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Frühjahrs-Skitouren: Der schlechte Winter macht es kompliziert

22.03.2023, 08:29 Uhr

"Skitouren im Frühjahr sind eine besonders reizvolle Mischung aus Schneesport und wärmender Märzsonne", weiß DAV-Bergsportexperte Stefan Winter. In den Alpen macht der schlechte Winter die Sache aber ungewöhnlich kompliziert: Die geringe Schneelage grenzt die Tourenauswahl ein, erschwert so manche Gipfelanstiege und erhöht die Verletzungsgefahr bei Abfahrten. Wie Skitouren-Fans passende Touren finden und ihr Unfall-Risiko minimieren, erklärt der Deutsche Alpenverein.

Die Schneesituation in den Alpen: unterdurchschnittlich

Gute Frühjahrsbedingungen zeichnen sich oft durch eine solide, gesetzte Altschneeunterlage aus – davon kann in weiten Teilen der Alpen allerdings keine Rede sein. Den gesamten Winter über waren die Schneehöhen im Alpenraum unterdurchschnittlich. In den Nordalpen gab es zwischen 30 und 70 Prozent weniger Neuschnee als im Durchschnitt.

 

Und wie sieht es in den alpinen Lagen aus? Ein höherer Ausgangspunkt sowie die Nutzung von Gletschern in Aufstieg und Abfahrt steigern die Schneesicherheit. Leider ist derzeit auch im Hochgebirge, wie den Ötztaler oder Zillertaler Alpen, die Situation nicht ideal: Zwar sollten Gletscherspalten geschlossen sein, doch die geringe Schneelage macht sich bei Skihochtouren in anderen Bereichen durchaus bemerkbar: Viele steile Flanken sind für diese Jahreszeit bereits untypisch blank und auch Gipfelgrate eher vereist oder aper. Eine typische "Stapfspur" im Schnee fehlt häufig, was viele Touren insgesamt schwieriger macht. Vorsichtig sollte man auch in der Abfahrt sein: Im felsigen Gelände liegen viele Steine frei oder sind nur oberflächlich zugeschneit. Ein Sturz auf einen Stein kann zu schweren Verletzungen führen.

 

Den Zustand der Gletscher wird dieser Winter weiter verschlechtern: "Ein trockener und schneearmer Winter beschäftigt uns meistens das ganze restliche Jahr über", erklärt Dr. Tobias Hipp, DAV-Experte für Gletscher und Klimawandel. "Zu wenig Schnee bedeutet, dass die Gletscher keine Schutzschicht für den Sommer haben, ihnen geht es dann direkt an die Substanz. Kommt im Frühjahr im Hochgebirge kein Schnee mehr auf die Gletscher und bleibt es überdurchschnittlich warm, werden wir wahrscheinlich wieder extreme Längen- und Massenverluste sehen". Zudem wird sich das fehlende Wasser aus der Schneeschmelze auf Hütten, in Tälern und Flüssen der Alpenländer bemerkbar machen.

 

Die Lawinenlage: das Altschneeproblem

"Auch im Frühjahr kann es Lawinen geben, selbst wenn Sonne und warme Verhältnisse im Tal Sicherheit suggerieren. Deshalb sollte man immer den Lawinenlagebericht anschauen und die Regionen meiden, die als gefährlich benannt werden", erklärt Stefan Winter.

 

Der Lawinenlagebericht weist aktuell ein weit verbreitetes und sehr beharrliches Altschneeproblem aus – und auch dieses kann sich auf den schneearmen Winter zurückführen lassen: Geringe Schneehöhen bedeuten große Temperaturunterschiede in der Schneedecke. Dies begünstigt Umwandlungsprozesse, die eine Schwachschicht entstehen lassen – eine der Zutaten für eine Lawine. Das Problem an dieser Gefahrensituation ist, dass sie nicht so leicht zu erkennen und damit zu vermeiden ist.

 

Winter: "Aus diesem Grund raten wir zu einem defensiven Verhalten in den Bereichen, wo das Problem laut Lawinenwarndienst existiert – sowie in den Grenzbereichen."

 

Eine weitere Gefahrenquelle besteht hingegen jedes Jahr – und sie lässt sich relativ leicht entschärfen: Nassschnee, und die damit verbundenen Lawinen. "Ein früher Aufbruch und eine zeitige Rückkehr sind bei Frühjahrsskitouren besonders wichtig, um sich nicht der Gefahr auszusetzen", erklärt Winter. Als Faustregel gilt: Wer auf einer Tour keine tragende Schicht mehr vorfindet, sondern ständig durch einen weichen, fast sumpfigen Schnee bricht, sollte auf lawinengefährdete Bereiche verzichten oder sofort umkehren. "Zusätzlich muss man auch die Auslaufzonen beachten, denn Nassschneelawinen können sich aufgrund ihres Gewichts auch weit ausbreiten", erklärt Winter.

 

Sicherheitstipps für Frühjahrsskitouren

  • Handschuhe anziehen: Wer bei Tourengehen auf Handschuhe verzichtet, läuft Gefahr, sich bei einem Sturz an den Händen empfindlich aufzuschürfen und zu verletzen. Der Schnee - gerade harter Schnee - ist nicht so strukturlos, wie er aussieht.
  • Harscheisen nutzen: In steilen, schattigen und nachts durchgefrorenen Hängen sollte man lieber zu früh als zu spät Harscheisen anlegen, um ein Abrutschen zu verhindern.
  • LVS-Gerät nicht auf der obersten Schicht tragen: Bei Lawinenunfällen ist das LVS-Gerät so größeren Stößen ausgesetzt und kann vom Körper gerissen werden. Wer also im Langarm-Shirt unterwegs sein möchte, sollte das LVS-Gerät zum Beispiel in die Hosentasche stecken.
  • Sonnenschutz verwenden: Aufgrund der stärkeren Sonneneinstrahlung und der Abstrahlung des Schnees sollte man sich vor der Tour gut mit Sonnencreme mit einem sehr hohen Lichtschutzfaktor eincremen und den Schutz regelmäßig auffrischen, sonst droht ein empfindlicher Sonnenbrand. 
 

Service für die Presse