Österreichs Gletscher schmelzen weiter
12.04.2021, 11:58 Uhr
Trotz eines schneereichen Winters haben die Gletscher Österreichs weiter an Masse verloren. Grund dafür war der heiße Sommer 2020. Der mittlere Rückgang beträgt 15 Meter.
Wenn der ÖAV den Gletscherbericht vorstellt, gibt es immer einige Konstanten: die Zahl der beobachteten Gletscher oder die Messmarken, die für die Erhebung verwendet werden. Der schlechte Zustand der Gletscher in Österreich ist leider auch so eine Konstante. Seit Jahrzehnten misst das Gletschermessteam des Österreichischen Alpenvereins sich zurückziehende Gletscherzungen und überdurchschnittliche Temperaturen. 15 Meter beträgt der mittlere Rückgang aller 92 beobachteten Gletscher. Mit 104 Metern hat der Hornkees in den Zillertaler Alpen (Tirol) am meisten Länge verloren.
Rückgang erneut größer als Zuwachs
Zwar war der Winter 2019/20 verhältnismäßig schneereich, doch der heiße Sommer setzte den Eismassen stark zu, sodass am Ende des Beobachtungszeitraums (Haushaltsjahrs) wieder eine negative Bilanz stand. 85 der 92 beobachteten Gletscher (92,4 Prozent) haben sich zurückgezogen, lediglich sieben (7,6 Prozent) sind stationär geblieben, haben also eine Längenänderung von weniger als einem Meter. Die mittlere Temperatur zwischen August und September lag bei über zwei Grad Celsius über der langjährigen Durchschnittstemperatur. „Das vergangene Beobachtungsjahr ist ein weiteres in einer Periode drastischen Gletscherschwundes, die wohl noch lange andauern wird“, stellen die Leiter des Alpenvereins- Gletschermessdienstes, Gerhard Lieb und Andreas Kellerer-Pirklbauer vom Institut für Geographie und Raumforschung an der Universität Graz, fest.
Österreichs größter Gletscher, die Pasterze am Großglockner, hat zuletzt 52,5 Meter an Länge verloren. Zudem zerfällt die Gletscherzunge großflächig. Grund dafür ist, dass aus höheren liegenden Gletscherteilen kein neues Eis nachkommt. Der letzte Vorstoß der Pasterze fand in den 1930er Jahren statt, in den letzten Jahren verlor sie hingegen große Eismassen.
Stärkste Rückgänge 2019/2020
Gletschername | Rückgang in Metern | |
---|---|---|
1 | Hornkees (Zillertaler Alpen, Tirol) | - 104,0 |
2 | Alpeinerferner (Stubaier Alpen, Tirol) | - 67,2 |
3 | Pasterze (Glocknergruppe, Kärnten) | - 52,5 |
4 | Gepatschferner (Ötztaler Alpen, Tirol) | - 51,5 |
5 | Schlatenkees (Venedigergruppe, Tirol) | - 50,0 |
ÖAV fordert Schutz für freigegebene Bereiche
„Dass der Rückgang der Gletscher eine Folge steigender Temperaturen ist, lässt sich nicht abstreiten. Diese Entwicklung ist auch kaum mehr aufzuhalten, dafür ist das System zu träge und die Naturräume zu sensibel. Unsere Gletscher machen diesen langsamen, aber stetigen Wandel auf traurige Weise begreifbar. Als stille Mahnmale der klimatischen Veränderungen werden sie in ein paar Jahrzehnten wohl nicht mehr wiederzuerkennen sein“, gibt Ingrid Hayek, Vizepräsidentin des Österreichischen Alpenvereins, zu bedenken.
Ein Gletscher, der sich zurückzieht, gibt Land frei. Land, das auf den ersten Blick wenig fruchtbar aussieht und deshalb auch oft als alpines Ödland bezeichnet wird. Dabei ist es wertvoller Nährboden und bietet großes Entwicklungspotential. Der ÖAV fordert daher, freigegebene Bereiche unter umfassenden Schutz zu stellen.
Weitere Infos
- Den gesamten Gletscherbericht inkl. Infos zum Gletscher-Messdienst findet ihr hier: www.
alpenverein. at/gletscher