#wirsinddav – Mitglieder im Interview
"Wir sind DAV, weil wir durch die GäMSen ein tolles Hobby entdeckt haben, was wir gemeinsam ausüben können – trotz Handicap."
Anne (34) und Steffen (35) Sauter sind Mitglieder bei den GäMSen in der Sektion Wuppertal. Sie haben uns im Interview erzählt, wie sie zum Klettern gekommen sind.
Seit wann seid ihr DAV-Mitglieder?
Steffen: Ich bin Mitglied seit Anfang 2018 und bin dann kurz später Mitglied bei den GäMSen geworden.
Anne: Und ich bin auch im Jahr 2018 hinzugekommen. Also sind wir beide eigentlich recht frisch dabei.
Wie seid ihr zum Sportklettern und zum DAV gekommen?
Steffen: Ich hatte einen Bandscheibenvorfall und habe mit meinen Ärzten gesprochen und gefragt, welche Sportarten es gibt, die den ganzen Körper fordern und die Gesundheit fördern. So bin ich zum Klettern gekommen. In der Kletterhalle in Wuppertal habe ich dann erfahren, dass es hier auch eine Handicap-Gruppe gibt. Da sind Anne und ich dann zusammen hingegangen, um uns das Ganze mal anzusehen.
Wie war das dann für euch? Die erste Stunde an der Wand?
Anne: Ich habe sofort beim ersten Mal gemerkt, dass mir Klettern großen Spaß macht. Es war einfach spannend zu sehen, dass es tatsächlich funktioniert, dass man wirklich oben ankommt – und ich hatte natürlich am nächsten Tag entsprechend Muskelkater.
Wie sind die GäMSen entstanden?
Steffen: Die Gruppe der GäMSen, mit dem MS im Namen, ist ursprünglich dadurch entstanden, dass Peter Weigels (Gründer der GäMSen) Frau, an Multipler Sklerose erkrankt ist. Zu Beginn waren nur Menschen mit MS in der Gruppe. Inzwischen sind auch Menschen mit anderen Behinderungen dabei. Peter macht das wirklich super, vor allem, wenn neue Interessierte dabei sind, wie wir beim ersten Mal. Er nimmt einem die Angst, aber fordert auch im gleichen Atemzug. Er will, dass jeder Einzelne über sich hinaus wächst und immer wieder persönliche Erfolge erzielt. Ohne Druck, aber motivierend. Auf dem Papier sind wir aktuell glaube ich 50 bis 60 Leute. Sowohl Menschen mit Handicap als auch Begleiter bzw. Helfer.
Anne: Nach dem Motto: „Es geht immer noch ein Schrittchen weiter. Glaub an dich.“ Es ist schön, wenn man in so einer Gruppe unterwegs ist. Da kann man sich super austauschen und es werden auch viele Freundschaften geschlossen. Auch die Gruppenreisen in die Berge sind natürlich super. Letztes Jahr waren wir bei dem Ausflug nach Nassereith in Tirol mit dabei.
Steffen: Wir haben fleißig dahin gearbeitet, dass Anne Toprope sichern kann und dieses Jahr sind wir dann noch das Thema angegangen, dass sie mich auch im Vorstieg sichern kann. So können wir unabhängig von der Gruppe unserem Hobby nachgehen.
Wie funktioniert das Sichern aus dem Rollstuhl heraus?
Anne: Ich stelle mich seitlich zur Wand und achte darauf, dass der Rollstuhl gut gebremst ist. So klappt das sehr gut. Manchmal hebelt es mich auch aus dem Rollstuhl raus. Dann kann ich mich aber langsam ablassen und setze mich entweder auf den Boden oder zurück in den Rollstuhl. Und in der Position in der ich dann bin sichere ich weiter. Es gab bisher auch tatsächlich noch keinen Crash. Also noch keinen, der nicht geplant war. Wir haben natürlich Sturztraining gemacht.
Inwiefern hilft das Klettern auch bei Beschwerden?
Steffen: Einer unserer Kletterfreunde meinte letzte Woche erst, dass sich sein Gangbild durchaus verbessern könne, wenn er sich wieder in den Sport reinhängen und auf seine Füße verlassen würde.
Anne: Auch das Selbstvertrauen, das man beim Klettern gewinnt, hilft vielen. Oft erkennen Betroffene beim Sport und vor allem beim Klettern, was man alles erreichen kann. Das pusht einen und motiviert, nicht aufzugeben. Und deswegen würde ich den Sport auch weiterempfehlen.
Was sind eure Gedanken zum DAV?
Anne: Ich war fasziniert, wie viele Mitglieder es gibt und wie viele Themen im DAV stecken. Nicht nur Klettern, sondern auch viele andere Sportarten. Themen wie Hütten und Wege, Naturschutz und so weiter. Der Verein ist einfach sehr vielfältig.
Steffen: Wir sind natürlich auch dankbar dafür, dass mitunter durch den DAV so etwas wie die Handicap-Gruppe entstehen kann.
Was wünscht ihr dem DAV für die Zukunft?
Steffen: Aus Handicap-Sicht wünsche ich dem DAV, weiter in die richtige Richtung zu gehen und Menschen mit Einschränkungen mehr Möglichkeiten zu geben. Zum Beispiel, indem man den Weg zu Klettergebieten barrierefrei macht oder durch ein oder zwei Routen in Kletterhallen, die an die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap angepasst sind.
Anne: Viele haben das Thema noch nicht so wirklich auf dem Schirm. Deswegen wäre es gut, wenn der DAV ein bisschen helfen würde, dafür zu sensibilisieren. Je mehr Möglichkeiten es gibt, umso mehr Menschen mit Handicap trauen sich letztendlich.
Erinnert ihr euch an einen besonderen Moment beim Klettern. Am Fels oder an der Wand?
Anne: Was mir immer wieder auffällt, ist, dass man beim Klettern nicht komisch angekuckt wird. Es fühlt sich irgendwie normal an. In der Halle und am Fels ist immer eine sehr nette Stimmung und wer auch immer aufschlägt, er gehört dazu.
Steffen: Ein kleinen „Wow“ Moment hatte ich bei einer der Gruppenreisen der GäMSen. Einen erwachsenen Mann, hat es so überwältigt, dass er einen Klettersteig geschafft hat, dass er vor Freude geweint hat. Es war eine große Herausforderung für ihn und er war so dankbar, dass wir, also die Gruppe, ihm dieses Erlebnis ermöglicht haben. Ein ehrlicheres Dankeschön kann man eigentlich nicht bekommen.
Wir sind DAV, weil…
Anne & Steffen:…wir durch die GäMSen ein tolles Hobby entdeckt haben, was wir gemeinsam ausüben können – trotz Handicap.
Unsere Jubiläumskollektion 2019
Zur Feier unseres 150-jährigen Bestehens gibt es eine exklusive Jubiläumskollektion in unserem DAV-Shop. Anne trägt in den Bildern das DAV Fashion-Shirt in der Jubiläums Edition sowie die DAV150 Weste in blau. Steffen ist im grünen Merino Funktionsshirt abgebildet.