Drei Leben, eine Leidenschaft
Inspiration und Vorbilder zum internationalen Frauentag am 8. März
07.03.2022, 08:39 Uhr
Frauen (in den unterschiedlichen Bergsportdisziplinen) waren schon immer erfolgreich, heute mehr denn je. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März wollen wir euch allen etwas Inspiration bieten – und wer könnte das besser als drei starke Frauen, die ihr Leben dem Bergsport verschrieben haben. Antonia Niedermaier, Martina Demmel und Jacqueline Fritz berichten, was sie antreibt und was sie sich für die Zukunft des weiblichen Bergsports wünschen.
Aber natürlich geht es nicht nur um Wettkampf und Leistung. Dass der Bergsport auch im Freizeitbereich immer weiblicher wird, zeigen die Zahlen: Der Anteil der weiblichen Mitglieder im DAV wächst stetig und liegt inzwischen bei 43,3 Prozent. Und bei den Trainerinnen, Übungs- und Kursleiterinnen sind mittlerweile immerhin 24 Prozent weiblich - mit steigender Tendenz! Viele weitere Infos gibt's in der kürzlich veröffentlichten Geschlechterstatistik des DAV.
Weibliche Vorbilder
Gerade im Bergsport brauchen wir mehr weibliche Vorbilder, damit – um es mit den Worten von Dörte Pietron, Leiterin des DAV Frauen-Expeditionskaders, zu sagen: „damit eben auch andere junge Frauen sehen: Okay, die macht das, dann kann ich es auch. Und das funktioniert.“ Nicht nur für dich und mich, sondern auch für alle, die die große Karriere anstreben, die häufig ja genau dort ihren Anfang nimmt – in der liebsten Freizeitbeschäftigung. „Ich habe mir nie so viele Erwartungen gemacht, vielleicht lief es auch deshalb so schnell so gut. Ich hatte einfach immer total viel Spaß am Klettern, es ist meine große Leidenschaft. Ich habe immer versucht, alles zu probieren, an meinen Schwächen zu arbeiten und möglichst breit aufgestellt zu sein“, beschreibt Martina Demmel den rasanten Start ihrer Kletterkarriere. Die 20-Jährige vom DAV Allgäu-Kempten fuhr früher Skirennen und wird nach ihrem Titelgewinn bei der Deutschen Meisterschaft Lead 2021 als Shootingstar gehandelt. Trotz Ehrgeiz und Erfolg – Leidenschaft bleibt Leidenschaft, auch oder gerade in der Freizeit: „Am Fels möchte ich mich nicht an einem bestimmten Grad orientieren, das ist nicht mein Ziel. Sondern ich möchte viele klassische Linien klettern und möglichst viel Zeit draußen verbringen.“ Und so taugt Martina Demmel selbst allen Frauen als Vorbild – egal, ob der Bergsport für sie Hobby oder Wettkampf ist.
Unmögliches schaffen
„Wenn du beispielsweise einem Spitzenkletterer die Augen verbinden würdest oder er ohne Arm klettern müsste, dann würde auch er keine Route im zwölften Grad mehr klettern können. Wir leisten mindestens genauso viel wie die sogenannten normalen Leistungskletterer, aber wir finden kaum Beachtung“, fasst Jacqueline Fritz ihre Erfahrungen zusammen. Die 36-Jährige geht als Paraclimberin für den DAV Karlsruhe an den Start und ist das beste Beispiel, dass Frauen Unmögliches möglich machen können. Bereits 2016 überquerte sie als erster Mensch auf nur einem Bein die Alpen, inzwischen fährt sie immer wieder große Klettererfolge ein. Aber wie schafft man das? Wie schafft man es, nicht am Schicksal zu verzweifeln, sondern aufzustehen und sich Ziele zu setzen? Manchmal reicht eine Kleinigkeit, so wie bei Jacqueline Fritz: „Das lag an einer Postkarte, die ich bei der Heimfahrt von der Reha nach meiner Beinamputation im Allgäu am Bahnhof entdeckte. Das war vor ungefähr zwölf Jahren. Die Karte zeigte einen Kletterer im Riss. Drunter stand: Kämpfe für deine Ziele. Das Witzige war, dass dem Kletterer auch das rechte Bein fehlte. Ich habe mir damals die Karte gekauft und mir gedacht, dass ich das auch einmal ausprobieren möchte… und habe in Karlsruhe in einer Kletterhalle angerufen. Ich fand das Klettern sofort mega cool, das hat mir total getaugt. Der Sport passt einfach gut zu meinem Leben.“
Alles geben
„Es gibt kein Geheimnis. Das sind alles Ausdauersportarten – man muss sich einfach durchbeißen und kämpfen können. Ich denke aber, das Wichtigste ist, dass man Freude am Sport hat und motiviert ist“, beschreibt Antonia Niedermaier ihr breites sportliches Interesse und ihre Erfolge beim Skibergsteigen, auf dem Rad und beim Berglauf. Bereits vor ihrem 18. Geburtstag gewann das Talent vom DAV Bad Aibling den Vertical-Gesamtweltcup der U20 und WM-Gold bei den U18 im Vertical und Individual. Und sie hat nicht vor, es dabei zu belassen: „Mein Ziel ist immer alles zu geben. Dabei ist es wichtig, am Boden zu bleiben und sich nicht besser als die anderen zu fühlen. Man darf keinen Höhenflug haben, nur weil man vielleicht ein paar Medaillen geholt hat. Hier hilft es, nüchtern zu bleiben und sich zu sagen: Das war eine gute Saison und man kann stolz auf sich sein, aber man muss auch dranbleiben, damit das nochmal klappt.“
Frauen auf dem Vormarsch
Wie sieht es denn nun aus mit der Gleichberechtigung in Deutschland?
Gern wird der Vergleich mit anderen Ländern herangezogen, in denen es Frauen weitaus schlechter geht: Ihr habt es doch gut hier in Deutschland! Das stimmt natürlich – trotzdem müssen Zahlen und Fakten immer wieder auf den Tisch gelegt werden: Die Gender Pay Gap existiert nach wie vor, Frauen verdienen durchschnittlich 18 Prozent weniger je Stunde als Männer (unbereinigte Gender Pay Gap). Das wirkt sich – gemeinsam mit der Gender Care Gap (Frauen bringen unbezahlt mindestens ein Drittel mehr Zeit für Haushalt und Pflege auf) – auf die Gender Pension Gap aus: Frauen bekommen in Deutschland nur knapp halb so viel Rente wie Männer. Was außerhalb der Politik, im Zwischenmenschlichen so falsch läuft, kommt noch dazu. Und doch sind die Frauen auf dem Vormarsch. Und zwar auch am Berg und im DAV. Waren sie früher die Ausnahme, sind sie nun die Regel. Das zeigen auch die Zahlen, bei den Mitgliedern haben wir immerhin fast Parität. Anders sieht es dagegen in Vorstands- und Beiratsämtern aus. Die Zahlen dort zeigen: Es bleibt noch viel zu tun auf dem Weg zur Gleichberechtigung – sei es im Sport, im Beruf oder im ganz alltäglichen Leben. Auf diesem Weg brauchen wir Vorbilder, die uns zeigen, was wir alles geschafft haben – und was wir noch schaffen können und schaffen müssen.