Sonnenuntergang im Nationalpark Zentralbalkan. Foto: AdobeStock
Sonnenuntergang im Nationalpark Zentralbalkan. Foto: AdobeStock
Gebirge Europas

Das Balkangebirge

Das Balkangebirge ist ein Karstgebirge in Südosteuropa – der Hauptkamm liegt in Bulgarien, Teile in Serbien. In den Landessprachen ist es als Stara planina (dt.: Altes Gebirge) bekannt und es gilt als Namensgeber für die Balkanhalbinsel. Steile Klippen, hohe Wasserfälle und eine üppige Vegetation machen es zu einem interessanten Reiseziel für Naturfans.

Geographie

Das Balkangebirge ist rund 600 Kilometer lang und in drei Bereiche geteilt. Im Westbalkan liegt der Midžor, der die natürliche Grenze zwischen Serbien und Bulgarien bildet. Mit 2169 Metern ist er der höchste Berg Serbiens. Der Zentral- oder auch Hohe Balkan reicht von der Iskar-Schlucht bzw. dem Pass von Botewgrad im Westen bis zum Wratnikpass im Osten und ist der höchste Teil des Gebirges. Der Östliche oder auch Kleine Balkan reicht bis zur Schwarzmeerküste und endet dort 60 Meter fast senkrecht ins Meer abfallend am Kap Emine.

Aufgrund seiner Beschaffenheit als Karstgebirge zeichnet sich das Balkangebirge durch viele Höhlen und markante Felsformationen wie die Belogradchik-Felsen aus.

Das Balkangebirge liegt größtenteils in Bulgarien. Quelle: RosarioVanTulpe, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

Hohe und besondere Gipfel

Der höchste Berg ist der Botev in Bulgarien mit 2376 Metern, auf seinem Gipfel befinden sich ein Fernsehturm und eine meteorologische Station. Hierher kommen viele Wanderfans; die als Raiski skali (dt.: Paradiesfelsen) bekannte Nordseite des Gipfels ist außerdem ein beliebtes Klettergebiet.

Alpinistisch anspruchsvoll hingegen ist der etwas niedrigere Golyam Kupen. Um den 2169 Meter hohen Gipfel zu erreichen, sollte man mit Seilversicherungen umgehen können und zumindest grundlegende Klettererfahrungen haben.

Der genauso hohe Midžor ist der Grenzgipfel zwischen Bulgarien und Serbien. Seine Besteigung ist nicht anspruchsvoll, dafür sehr aussichtsreich.

Der Midžor – höchster Berg Serbiens. Foto: Petkovic Boris, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

Wege & Routen

Egal ob als komplette Strecke oder ein Teil als Tagestour: entlang des Europäischen Fernwanderweges 3 gelangt man zu den schönsten Plätzen im Balkangebirge. Er führt auf rund 650 Kilometern durch Bulgarien vom Gipfel Kom an der serbischen Grenze bis zum Kap Emine am Schwarzen Meer. Unterwegs hat man die Möglichkeit, bis zu hundert Gipfel zu besteigen.

Eine der beliebtesten Wanderungen im Balkangebirge ist die Besteigung des höchsten Gipfels, des 2376 Meter hohen Botev. Die Tour wird meist in zwei Tagen mit Übernachtung auf der Rai-Hütte angegangen. Start ist am Kloster Maria Geburt (bulg. Manastir Rozhdestvo Bogorodichno) nördlich des Orts Kalofer. Die Strecke summiert sich auf circa 28 Kilometer und 3600 Höhenmeter.

Im Nationalpark Zentralbalkan und den verschiedenen Naturparks gibt es Thementouren wie „Das Leben der Kastanienbäume“ oder „Einmal Himmel und zurück“. Beschreibungen und Infos unter naturerlebnis-bulgarien.de/touren.

Der Gipfel des Botev. Foto: AdobeStock

Hütten

Knapp 80 Hütten stehen im Balkangebirge zur Verfügung. Immer mehr davon legen inzwischen Wert auf Naturschutz und Nachhaltigkeit, so zum Beispiel auch die Eho-Hütte (1700 m). Erwähnenswert ist auch das Botev Shelter (2210 m) direkt unter dem gleichnamigen Gipfel.

Die Ehohütte auf 1700 Metern. Foto: AdobeStock

Schutzgebiete

Der Nationalpark Zentralbalkan beherbergt auf seinen rund 720 Quadratmetern seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten und alte Buchenwälder, die zu den größten geschützten Buchenwäldern Europas gehören. Gemeinsam mit anderen Wäldern zählen sie zum Weltnaturerbe der Unesco unter der Bezeichnung Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas. Auf mehr als 570 Kilometern Wanderwegen kann man unzugängliche Felsmassive, Schluchten und Wasserfälle bestaunen.

Außerdem gibt es im Balkangebirge vier Naturparks – Sinite Kamani, Balgarka, Wratschanski Balkan und Stara Planina – sowie zahlreiche Naturreservate.

Flora

Das Balkangebirge ist ein Biodiversitäts-Hotspot mit mehr als 7000 Farn- und Samenpflanzen. In tieferen Lagen herrschen Laubwälder vor, ab 800 Meter vermehrt auch Kiefern, Tannen und Fichten. Elf endemische Arten sind zu finden, genauso wie gefährdete Pflanzen wie das Gelbe Fasanenauge, die Pfingstrose aus dem Kosovo, der Sonnentau, die Martagon-Lilie (auch Türkenbund genannt) oder die Sumpforchidee. Wer sich über Edelweiß-Funde freut, wird insbesondere in der Region um Kozyata stena glücklich. Wie in den Alpen gilt auch hier. Pflücken verboten. Ein Foto muss als Andenken ausreichen.

Edelweiß im Balkangebirge. Foto: AdobeStock

Fauna

Eine Besonderheit ist der Gänsegeier, der zwischenzeitlich komplett ausgerottet war und seit 2010 wieder im Balkangebirge angesiedelt wird. Wer Glück hat, kann auf Touren auch Braunbären, Wölfen, Wildschweinen, Balkan-Gämsen, Hirschen, Wildkatzen oder der als gefährdet geltenden Bechsteinfledermaus begegnen.

Kulturelles & Historisches

Das Balkangebirge hat eine reiche Geschichte, die man vor Ort vielfältig erleben kann.

Zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert eroberten die Osmanen das Gebiet und waren ungefähr bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dort die vorherrschende Macht. Auch den Namen "Balkan" haben sie etabliert, er bedeutet auf türkisch „Berg(e) mit vielen Wäldern“. Im Gebirge viele Schlachten statt und Freiheitskämpfer suchten hier Zuflucht. Besonders geschichtsträchtig ist der Schipka-Pass – auf dem gleichnamigen Gipfel befindet sich ein Denkmal, das einer der entscheidendsten Schlachten im russisch-türkischen Krieg gewidmet ist, der 1878 zur Wiederherstellung des unabhängigen bulgarischen Staates führte.

Auch abseits historischer Kriegshandlungen kann man im Balkangebirge in die Geschichte und Kultur des Landes eintauchen. Zum Beispiel auf einem der vielen traditionellen Feste wie den Rosenfesten in den Städten Karlovo, Pavel Banya und Kazanlak, dem Maskentanz in Pavel Banya oder den Festen der Pflaume und des Pflaumenschnapses in Trojan.

Einen besseren Einblick in das ursprüngliche Bulgarien mit seinen schönen kleinen Dörfern, Handwerk und Traditionen wird man woanders kaum finden. Zum Beispiel in die traditionelle Kelim-Weberei: Im Balkangebirge werden die autochthonen Zackel-Schaftypen gezüchtet, insbesondere die weißen Piroter- (Pirotska pramenka) und dunklen Karakatschaner Schafe (Karakačanska ovca), deren Wolle aus langen, elastischen Fasern gebildet wird. Daraus entstehen die Stoffe, die in verschiedenen Varianten und Größen als Wandbehang, Teppich oder Möbelüberwurf dienen.

Das Schipka-Denkmal. Foto: AdobeStock

Besonderes

Wer im Balkangebirge unterwegs ist, wird sicherlich früher oder später über – oder unter – einen der zahlreichen Wasserfälle stolpern. Der höchste ist der Raysko Praskalo, er liegt unter dem Botev und ist 124,5 Meter hoch. Mit 70 Metern auch unter die höheren fällt der Wasserfall Kademliisko Praskalo, im Westen des 2275 Meter hohen Golyam Kademliya.

Auch Höhlenforscher*innen kommen im Balkangebirge auf ihre Kosten. Erwähnenswert sind die Höhlen Magura, Saeva Dupka und Ledenika: Saeva Dupka ist dank zahlreicher Stalaktiten, Stalagmiten und anderer Höhlenformationen eine der beeindruckendsten Höhlen Bulgariens. Sie ist rund 3500 Quadratmeter groß mit Deckenhöhen bis zu 32 Meter. Im nordwestlichen Teil des Balkangebirges liegt die mehr als 28.000 Quadratmeter große Höhle Magura. Besonders sehenswert sind hier der älteste europäische Sonnenkalender aus dem späten Äneolitikum oder dem späten Neolithikum mit 366 Tagen und die Höhlenmalereien, die religiöse Zeremonien, Jagdszenen und Gottheiten darstellen. Abkühlung verspricht die Höhle Ledenika (dt.: Gletscher). Und der Name kommt nicht von ungefähr – maximal 8 Grad hat es drinnen, aber auch Temperaturen von -15 Grad sind keine Seltenheit. Ledenika ist eine der bekanntesten und beliebtesten Höhlen im Balkangebirge, sicherlich auch wegen des großen Saals ("Konzertsaal"). Hier hat die Natur im Laufe tausender Jahre die bizarren Formen geschaffen, in denen sich ein Krokodil, der Kopf eines Riesen und das Hauses der Baba Yaga (Hexe aus den bulgarischen Märchen) erkennen lassen. Auch war die Höhle bereits Schauplatz von Konzerten und anderen Veranstaltungen.

Beeindruckende Felsformationen in der Höhle Saeva Dupka. Foto: AdobeStock

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