Verdachtsfällen genannt. Diese und weitere Informationen finden Sie auch unter www.jdav.de/psg

 

Mehr zur Studie "Safe Sport" unter newsletter.dosb.de